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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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preschen also aus der Dunkelheit hervor, die Sohlen unserer Converse-Turnschuhe patschen auf den Beton, und sie laufen weiter, die beiden einheimischen Jungs, schreien verzweifelt, der Bus möge halten. Wie wenn zwei Leute in New York die Forty-second Street hinunterrennen und versuchen, ein Taxi zu bekommen, als hinge ihr Leben davon ab. Und statt sie einfach laufen zu lassen, holte ich den Kerl, der sich später als Sohn des Kriegsministers entpuppen sollte, in dem Moment ein, als er den Bus erreichte. Das ganze Drama zeichnete sich bereits ab, bevor es noch richtig Fahrt aufgenommen hatte. Dies ganze Geschrei: »Halt, bitte doch! Oh Gott! Hilfe!« Der Bengel, hinter dem ich her war, hätte nach dem nächsten Schritt den Fuß auf die unterste Stufe des Buseinstiegs stellen können.
    Mir blieb keine Wahl – ich war schneller als er, und als er abstoppte, um aufzusteigen zu können, schlug ich von hinten auf ihn ein und stieß ihn mit ausgestreckten Händen so heftig von mir weg, dass er gegen den Bus krachte. Ich wusste nicht recht, was ich tun sollte. Er prallte buchstäblich am Bus ab . Man stelle sich nur vor: Er dachte schon »Gott sei Dank!« – und aus dem Bus strecken sich ihm Hände entgegen, um bei der Flucht zu helfen. Eine üble Geschichte. Wir waren verrohte Ausländer, die zwei einheimische Jungs ohne erkennbaren Grund jagten und attackierten.
    Der arme Hund knallte – BÄNG! – gegen die Seite des Lotocao, und ich fiel auf ihn drauf. Alles um uns geriet ins Stocken, als sich dieser grausige Zusammenprall ereignete – die Leute kamen aus ihren Läden gelaufen, flehten, die Polizei möge eingreifen. Ich muss ihn wohl gepackt und hochgezogen haben; jedenfalls
saß er auf dem Straßenbelag, den Rücken an das Hinterrad des Busses gelehnt, das keine Radkappe trug. Es muss wohl ein extremes Durcheinander geherrscht haben. Ich erinnere mich jedenfalls daran, dass sein Kopf immer wieder gegen die Radmuttern schlug. Und ich weiß auch, dass ich mir sagte: Gib Acht, Dummkopf – halt deine Knöchel fern von den verdammten Radmuttern.
    Unterdessen nahm sich Geerlings den anderen Kerl vor – ein schändlicher Gewaltausbruch, den er sich da gestattete. Er hatte die Füße des Burschen in Richtung Nacken nach oben geknickt und versuchte, den armen Kerl zu einer lebenden Brezel zu verknoten. Eine große Menschenmenge hatte sich versammelt. Wir schlugen auf beide ein und beschimpften sie auf Englisch. Der Busfahrer hatte mitten auf einer Kreuzung gehalten; das sei ja wohl eine ganz üble Schlägerei, worum auch immer es gehen mochte. Und ich trug Shorts; ebenso wie Geerlings – ein abscheulicher Holländer, wegen Mordes gesucht, ein internationaler Verbrecher. Ich trat augenblicklich den Rückzug an.
    Nachdem sie den Bus bestiegen hatten, liefen wir in der Bar an der Ecke auf einen cafezinho ein und warteten darauf, dass sich der Mob versammelte. Ich erinnere mich noch an die beiden jungen Kerle und die anderen Leute im Bus, als der losfuhr und im ersten Gang um die Ecke bog, der alte asthmatische Motor röhrte, und dazu die beiden Opfer, die durchs Fenster pöbelten und die Fäuste schüttelten: »Ihr Dreckschweine! Wir bringen euch um! Ihr Ärsche!« – auf Brasilianisch … und wir lachten uns nur ins Fäustchen.
    Ich weiß nicht, warum wir in diese Bar gegangen sind – ein boutequim mit einer offenen Front und zwei Cent für eine Tasse Kaffee – und dann auch noch blieben, um alles irgendwie zu erklären. »Also, das waren ganz üble Kerle. Haben einen Hund geprügelt und gequält.« Es war nur schwer verständlich zu machen. Und dann, ganz plötzlich, füllte sich die Straße und Leute schrien, und ich dachte, Scheiße, was ist da los? Wird irgendwo
randaliert? Da geht was anderes ab. Es befanden sich vielleicht zehn Gäste in der boutequim , und wir standen mit dem Gesicht zur Straße. Dieser Mob hörte sich an, als wäre er zu einem politischen Protest zusammengekommen. Ich sagte zu Geerlings: »Scheiße, was soll denn das jetzt?« Manche brüllten besonders laut und zeigten auf uns, und dann waren da Cops mitten in der Menge. Ich kapierte: Scheiße, wir sind gemeint. Diese Dreckskerle waren an der nächsten Haltestelle ausgestiegen und hatten sich gleich den nächsten Cop gegriffen.
     
     
    Am Abend zuvor hatte ich auf der Avenida Copacabana hinter einer Bar einen Jaguar gesehen. Es gibt in Rio Bars, die aussehen wie die Deli-Imbisse in New York mit langen Tresen und Sitzen davor, außer

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