Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)
hoffnungslose Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren. Schließlich können Geisteskranke dem Gesetz nach durchaus geheilt werden, während die Schuldigen für immer schuldig bleiben – oder zumindest, bis sie mit enormen finanziellen Zuwendungen einem freundlich gesonnenen Präsidenten in seiner zweiten Amtsperiode unter die Arme greifen, wenn dieser nichts mehr zu verlieren hat und deswegen in letzter Minute ein paar Begnadigungen locker macht. Das ist der Moment, in dem ihr einen richtig teuren Anwalt braucht. In Amerika war Gerechtigkeit noch nie preiswert zu haben, nicht einmal für die Unschuldigen.
Oh, nein. Vergesst den althergebrachten Quatsch von wegen »lass den Mandanten leiden«. Wohingegen der Anwalt später leidet,
ganz allein, und sich in der üppig ausgestatteten Privatsphäre seiner Villa (-len) den eigenen Dämonen stellen muss.
Nein. Nichts davon. Ich will, dass er jetzt leidet, genau wie ich. Sicher doch! Wir sind Brüder, in den Seelen vereint. Wir werden zusammen leiden oder gar nicht.
Dies ist unser heiliger Schwur, die höchste Stufe, auf der sich Blut, Wahrheit und Ehre vereinen. Rücken an Rücken werden wir auf dem Kamm der höchsten Anhöhe kämpfen – denn wir sind Die Bruderschaft , die hochgeschätzten Vertreter von Wahrheit & Gesetz & Gerechtigkeit.
Wir sind nur wenige, aber wir sprechen mit der Kraft vieler. Wir sind stark wie einzelgängerische Bullen, aber wir stehen zusammen. Unser Kodex ist von Sanftmut geprägt, aber unsere Gerechtigkeit ist unerbittlich – erscheint sie auch an manchen Tagen schleppend, schlägt sie an anderen blitzschnell zu, verbeißt sich in den Hälsen der Schuldigen wie eine Rotte von Zwergkrokodilen an irgendeinem einsamen Uferstreifen des Maputo-Flusses in Transvaal, wo die Schuldigen ruhig davonlaufen mögen, aber nie ein Versteck finden werden.
Ihre Seelen werden niemals sterben, ebenso wenig wie die unseren. Der einzige Unterschied wird sein, dass es bei den Großen Grillfesten an den auserwählten Stränden des nächsten Lebens ihre Seelen sein werden, die sich an den langen spitzen Spießen über der Glut drehen, während unsere Hände die Griffe der Bratspieße langsam drehen …
Neulich beauftragte ich meinen Anwalt, mir meine persönliche FBI-Akte zu besorgen, aber er lachte nur und schimpfte mich einen Dummkopf. »Von den Dreckschweinen wirst du deine Daten niemals kriegen«, sagte er. »Wir können bitten, wir können betteln, wir können fordern und Zivilklagen einreichen – sie werden dir trotzdem niemals verraten, was sie über dich vorliegen haben – und in deinem Fall, Doc, wird das ein so großer
Haufen Scheiße sein, dass wir es mit der Angst kriegen und deshalb am liebsten gar nichts mehr davon hören wollen. Astronomische Kosten kämen auf uns zu.«
»Natürlich«, sagte ich schnell. »Danke für die Warnung. Ich muss nicht ganz bei Trost gewesen sein, das Thema anzusprechen.«
»Genau«, erwiderte er. »Rechne mit mindestens einer Million Dollar – genug, um ein hübsches Haus in New Orleans zu kaufen oder zwei Runden Golf mit Tiger Woods zu spielen.«
»Scheiß drauf«, sagte ich. »Vergessen wir das FBI. Wer ist sonst noch hinter mir her?«
»Niemand«, sagte er. »Unverständlicherweise. Wir leben in einer gefährlichen Zeit, und bevor du dich versiehst, haben sie dich schon gegriffen. Du solltest mindestens dreimal auf Holz klopfen und es genießen, solange du kannst.«
»Ja«, antwortete ich. »Deswegen hauen wir ja auch nächsten Monat nach Afrika ab. Es wird Zeit, aus diesem Land zu verschwinden, solange wir noch können!«
»Wir?«, fragte der Anwalt. »Wer genau soll in diesem Fall ›wir‹ sein, Doc? Als dein Anwalt kenne ich kein wir .«
»Du mieser Bastard«, sagte ich. »Keine Sorge, ich kenne mich aus mit dem Verhältnis zwischen Anwalt und Mandant. Dich wird niemand je bezichtigen, ein Terrorist zu sein, oder? Ich finde, es wird Zeit, dass ein paar von euch Bastarden eingelocht werden, Herr Rechtsberater. Das habe ich mit wir gemeint.«
Er verstummte. Es empfiehlt sich immer, den eigenen Anwalt hart an die Kandare zu nehmen – damit er nicht die Flucht ergreift & dich allein untergehen lässt.
Lynchjustiz in Denver
Zuerst haben sie die Juden geholt
Und ich habe geschwiegen –
Ich war ja kein Jude
Dann kamen sie die Kommunisten holen
Und ich habe geschwiegen –
Denn ich war kein Kommunist
Dann kamen sie die Gewerkschafter holen
Und ich habe geschwiegen –
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