Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
Vom Netzwerk:
Kolben festfraßen und der Motor explodierte wie ein Dampfkessel. »Der Jaguar musste von einem Feuerwehrwagen abgeschleppt werden«, sagte er. »Sogar die Ledersitze brannten. Ausgelacht hat man mich.«
     
     
    In diesen Tagen schwirrt immer mehr habgieriger Schwachsinn durch die Luft. Gestern bekam ich einen Anruf von jemandem, der sagte, dass ich Harris Wofford noch Geld schuldete, meinem alten Freund aus Peace-Corps-Zeiten, mit dem ich in Sierra Leone gewesen war.
    Er kam aus dem Nichts wie eine Hitze suchende Lenkwaffe und warf den Justizminister von Pennsylvania aus dem Rennen. Einfach wunderbar! Harris ist jetzt Senator, und die Marionette aus dem Weißen Haus ist es nicht. Thornburgh verspielte eine Vierundvierzig-Punkte-Führung in drei Wochen – wie Humpty Dumpty … Uups! Runtergefallen von der Mauer wie ein großes Echsenei. Das Weiße Haus hatte ein Sicherheitsnetz nicht für notwendig erachtet.
    Es war eine größere Katastrophe für den Beraterstab von Bush und jeden anderen Politprofi der Grand Old Party, vom Weißen Haus bis hinunter in die Rathäuser von Städten wie Denver und Tupelo. Die gesamte Republikanische Partei war wie gelähmt und bibberte wie ein Jagdhund, der an einem Pfirsichkern vorbeiläuft … Zumindest sagte man das in Tupelo, wo einer der örtlichen GOP-Vorsitzenden durchdrehte und mit einem fetten Jungen aus einer der reichen Familien am Ort nach Biloxi durchbrannte … und anschließend versuchte, Harris Wofford die Schuld zu geben, als man ihn in Mobile wegen schwerer widernatürlicher Unzucht und Kindesentführung verhaftete. Er war ruiniert, und obwohl seine Kaution nur fünftausend Dollar betrug, wollte keiner seiner Freunde dafür bürgen. Bei denen handelte es sich hauptsächlich um professionelle Republikaner und Banker, die mal in Sachen Spar- und Darlehnskassen tätig gewesen waren, sowie die verkrachte Existenz Neil Bush, der Sohn des Präsidenten.
    Neil hatte gerade den schlimmen Skandal bei der Bank Silverado Savings & Loan in Colorado hinter sich, bei dem er um Haaresbreite davongekommen war, nachdem sein Vater gesagt hatte, er würde seinen Sohn dem grauenvollen Schicksal in einem Bundesgefängnis überlassen, wenn sich herausstellen sollte, dass er tatsächlich ein Betrüger war. Die Beweislast war erdrückend, aber Neil besaß verblüffendes Verhandlungsgeschick – wie Colonel North und der Admiral, die ebenfalls davonkamen … Es war ungeheuerlich, und viele Leute schimpften
deswegen. Aber was zum Teufel erwarten diese Leute denn von einer Rotte reicher und auf hohen Rössern sitzender darwinistischer Schnösel, die zwölf Jahre lang gehätschelt und getätschelt durchs Weiße Haus tobten? Die können machen, was sie wollen, und warum auch nicht? »Es sind Gute Jungs«, sagte John Sununu einmal zu seinen Mitarbeitern. »Scheißen tun sie nur im Presseraum.«
     
     
    Naja … Sununu ist inzwischen weg, und Dick Thornburgh ist es auch. Er bemüht sich gegenwärtig um einen Nachtwächterjob bei einer Bank irgendwo am Stadtrand von Pittsburgh. Eine hässliche Geschichte. Er beschloss, es auf eigene Faust zu versuchen – wie Luzifer, der in die Hölle abstürzte –, und bekam Prügel wie ein rothaariges Stiefkind von meinem alten Peace-Corps-Kumpel Harris Wofford, der ihn wie einVielfraßbulle von hinten überrannte, und zwar so schnell, dass Thornburgh nicht mal zur Seite springen konnte … Er wurde in der Luft zerrissen und gedemütigt. Es war das schlimmste öffentliche Desaster seit Watergate.
    Landesweit bekam die GOP Angstzustände. Wie das passieren konnte? Dick Thornburgh hatte doch zur Rechten Gottes gesessen. Als Justizminister war er aufgetreten wie ein arroganter Ritter der Tafelrunde und hatte erklärt, dass seine Jungs – gut und gerne viertausend Staatsanwälte des Justizministeriums – nicht mehr den Bestimmungen des Bundesgerichtssystems unterlagen.
    Aber er irrte sich. Und jetzt benutzt Wofford Thornburghs Kadaver als Startrampe für einen Angriff aufs Weiße Haus und heuert Experten an, die angebliche Schulden von alten Freunden wie mir eintreiben sollen. Klar doch, mir gefällt der Gedanke, dass Harris Präsident sein könnte. Er kam mir immer vor wie eine ehrliche Haut, und dass er smart war, wusste ich auch, aber ihm Geld zu geben, widerstrebt mir dennoch.
    Das ist Politik in den Neunzigern. Die Präsidentschaftskandidaten der Demokraten haben in jüngerer Zeit nicht den Eindruck
gemacht, als seien sie eine Investition wert.

Weitere Kostenlose Bücher