Königreich der süßen Versuchung
Verlobung, Jake!“, flötete eine Stimme, als Jake den Hörer abgenommen hatte. Schnell sah er sich nach Andi um, aber die hatte sich auf der anderen Seite des großen Raumes auf dem Sofa zusammengekauert und blätterte in einer Broschüre.
„Danke, Carina“, gab er reserviert zurück. Wie gut, dass die Frau am anderen Ende der Leitung sein breites Lächeln nicht sehen konnte. Mann, war er froh, dass er diese Schnepfe nicht heiraten musste.
„Was für eine Überraschung“, fuhr sie fort. „Ich hatte ja keine Ahnung, dass du mit deiner Assistentin … na ja, sagen wir mal, befreundet bist.“
„Du weißt ja, wie so was läuft. Das Ganze wirkt vielleicht etwas unprofessionell, aber was kann man schon gegen wahre Liebe tun.“ Er seufzte dramatisch auf.
„Sehr richtig.“ Sie räusperte sich kurz. „Daddy meint ja, dass du meine Zuneigung nur ausgenutzt hast. Aber ich habe ihm versichert, dass ich so was gut wegstecken kann, und ihm zugeredet, den Bau des neuen Industriezentrums trotzdem zu unterstützen.“
Diese nur kaum verhüllten Drohungen kamen ihm inzwischen nur allzu bekannt vor. Schließlich hatte er bereits drei anderen Anwärterinnen auf den Thron klargemacht, dass sie ihre Hoffnungen ad acta legen konnten.
„Das wäre wunderbar. Und Andi und ich freuen uns schon darauf, euch beide demnächst hier im Palast begrüßen zu können.“ Lächelnd legte er auf. Bisher lief alles nach Plan. Offiziell hatte er sein Versprechen gehalten, vor dem Unabhängigkeitstag seine Verlobung bekannt zu geben. Außerdem war er nun endgültig vom Heiratsmarkt, ohne dass die Väter seiner vielen Bewunderinnen all den wichtigen Projekten ihre Unterstützung entziehen würden. Wahrscheinlich war es taktisch klug gewesen, nicht eine dieser Töchter auszuwählen und damit die übrigen zu brüskieren.
Eigentlich merkwürdig, dass er nicht schon auf diese Idee gekommen war, bevor Andi das Gedächtnis verloren hatte. Dann bräuchte er jetzt nicht den Augenblick zu befürchten, an dem sie sich wieder an alles erinnern würde. Würde sie sich betrogen fühlen?
„Warum kommst du nicht zu mir aufs Sofa?“
Bei ihrem verführerischen Blick und dem sanften Tonfall beschleunigte sich sein Puls, und heiße Erregung erfasste ihn. Aber er musste sich zurückhalten. Denn solange Andi sich nicht erinnern konnte, durfte er nicht zu weit gehen, das hatte er sich fest vorgenommen. Denn so zu tun, als liebe er sie, oder aber tatsächlich mit ihr ins Bett zu gehen waren zwei sehr verschiedene Dinge.
„Das Essen war gut, aber irgendwie bin ich immer noch hungrig“, sagte sie leise und legte einladend einen Arm über die Sofalehne.
Verdammt, fluchte Jake unhörbar. Leider reagierte sein Körper nicht so, wie sein Verstand es gern hätte. Ohne dass er etwas dagegen tun konnte, sah er Andi plötzlich in ihren schwarzen Spitzendessous vor sich, und wildes Verlangen, sie zu nehmen, überfiel ihn. Sie wird es mir nie verzeihen, wenn ich unter Vortäuschung falscher Tatsachen mit ihr schlafe.
Aber waren sie wirklich falsch? Er hatte doch vor, sie zur Frau zu nehmen. Schon das allein war seltsam, denn er hatte eigentlich nie vorgehabt zu heiraten. Die lieblose Ehe seiner Eltern hatte ihn schon früh zu der Überzeugung kommen lassen, dass er sich niemals vermählen würde. Eine Vernunftehe wie die seiner Eltern kam für ihn nicht infrage. Sehr bald nach der Hochzeit schon hatten der Sohn des Königs im Exil und die Tochter einer der adeligen ruthenischen Familien, die ebenfalls im Exil gelebt hatten, feststellen müssen, dass sie außer ihrem blauen Blut nichts gemeinsam hatten. Aber da man sich in ihren Kreisen nun einmal nicht trennte, hatten sie diese Farce einer Ehe über viele Jahrzehnte aufrechterhalten.
Als das kommunistische System zusammengebrochen war und das Volk von Ruthenia erneut nach einem König verlangt hatte, waren Jakes Eltern bereits gestorben. Nach langen Überlegungen hatte Jake sich schließlich bereit erklärt, die Krone anzunehmen. Aber er dachte nicht daran, seine Pflichten als Regent auch noch mit ins Schlafzimmer zu nehmen.
Viel lieber wollte er Andi in sein Bett tragen. Wie sie da saß, die Beine hochgezogen, den einen Arm ausgestreckt, die rosigen Lippen erwartungsvoll geöffnet, war sie einfach unwiderstehlich.
Aber das war keine gute Idee. Sobald sie sich wieder erinnern konnte, war sie bestimmt ziemlich wütend über das, was er inzwischen angeleiert hatte. Er sollte sich lieber zusammennehmen und die
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