Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)
Waldbrand in den Flammen umzukommen. Vorsicht. Feuer ist wie der Blitzschlag: Beides bringt dich um, aber ein Blitz ist weniger schmerzhaft. Er kommt mit einem monumentalen BÄNG ohne jede Vorwarnung, und hoffentlich
war es das dann auch: vorbei, alles überstanden und nur minimale Bestattungskosten.
Einen Blitzschlag zu überleben ist noch schlimmer, als durch ihn zu sterben, zumindest sagen das die Leute, die am Leben blieben (oder die, besser gesagt, von den Toten auferstanden sind), denn ein Stromschlag von acht Milliarden Volt fügt dem Gewebe des menschlichen Körpers unannehmbare Verletzungen zu. Er verbrutzelt alles, was ihm in den Weg kommt, und sämtliche Organe des Körpers, von den Blutgefäßen bis hin zu den Gehirnzellen und dem gesamten Sexualapparat, bleiben für den Rest des Lebens verkohlt wie angebrannter Schinkenspeck.
Mein Freund Tex wurde eines trüben Nachmittags auf dem Parkplatz der Woody Creek Tavern von einem Blitz getroffen. »Mann, das Scheißding hat mich weggefegt wie nichts Gutes«, sagte er später. »Hat mich mindestens zwanzig verdammte Meter über die Straße und über einen Schneezaun gewirbelt.Vierzig Minuten lang war ich bewusstlos, und als ich aufwachte, roch ich nach Tod.«
Ich war an jenem Tag dabei, und mir kam es vor, als sei direkt vor mir eine Bombe hochgegangen. Ich war eine Weile bewusstlos, wenn auch nicht lange. Als ich wieder zu mir kam, wurde ich von zwei wohlmeinenden Sanitätern des Sheriffbüros zu einem himmelblau funkelnden Krankenwagen geschleppt … Ich entwand mich ihrem Griff und lehnte mich mit dem Rücken an eine Eismaschine. »Okay, Jungs«, sagte ich beschwichtigend. »Der SPASS ist vorbei. Machen wir uns nicht verrückt. Lassen Sie mich erst mal durchatmen, meine Herren«, krächzte ich. »Ich fühl mich leicht beduselt, aber ich weiß, das geht vorbei. Nimm die Hände weg von mir, du Hühnerficker.«
Zweifellos musste das in den Ohren unbeteiligter Schaulustiger OBSZÖN klingen, aber das war es in Wirklichkeit nicht. Ich alberte doch nur mit ihnen herum. Und die kennen mich.
Freitagnachmittage sind in diesem Tal gewöhnlich ganz locker und erfreulich, aber heute war es anders. Ich lebe in den Bergen, auf einer Höhe von fast zweieinhalbtausend Metern, also ungefähr anderthalb Meilen. Das bietet eine »Menge Himmel«, wie sie im Business des schnellen Dollars sagen. Diese Höhenlage erweitert die Lungen und verdünnt das Blut. Außerdem klettern die Grundstückspreise in schwindelnde Höhen. Das Leben hier oben war schon immer ein bisschen gruselig, aber jetzt, wo das gemeingefährliche neue Jahrhundert über uns herfällt und uns unter nimmersatten Kudzu-Ranken zu ersticken droht, wird das Leben in diesen Bergen zur unbarmherzigen alltäglichen Hölle.
Laut The New York Times steht der gesamte Bundesstaat Colorado in Flammen, und der verklemmte republikanische Gouverneur schwafelt wie eine hysterische Todesfee davon, dass unser Colorado, so wie wir es kennen, noch vor Ende des Sommers untergegangen sein wird.
Also blieben – nach den meisten Kalendern – noch ungefähr neunzig Tage, und wir wären beim 11. September 2002, nur ein fürchterliches Jahr nachdem diese bescheuerten Dreckskerle das WTC platt gemacht haben … Bis dahin werden wir uns wohl schon im Krieg befinden, und alle, denen das nicht gefällt, sind im Militärknast eingelocht.
Abstruse Dinge geschehen, wenn man wirklich von einem Blitz getroffen wird. Vor vielen Jahren wurden neunzehn (19) Mitglieder der Familie Strange in North Carolina allesamt im selben Moment Opfer eines Blitzschlags, als sie sich bei einem Feuerwerk zum 4. Juli gegen einen Maschendrahtzaun lehnten. Alle überlebten, aber keiner brachte es im Leben noch zu etwas. Es war wie eine dieser grauenvollen und erbarmungslosen alttestamentarischen Fügungen – oder einfach äußerst schlechtes Karma, zumindest in den Augen von Millionen Nicht-Christen, zu
denen ich definitiv auch mich zähle. Ich habe nämlich allen Ausprägungen & Sekten der praktizierenden christlichen Kirche den Rücken gekehrt.
Ich habe zugesehen, wie sich Tausende von Priestern und Bischöfen und sogar der Papst selbst auf wundersame Weise direkt vor unseren Augen in ein weltweites Netzwerk aus Dieben und Päderasten und Sodomiten verwandelt haben, die unerbittlich Kinder aller Geschlechter penetrieren und es danach auch noch als heilige Buße dafür bezeichnen, dass diese armen kleinen Wesen in den Augen der Kirche
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