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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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KONNTE ES NIE SCHNELL GENUG GEHEN.

Der Löwe und der Cadillac
    Furcht? Kenne ich nicht. Es gibt nur Augenblicke der Verwirrung. Manche davon haben sich tief in mein Gedächtnis gegraben, und einige wenige werden mich in alle Ewigkeit verfolgen.
    Zu den besonders verwirrenden Augenblicken in meinem Leben zählt wohl der üble Moment, als ich in einem schrottreifen Cadillac auf dem Coast Highway nach Big Sur unterwegs war und ein großer Berglöwe in den fahrenden Wagen sprang.
    Ich hatte kurz am Straßenrand angehalten, um die in Brand geratenen Zeitungen auf dem Rücksitz zu löschen, als die riesige Katze von einer Klippe entweder runtersprang oder -fiel und direkt neben mir rücklings auf dem Kies landete. Ich beugte mich gerade ins Auto und goss Bier über das Feuer, als es passierte.
    Es war schon spät und ich war allein. Als das Biest auf den Boden prallte, war ich einen Augenblick völlig verdutzt. Genau wie der Löwe. Dann sprang ich wieder in den Wagen und fuhr los, bergab und im niedrigen Gang. Ich hoffte, dem sicheren Tod oder zumindest schlimmen Biss- und Kratzwunden zu entgehen.
    Das Vieh hatte versucht, sich von oben auf mich zu stürzen, sich dabei aber verschätzt … Und jetzt, als ich in den zweiten Gang hochschaltete, hörte ich ein wütendes Knurren und merkte, dass die Raubkatze meine Rostlaube verfolgte und immer weiter aufholte … (Okay, in dem Moment hatte ich tatsächlich Todesangst.) … Und ich glaube, dass ich kurzzeitig den Verstand verloren haben muss, als das verdammte Vieh mich einholte und dann durchs offene Fenster auf der Beifahrerseite in den Wagen sprang.
    Es prallte gegen das Armaturenbrett und schaffte es irgendwie, dabei das Radio voll aufzudrehen. Dann schlug es mir seine Krallen tief in einen Arm und ein Bein, und deswegen schaudert es mich immer noch, wenn ich einen Song von Chuck Berry höre.
    Auch den Geruch des Untiers habe ich noch in der Nase. Ich hörte mich vor Schmerz schreien, während ich weiterhin zu lenken versuchte. Der Sitz war blutbesudelt. Die Musik war ohrenbetäubend laut, und die Katze wollte einfach nicht aufhören zu
knurren und mit ihren Tatzen nach mir zu schlagen. Aber dann kletterte sie über die Rücklehne nach hinten und landete direkt auf der Zeitung, die noch immer brannte. Ich hörte einen tierischen Schmerzensschrei und sah, dass die Katze versuchte, sich durchs hintere Fenster ins Freie zu stürzen.
    Wir rollten noch immer mit ungefähr dreißig Meilen in der Stunde den Highway entlang, als ich bemerkte, dass mein Kugelhammer aus dem beschädigten Handschuhfach ragte.
    Mit links lenkte ich, mit der rechten Hand packte ich den Hammer, holte aus und schlug über die Schulter nach hinten, um den Berglöwen zu treffen.
    Schmack ! Ich spürte, dass der Hammer auf etwas traf, das sich entfernt nach einem Karton voller Eier anhörte, und anschließend herrschte Stille. Kein Widerstand vom Rücksitz. Nichts.
    Ich stieg auf die Bremse und fuhr rechts ran. Meine Hand umklammerte immer noch den Hammer, als ich nach hinten sah und erkannte, dass es mir irgendwie gelungen war, das Tier mitten auf den Kopf zu treffen und das eiserne Kugelstück durch die Schädeldecke ins Gehirn zu treiben. Der Berglöwe war tot. Zusammengekrümmt auf dem Rücken liegend nahm er den gesamten Fond in Beschlag, der langsam in Blut schwamm.
    Ich war nicht länger verwirrt.

Geerlings & der Sohn des Kriegsministers
    Die Avenida Copacabana ist abends stets bevölkert, so ähnlich wie die Straßen von Miami Beach, denen sie äußerlich vergleichbar erscheint, die sie aber atmosphärisch weit in den Schatten stellt … Copacabana ist der Badeort von Rio de Janeiro, der heim-lichen
Hauptstadt Brasiliens, wo ich 1962 zur Zeit der grässlichen »Kubakrise« lebte, als alle im Ausland lebenden Amerikaner sich weltweit an Orten wie Warschau und Kowloon oder Tripolis irritiert umschauten und feststellen mussten, dass sich ihr Leben von jetzt an entscheidend ändern würde: Sämtliche Länder nördlich des Äquators würden noch vorm nächsten Sonntag durch Atombomben ausgelöscht werden. RUMMS! Der schon so lange gefürchtete Nukleareinsatz würde irgendwo westlich der Bermudas ausgelöst werden, wenn gegen zwei Uhr nachmittags zwei verfeindete Kriegsflotten vor Kuba aufeinander prallten – und diese Kollision würde das Ende der Welt, so wie wir sie kannten, einläuten. Eine Manöverübung würde es jedenfalls nicht sein.
    Backstage im O’Farrell (Michael Nichols/Magnum

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