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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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eingecheckt haben.«
    »Na und?«, blaffte der Richter. »Dafür steh ich gerade. Wie viel wollen Sie?«
    »Ungefähr zweiundzwanzigtausend«, sagte Mr. Henry. »Wahrscheinlich inzwischen dreiundzwanzigtausend. Sie hatten diese Suiten neunzehn Tage, einschließlich Room Service rund um die Uhr.«
    »Was?«, brüllte der Richter. »Ihr hinterfotzigen Diebe! Ich werde euch von American Express kreuzigen lassen. Ihr seid in diesem Geschäft Geschichte . Ihr werdet nie wieder Arbeit finden! Nirgendwo auf der Welt! « Dann schlug er Mr. Henry so schnell ins Gesicht, dass ich es kaum sah. »Hör auf zu flennen!«, sagte er. »Reiß dich bloß zusammen! Ist ja schon peinlich!«
    Dann ohrfeigte er den Mann nochmals. »Ist das alles, was du willst?«, fragte er. »Nur eine Karte ? Eine dämliche kleine Karte? Ein Stück Scheißplastik ?«
    Mr. Henry nickte. »Ja, Richter«, flüsterte er. »Das ist alles, nur eine dämliche kleine Karte.«
    Der Richter lachte und griff in seinen Regenmantel, als wolle er eine Riesenwaffe ziehen oder doch zumindest eine dicke Brieftasche. »Du willst nur eine Karte, Hundsfott? Darum geht es. Mehr willst du nicht? Du mieser kleiner Drecksack! Hier hast du sie!«
    Mr. Henry krümmte sich und winselte. Dann streckte er die Hand aus, um die Karte zu nehmen, den Gegenstand, der ihn befreien würde … Der Richter tastete immer noch im Innenfutter seines Regenmantels. »Verfluchte Scheiße«, grummelte er. »Dies Ding hat einfach zu viele Taschen ! Ich fühl sie ja, aber ich kann den Taschenschlitz nicht finden!«
    Mr. Henry schien ihm zu glauben, und einen Moment lang tat ich es auch … Warum auch nicht? Er war ein Richter mit Platinkarte  – einer, der es gewohnt ist, die Puppen tanzen zu lassen. Man findet heutzutage nicht mehr viele Richter, die morgens ihr Kontingent an Fällen durchziehen und nachmittags den geilen Ziegenbock markieren. Das geht an die Substanz, und nur wenige halten da mit … aber der Richter war ein Sonderfall.
    Plötzlich schrie er auf und fiel zur Seite, am Futter seines Regenmantels zerrend und reißend. »Jesus im Himmel!«, jammerte
er. »Ich hab meine Brieftasche verloren! Sie ist weg. Ich hab sie da draußen in der Limo vergessen, als wir die verschissenen Schafe umgenagelt haben.«
    »Na und?«, sagte ich. »Die brauchen wir doch gar nicht. Ich hab auch viele Kreditkarten.«
    Er lächelte und schien sich zu entspannen. »Wie viele?«, fragte er. »Könnte sein, dass wir mehr als eine brauchen.«
     
     
    Ich wachte in der Badewanne auf – keine Ahnung, wie viel später  – und hörte die Nutten im Nebenzimmer kreischen. Die New York Times war mir aus der Hund gerutscht und hatte das Badewasser schwarz gefärbt. Stundenlang drehte und wälzte ich mich wie ein Crackbaby in einem kalten Hausflur. Ich hörte stampfenden Rhythm & Blues – kompromisslosen Rock’n’Roll, und ich wusste, dass da was Wildes in den Suiten des Richters abging. Der Geruch von Amylnitrat drang unter der Tür hindurch. Es hatte keinen Zweck. Während dieses üblen Treibens war an Schlaf nicht zu denken. Ich kam ins Grübeln. Ich tummelte mich bereits in Randbereichen der Legalität, und jetzt hatte ich auch noch einen geisteskranken Richter am Hals, dem ich meine Kreditkarte geliehen hatte und der mir dreiundzwanzigtausend Dollar schuldete.
    Ich hatte draußen im Auto noch Whiskey, und ich ging in den Regen hinaus, um Eiswürfel zu holen. Als ich an den anderen Zimmern vorüberging, linste ich zu den Fenstern hinein und überlegte fieberhaft, wie ich meine Kreditkarte zurückbekommen konnte. Plötzlich hörte ich hinter mir das Geräusch einer Winde. Ein Abschleppwagen ließ den weißen Cadillac des Richters zu Boden sinken. Der Richter war in Hochstimmung, scherzte mit dem Fahrer des Abschleppwagens und schlug ihm auf die Schulter.
    »Sei’s drum? Ist doch alles nur Sachschaden«, sagte er lachend.
    »He, Richter«, rief ich ihm zu. »Ich hab meine Karte noch nicht wieder.«
    »Keine Sorge«, sagte er. »Ist in meinem Zimmer – kommen Sie nur.«
    Ich stand direkt hinter ihm, als er seine Zimmertür öffnete, und sah ganz kurz eine nackte Frau tanzen. Kaum war die Tür offen, sprang die Frau dem Richter an die Kehle. Sie stieß ihn wieder hinaus und knallte ihm die Tür vor der Nase zu.
    »Vergessen Sie die Kreditkarte – wir besorgen uns Bares«, sagte der Richter. »Fahren wir runter zum Commercial Hotel. Da sind meine Freunde und die haben jede Menge Geld.«
    Unterwegs

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