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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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, Boss – oder zumindest doch Ruhe , wenn Sie wissen, was ich meine. Scheiße, die Nacht war lang.«
    Ich lachte, doch es klang eher wie das Blöken eines Sterbenden. Der Adrenalinstoß aus der Begegnung mit den Schafen war abgeflaut, und jetzt rutschte ich ab in reine Übermüdungshysterie.
    Die »Rezeption« des Endicott war eine dunkle Hütte in der Mitte des Hufeisens. Wir parkten direkt davor, und dann stieg der Richter aus und hämmerte gegen die hölzerne Eingangstür. Keine Reaktion … »Aufwachen, verdammt! Ich bin es – der Richter ! Aufmachen! Es geht um Leben und Tod! Ich brauche Hilfe !«
    Er trat einen Schritt zurück und versetzte der Tür einen so heftigen Tritt, dass die Glasscheiben klirrten und das gesamte Gebäude
vibrierte. »Ich weiß, dass du da drin bist!«, schrie er. »Du kannst dich nicht verstecken! Ich trete dir so lange in den Arsch, bis deine Nase blutet.«
    Noch immer kein Lebenszeichen, und ich ließ schnell alle Hoffnung fahren. Verschwinde hier, dachte ich. Hier läuft was falsch! Ich saß noch immer im Wagen, aber war schon mit einem Bein draußen … Der Richter landete noch einen eleganten Tritt direkt über dem Türgriff und stieß dabei einen gellenden Schrei in einer Sprache aus, die ich nicht kannte. Dann hörte ich, dass Glas splitterte.
    Ich hechtete zurück in den Wagen und warf den Motor an. Nichts wie weg!, dachte ich. Vergiss das Schlafen. Jetzt heißt es abhauen oder krepieren. Wer so was tut wie eben der Richter, wird in Nevada umgelegt. Es ging weit über alles Erträgliche hinaus. Inakzeptables Verhalten. Aus keinem anderen Grund hat Gott die Schrotflinten erschaffen …
    Ich sah, dass im Büro Licht angeschaltet wurde. Dann öffnete sich die Tür, und ich sah, wie der Richter hineinsprang und in ein kurzes Handgemenge mit einem kleinen bärtigen Mann geriet, der einen Bademantel trug und zu Boden ging, nachdem der Richter ihm ein paar Schläge an den Kopf versetzt hatte … »Kommen Sie schon rein, Boss«, brüllte er. »Darf ich vorstellen – Mister Henry.«
    Ich stellte den Motor ab und wankte den Kiesweg hinauf. Mir war wirr im Kopf und übel, und meine Beine und Knie waren weich wie Gummi.
    Der Richter war mir behilflich. Ich schüttelte Mr. Henry die Hand, der mir einen Schlüssel gab und ein Formular zum Ausfüllen reichte. »Scheiß drauf«, sagte der Richter. »Der Mann hier ist mein Gast . Ihm wird jeder Wunsch erfüllt. Schreib es einfach auf meine Rechnung.«
    »Aber gern«, sagte Mr. Henry. »Ihre Rechnung . Ja. Die habe ich hier.« Er griff unter den Tisch und zog ein unangenehm aussehendes Bündel von Papierstreifen aus einer Addiermaschine
und sonstigen Zetteln hervor, auf denen Barzahlungen handschriftlich quittiert worden waren … »Sie sind gerade noch rechtzeitig gekommen«, sagte er. »Wir wollten schon die Polizei benachrichtigen.«
    »Was ?«, schrie ihn der Richter an. »Bist du bescheuert? Ich hab eine verdammte Platinkarte von American Express! Meine Kreditwürdigkeit ist über jeden Zweifel erhaben .«
    »Ja«, sagte Mr. Henry. »Wir wissen das. Wir haben uneingeschränkte Hochachtung vor Ihnen. Ihre Unterschrift ist wertvoller als reines Gold.«
    Der Richter schmunzelte und schlug mit flacher Hand auf den Empfangstresen. »Worauf du einen lassen kannst!«, fauchte er. »Also verschwinde mir jetzt aus den Augen! Du musst ja wohl von allen guten Geistern verlassen sein, dass du es wagst, mich so anzuwichsen! Dumpfbacke ! Wollen wir uns vor Gericht wiedersehen?«
    Mr. Henry sackte in sich zusammen. »Bitte , Richter«, sagte er. »Tun Sie mir das nicht an. Ich brauche doch nur Ihre Kreditkarte. Lassen Sie mich die Karte eben mal durchziehen. Das ist alles.« Er stöhnte und schien den Richter anzustarren, aber ich konnte erkennen, dass sein Blick unstet war … »Man wird mich feuern «, flüsterte er. »Man wird mich ins Gefängnis stecken wollen.«
    »Blödsinn!«, fuhr ihn der Richter an. »Das würde ich niemals zulassen. Du kannst doch immer auf mildernde Umstände plädieren.« Er streckte die Hand aus und ergriff sachte Mr. Henrys Handgelenk. »Glaub mir, Bruder«, zischelte er. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen . Du stehst ganz cool da. Die werden dich niemals einsperren! Die werden dich niemals wegschaffen! Nicht aus meinem Gerichtssaal!«
    »Danke Ihnen«, erwiderte Mr. Henry. »Aber ich brauche doch nur Ihre Karte und Ihre Unterschrift. Das ist das Problem. Ich hab vergessen, sie durchzuziehen, als Sie

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