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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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sagten sie – und natürlich auch viel zu teuer –, um sie einer Bande wild gewordener Colorado-Cowboys anzuvertrauen, die sich für Café Racer der Weltklasse hielten.
    Die Ducati 900 ist in der Tat eine ausgezeichnet konstruierte Maschine. Meine Nachbarn nannten sie sehr schön und bewunderten ihre eleganten Konturen. Das kleine Miststück sah aus, als ob es bereits mit neunzig Meilen die Stunde davonzischte, obwohl es doch noch ganz brav in meiner Garage stand.
    Sie auf die Straße mitzunehmen war eine wahrhaftig Angst einflößende Erfahrung. Ich spürte mein Tempo nicht im Geringsten, bis ich plötzlich mit neunzig Sachen in einer nassen Kurve am Fluss auf eine Kolonne von Pick-ups auffuhr. Ich ging in beide Bremsen, aber nur die vordere funktionierte, und beinahe wäre ich über den Lenker geflogen. Ich hatte völlig die Kontrolle verloren und sah den Auspuff eines Lasters der US-Mail dicht vor Augen, hektisch nach dem Pedal meiner Hinterradbremse angelnd, das ich nicht finden konnte … ich bin einfach zu groß für diese New-Age-Straßenrenner. Sie sind nicht vorgesehen für Fahrer, die größer als eins fünfundsiebzig sind, und das Bremspedal befand sich nicht dort, wo ich es erwartet hatte. Es mag schon sein, dass kleinwüchsige italienische Zuhälter, die es ja wohl lieben, in weit vorgebeugter Haltung mit ihren Böcken auf den Prachtstraßen von Rom von einem Café zum anderen zu zischen, an solchen Maschinen Gefallen finden. Ich tue es jedenfalls nicht.
    Ich buckelte über dem Tank wie jemand, der in einen Tags zuvor geleerten Pool springen will. KLATSCHBATSCH! Auf den Betonboden geknallt, Hautfetzen fliegen, ein Wurstmensch ohne Zähne, für den Rest seines Lebens am Arsch.
    Wir alle lieben das große Drehmoment, und manche von uns haben es von Zeit zu Zeit auch mal über Gebühr strapaziert – was stets wehtut … Aber gleichzeitig kommt auch Spaß auf, der tödliche Faktor, der Spaß stellt sich echt ein, wenn du dies Monster anwirfst. WRUMM! Augenblicklicher Abflug, kein Kreischen und auch kein Zetern wie von einem Jammerlappen, deine Zähne graben sich in die Zunge, und in der großen Leere unter deiner Schädeldecke haust nur noch die Angst.
    Nein. Dies Miststück kommt gleich zur Sache und katapultiert dich gnadenlos auf die Strecke, ob du willst oder nicht.
    Kaum hatte ich bei meinem ersten Ausritt in den zweiten Gang geschaltet, hatte ich bereits die Höchstgeschwindigkeit auf dem zweispurigen Asphalt-Highway mit viel landwirtschaftlichem Verkehr überschritten. Als ich in den dritten schaltete, fuhr ich schon fünfundsiebzig, und der Drehzahlmesser zeigte nur wenig mehr als viertausend Umdrehungen an …
    Und da legte das Geschoss noch mallos. Von viertausend Umdrehungen rauf auf sechstausend im dritten Gang bringt dich in zwei Sekunden von fünfundsiebzig Meilen auf fünfundneunzig Meilen die Stunde – und danach, Bubba, haben wir ja noch den vierten und den fünften und den sechsten. Ho, ho.
    In den sechsten Gang hab ich es nie geschafft und weit hoch in den fünften auch nicht. Das ist zwar ein schmachvolles Geständnis für einen überzeugten Café Racer, aber lass mich dir etwas sagen, alter Sportsfreund: Dieses Motorrad ist einfach zu verdammt schnell, um es im normalen Straßenverkehr auszufahren, es sei denn, du bläst mit lodernden Eiern und einem stummen Schrei in der Kehle die durchgezogene Mittellinie entlang.
    Wenn sie bei hoher Geschwindigkeit in die richtige Richtung
gelenkt wird, beweist die Ducati jedoch übernatürliche Fähigkeiten. Das fand ich unfreiwillig heraus, als ich mich einer scharfen Kurve näherte, die über ein Bahngleis führte, und merkte, dass ich viel zu schnell war und meine einzige Chance darin bestand, nach rechts abzudrehen und voll Stoff zu geben, um in einem verzweifelten Versuch abzuheben und die Kurve zu überspringen.
    Das war ein verwegenes und leichtsinniges Manöver, aber es ging nicht anders. Ich kam mir vor wie Evil Knievel, als ich über die Gleise segelte, Regen in den Augen und die Zähne vor Angst fest zusammengebissen. Ich wollte auf die Schienen unter mir spucken, aber mein Mund war zu trocken … Ich landete hart auf dem Seitenstreifen und verlor für einen kurzen Moment die Kontrolle, als die Ducati wie wild in den entgegenkommenden Verkehr schlingerte. Zwei oder drei Sekunden lang sah ich den Wurstmenschen direkt vor mir …
    Aber irgendwie kriegte sich das Biest wieder ein. Ich überholte einen Schulbus auf der rechten

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