Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Camelot ist dreißig Jahre her, und wir wissen noch immer nicht, wer Jack Kennedy ermordet hat. Jene einsame Kugel in Dallas hat niemals zwei menschliche Körper durchschlagen, aber sie hat den Amerikanischen Traum ins Herz getroffen, in unserem Jahrhundert und vielleicht in alle Ewigkeit.
    Camelot läuft jetzt auf dem Gerichtskanal im Fernsehen, schleppt sich in Reha-Kliniken und ist gezwungen, sich gegen fadenscheinige Vergewaltigungsvorwürfe zur Wehr zu setzen, in demselben stickigen Gerichtsgebäude in West Palm Beach, in dem Roxanne Pulitzer sich dafür verantworten musste, eine Trompete gefickt zu haben.
    Es war ein langer Niedergang – nicht nur für die Kennedys und die Demokraten, sondern auch für den Rest von uns. Sogar für die Reichen und die Mächtigen, die langsam einsehen, dass in den Neunzigern die Veränderungen über Nacht kommen können und sie selbst möglicherweise eines Tages vor den Fernsehkameras auf der Anklagebank sitzen und verzweifelt darum kämpfen werden, nicht hinter Gitter zu kommen.
    Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe es am eigenen Leib erlebt, und mir war verdammt mulmig dabei … In der Tat. In diesem herrschaftlichen Haus gibt es viele Zellen, und jeden Tag kommen welche dazu. Wir werden zu einer Nation von Kerkermeistern.
    Und das wär’s jetzt erst mal, Jann. Weihnachten steht uns bevor, und von jetzt an geht alles den Bach runter … Zumindest bis zum Tag des Murmeltiers, und der kommt ja bald … Also, befolge bis dahin meinen Rat als dein Hausarzt und tu nichts, was zur Folge haben könnte, dass einer von uns beiden vor dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten erscheinen muss. Wenn du verstehst, was ich meine …
    Ja. Da oben sitzt er nämlich, Jann. Der Richter. Und er wird noch lange da oben sitzen und darauf warten, unsere Schädelknochen abzunagen … Genau. Pack dir diese Gewissheit mit in
deine Ledertasche, wenn dir das nächste Mal danach ist, dich auf dein neues Motorrad zu schmeißen, es gnadenlos durch den Verkehr zu heizen und Bullenwagen mit hundertvierzig zu überholen.
    Denk an F. X. Leach. Er wollte den Richter übers Ohr hauen und hat grausam dafür büßen müssen … Anders wird es auch dir nicht ergehen, wenn du dich nicht zusammenreißt und aufhörst, die Mädels in deinem Büro zu belästigen. Der Richter gibt jetzt den Ton an, und Er wird dergleichen nicht dulden. Sei also auf der Hut.

Hiiiiiiiier ist Johnny!

ANGST UND SCHRECKEN VOR JACKS HAUS … DER EINSAMSTE ORT AUF DER WELT
    Die Nacht war dunkel und stürmisch, als ich mich auf den Weg zu Jack Nicholson machte, der weit entfernt in einem Tal auf der anderen Seite der Stadt wohnte. Er hatte Geburtstag, und ich wollte ihm ein großes rohes Wapitiherz als Geschenk bringen. Ich kenne Jack schon seit vielen Jahren, und abgesehen von anderen Dingen teilen wir auch eine bestimmte Art Humor. Deswegen ist wahrhaftig nichts Absonderliches darin zu sehen, dass ich am Vorabend seines Geburtstags ein frisch herausgetrenntes Wapitiherz zu seinem Haus transportierte.
    Es war noch leicht gefroren, aber begann schon aus den Kammern zu lecken, und daher packte ich es in einen Ziploc-Plastikbeutel, den ich hinten in meinen Jeep warf. Verdammte Hölle, dachte ich, Jacks Kinder werden begeistert sein. Ich wusste, dass sie erst an diesem Tag aus Los Angeles angekommen waren, und
ich wollte ihnen eine Überraschung mitbringen. »Du kommst doch nicht zu spät, oder?«, hatte Jack gefragt. »Du weißt, die Kids gehen früh ins Bett.«
    »Keine Sorge«, beruhigte ich ihn. »Ich fahr ja in zehn Minuten hier los.«
    Ungefähr da lief der Abend aus der Spur. Die Zeit verflog schnell. Irgendwas kam dazwischen, und bevor ich mich versah, war ich schon zwei Stunden zu spät – zwei Stunden. Behaltet das im Gedächtnis, da es später eine Rolle spielen wird.
    Okay. Schließlich machte ich mich also auf den Weg, um Jack und seine Kinder zu besuchen, und ich hatte allerhand Scherzartikel und technischen Plunder im Wagen. Außer dem blutigen Wapitiherz gab es da noch einen klotzigen Outdoor-Verstärker, die Tonbandaufnahme vom Todeskampf eines Schweins, das lebendig von Bären gefressen wird, einen Suchscheinwerfer mit einer Million Watt und eine Neun-Millimeter-Pistole von Smith & Wesson, Halbautomatik mit Teakgriff, sowie eine Schachtel mit Hochleistungsmunition. Dann war da noch ein Leuchtfallschirm mit der Lichtstärke von vierzig Millionen Kerzen, der das Tal vierzig Meilen weit und