Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
Vom Netzwerk:
nicht leicht, einen »verurteilten Polizistenmörder« aus dem Gefängnis zu holen – aber in diesem Fall wird es ein wenig leichter werden, denn Lisl hat genauso wenig einen Polizisten getötet wie ich. Sie saß in Handschellen auf dem
Rücksitz eines Polizeiwagens, als der Cop von einem gemeingefährlichen Skinhead kaltblütig ermordet wurde. Dieser schoss sich danach angeblich selbst in den Kopf & ließ dadurch dem Bezirksstaatsanwalt niemanden übrig, den man hätte bestrafen können – außer Lisl.
    5. Februar 2001

Das »Felony Murder«-Gesetz – passt ja auf, dass ihr nicht damit zu tun bekommt
    Ich glaube nicht, dass sich die Leute notwendigerweise mit Lisl Auman identifizieren, sondern es könnte sein, dass sie sich – Gott sei ihnen gnädig – eher mit mir identifizieren. Ich habe, ehrlich gesagt, oft gedacht, dass der Fall Lisl wohl der schlimmste war, auf den ich mich je eingelassen habe. Wir haben es mit einer verurteilten Polizistenmörderin zu tun. Hilfe! Da spielt der Mensch keine Rolle mehr.
    Es gibt in diesem Fall Fakten, die eindeutig waren, es geblieben sind und auch bleiben werden – jenseits der Lawine von »Verbrechen aus Hass«-Propaganda, der »Macht die Skinheads alle!«-Hysterie, die mit der Verurteilung losgetreten wurde, sowie den aktenkundigen Verfahrensfehlern und dem Vorgehen der Polizei zur Zeit des Verbrechens – und diese Fakten sind schlicht folgende: Jemand wurde umgebracht. Das wissen wir. Zwei Personen blieben tot auf der Strecke. Über die anprangernswerten politischen Umstände hinaus, die den Fall Lisl begleiten, haben wir es mit dem gemeingefährlichen Skinhead namens Matthaeus Jaehnig zu tun und dem Cop Bruce VanderJagt sowie mit Lisl, der angeblichen Täterin …
    Es ist vielleicht angezeigt, in diesem Zusammenhang über die Eigentümlichkeiten der Stadt Denver hinauszusehen. Die Rechtsfragen, über die bei dieser Berufungsanhörung – und hoffentlich auch dem Wiederaufnahmeverfahren – noch einmal befunden werden soll, sind höchst widerwärtig und unberechtigt. Die Nachlässigkeit, mit der dieser Fall behandelt wurde, ließ uns auf einen Hexenbeutel voll seltsamer Probleme innerhalb des Systems der Verbrechensbekämpfung stoßen. Da haben wir die unübersehbare Missachtung von Lisls Rechten. Sie wurden jedoch nicht unbedingt nur von den beteiligten Cops missachtet. Nein, ihre Rechte wurden von allen Parteien innerhalb des Systems mit Füßen getreten. Lisls Seite des Falls fand keine Beachtung: Präsident Clinton war zu jener Zeit aktiv in einer Kampagne zur Bekämpfung von Polizistenmord engagiert; dann ging seine Gesetzesvorlage zu den so genannten »Verbrechen aus Hass« im Kongress durch, und die Polizei von Denver lief verständlicherweise Sturm, weil jemand aus ihren Reihen umgebracht worden war.
    Aber wir sollten nicht vergessen, dass bei dieser Sache zwei Menschen ums Leben kamen, und dafür gab es während des Gerichtsverfahrens, in Lisls erstem Prozess, keine wirkliche Erklärung. Nach wie vor bleiben entscheidende Fragen offen: Man weiß noch nicht einmal genau, wer Officer VanderJagt und wer Matthaeus erschoss – dieser war ein hartgesottener Verbrecher, und daher bin ich nicht überzeugt, dass er sich selbst erschossen hat. Weiterhin bleibt fraglich, wer genau was tat bei diesem bizarren Zusammentreffen, zu dem es im Grunde gar nicht hätte kommen dürfen, weil Matthaeus ein ellenlanges Vorstrafenregister hatte und sein gewaltsamer Tod eigentlich längst überfällig war. »Ich hätte dich schon vor langer Zeit abknallen sollen« – haben wir es mit einem solchen Fall zu tun? Wenn die Cops den Gefahren der Straße mehr Aufmerksamkeit geschenkt hätten, statt sich um läppische Beschwerden zu kümmern, wäre Lisl vielleicht nicht im Gefängnis. Die Vorgehensweise der Polizei
bei diesem völlig außer Kontrolle geratenen Einsatz, in den zu einem bestimmten Zeitpunkt vierzig oder fünfzig Beamte involviert waren, wurde nie überprüft – nicht einmal den Tatort hat man kriminaltechnisch untersucht. Zumindest ist er vor Gericht nie in die Beweisaufnahme eingegangen, denn Lisls Geständnis in Bezug auf ein minderschweres Verbrechen hatte zur Folge, dass der Fall überhaupt nicht weiter untersucht wurde. Die ganze Sache wurde so geschickt durchs System geschleust, dass es gar nicht zu einer Untersuchung kam . Aber ich verlange keine weiteren Nachforschungen – obwohl ich es könnte und vielleicht auch tun werde. Ich verlange ein

Weitere Kostenlose Bücher