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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Dollar die Stunde verdienten … Die Juden waren besonders übel gelaunt, aber wer wollte ihnen das verdenken? Der Geburtstag vom kleinen Jesulein ist immer eine besonders heikle Zeit für Menschen, die genau wissen, dass man sie neunzig Tage danach bezichtigen wird, ihn ermordet zu haben.
    Na und? Wir haben unsere eigenen Probleme, oder? Jesus! Ich verstehe nicht, wie du auf deinen vielen Motorrädern im Schnee durch die Gegend gurken kannst, Jann. Scheiße, wir werden alle damit fertig, wenn sich das Hinterrad beim Schleudern selbstständig macht. Aber mit dem Vorderrad ist es anders – und genau das passiert, wenn es schneit. WHACKO. Erst fühlst du dich noch so leicht und sicher wie eine Schneeflocke, und im nächsten Moment rutschst du schon seitwärts unter die Räder eines Umzugslasters … Üble Verkehrsstaus, schrilles Gehupe, weiße Limos voller nackter Jesusfreaks, die im ersten Gang auf den Gehsteig fahren, um dir und dem Schlamassel auszuweichen, den du auf der Straße angerichtet hast … Zur Hölle mit diesem Abschaum. Immer öfter kommen die uns in die Quere. Warum sind die eigentlich Weihnachten nicht zu Hause bei ihren Familien?
Warum müssen die hier auftauchen und sterbend auf der Straße rumliegen wie durch den Fleischwolf gedreht?
    Ich hasse diese Mistkerle, Jann. Und ich vermute, dir geht es nicht anders … Mag sein, dass man uns engstirnig und bigott nennt, aber zumindest sind wir auf universelle Weise bigott. Stimmt’s? Scheiß auf diese Leute. Jeder, der dir heutzutage über den Weg läuft, könnte die Befugnis besitzen, dich hinter Gitter zu bringen … Und wer weiß schon, weshalb? Die werden mit Gründen kommen, die direkt aus einer gruseligen Erzählung von Kafka stammen könnten, aber letztendlich spielt es keine größere Rolle als ein Vollmond hinter Wolken. Zum Teufel mit ihnen.
    Weihnachten hat sich seit zweiundzwanzig Jahren nicht groß verändert, Jann – nicht mal zweitausend Meilen westlich und achttausend Fuß hoch in den Rockies. Es ist noch immer ein Tag, den nur Amateure lieben. Es ist ja gut und schön, wenn Kinder und Acid Freaks an den Weihnachtsmann glauben – aber es bleibt weiterhin ein zutiefst trübseliger Tag für berufstätige Profis wie uns. Es ist beunruhigend zu wissen, dass eine von zwanzig Personen, die man an Weihnachten trifft, im nächsten Jahr um diese Zeit schon tot sein wird … Manche Menschen können das verkraften, andere nicht. Eben darum hat Gott den Whiskey erschaffen und auch dafür gesorgt, dass unser Wild Turkey während fast der gesamten Weihnachtszeit in speziell geformten Behältern für dreihundert Dollar verkauft wird, aber auch dafür, dass kriminelle Arschgesichter dich überall in New York anhauen, nur ja eine Hundert-Dollar-Spende rauszurücken oder du riskierst, dass sie dir deine Scheibenwischer zu Korkenziehern verdrehen und auf die Türgriffe deines Wagens urinieren.
     
     
    Rings um mich herum gehen die Leute kaputt, Jann. Alle, die mir sonst Rückhalt geben, sind zerbröselt wie nasse Zuckerwürfel. Und genau darum versuche ich ja, niemanden anzustellen, der
älter ist als zwanzig. Jedes zusätzliche Weihnachten bedeutet doch für sie nur noch eine weitere und nicht rückgängig zu machende Abwärtsdrehung des Sperrrads oder vielleicht auch den neuerlichen Verlust von Zähnen am Schwungrad … Ich erinnere mich an ein Weihnachten in New York, als ich versuchte, einen Jaguar Mark VII zu verkaufen, an dessen Schwungrad so viele Zähne fehlten, dass die Antriebswelle jaulte und blockierte, wenn ich versuchte, den Motor zur Demonstration für einen potenziellen Käufer zu starten … Ich musste Banden von Stra-ßenkindern anheuern, die den Wagen lange hin und zurück schoben, bis das Anlasserritzel genau so ausgerichtet war, dass die wenigen noch übrigen Zähne des Schwungrads einrasten konnten. An manchen Tagen ließ ich den Wagen in einer Hydrantenzone bis zu drei oder vier Stunden hintereinander mit laufendem Motor stehen und zahlte den geldgierigen kleinen Mistkerlen einen Dollar die Stunde, damit sie den Motor nicht ausgehen ließen und mit Wasser aus dem Hydranten dafür sorgten, dass der Wagen auch glänzte, wenn ein potenzieller Käufer auftauchte.
    Wir hatten einander nach neun oder zehn Wochen recht gut kennen gelernt, und schließlich gelang es den Burschen, mein Auto einem reichen Künstler anzudrehen, der es schaffte, bis zur Mautstelle am anderen Ende der George-Washington-Brücke zu fahren, wo sich die

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