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Königsallee: Roman (German Edition)

Königsallee: Roman (German Edition)

Titel: Königsallee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pleschinski
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kehrt der alte Romankumpan, der gewiß allzu reichlich und zu hastig schrieb, aus dem verlassenen Amerika nicht ins Abendland zurück; will Feuchtwanger in Kalifornien sterben? – gaben kameradschaftlich ab, als fraglose Humanisten, von ihren Honoraren und Tantiemen, um den Zwangsvaganten der Kultur, den schamlos Ausgebürgerten, Brecht, Bruder Heinrich auch, der vertriebenen Ehre Deutschlands zu helfen.
    Im Geben bewies Kunstschaffen auch seinen Alltag.
    Die Dietrich spendete großzügig und dezent, Fritz Lang und Max Reinhardt wohl auch. Curt Bois, der famose Komödiant, besaß selbst nichts. Kurt Gerron war nicht entkommen. Den Reichscharmeur seit Stummfilmtagen hatte die dunkle Asselbrut in Theresienstadt zerfressen. O Verstand und Herz, wie sollt ihr armen Werkzeuge all das Verwerfliche und Monströse gestalten? Und wo warst du, lieber Kirchengott? Ein überraschender Helfer war, man staune, Charles Laughton. Das geniale Bulldoggengesicht, mit dem sich auf kalifornischen Cocktailpartys gelegentlich an einem Swimming-Bassin über die stete Misere der englischen Küche plaudern ließ. Der Leinwandstar überwies als offiziell feindlicher Brite eine erkleckliche Summe ans deutsche Emigrantennotopfer. Was für ein Charakter und Schädeltrumm mit Basedowschem Blick, primäre Häßlichkeit durch Ausdrucksvielfalt sofort fesselnd, ein wuchtiger Empfindlicher, einmal – wie Eri erfahren hatte – todunglücklich vernarrt in einen verehelichten Mitschauspieler … Tyrone Power, wahrlich der Name eines triumphalen Beaus, den merkte man sich …, dann offenbar in einen Strumpfhosenkomparsen, einen mittelalterlichen Schwertträger bei der Lichtspielfassung des Glöckners von Notre-Dame, bei welcher Laughton sich als Quasimodo monstrumhaft und leidend an den Wasserspeiern der Kathedrale entlanghangelte. – Ein Energiestarker, wie er, war gewiß erpicht auf fleischlichen Vollzug mit Gleichgestimmten, mit dem apollinischen Mannsvolk. – Manns Volk? … Na, ganz so populär werden und müssen wir wohl niemals werden. Es sey.
    Fleischlicher Zusammenschluß. Prekär. Unverhüllt es mit dem Unverhüllten treiben. Der Gegenakt zur angeborenen und anempfohlenen Dezenz. Obszön. Herrlich. Rissen Laughton und André Gide und Oscar Wilde Hemden herunter, speichelten sie lüstern, grunzten in ein Grunzen? Phallusiade und … Lochparade. Mit Civilisation waren die Fleischverschmelzung und der Saftzusammenstrom kaum herbeizuführen, geschweige denn zu vollbringen. Das war ein Haken für den Betulichen, für den Cerebralmenschen, den möglicherweise plötzlich kraftlos Überwältigten. Pure Anbetung blieb schmerzlich schön; bis auf damals, die heldischen Kinderzeugungen – wacker und sogar recht nonchalant bewerkstelligt, vom hilfreichen Weib gelenkt –, und natürlich bis auf damals, als beinahe und dann doch, unwiderstehlich, die urtümlichste Festmusik spielt denn doch nicht über dem Kragen, sondern im Rumpfgeschmeide … Umtanzt mich, ihr Schönen, vor allem du, Triton und Sohnes-Ebenbild … Ein letzter Schemengruß für den greisen Morgensymphoniker.
    Nichts hilft. Man bleibt geplagt – von allem – bis ins hohe Alter. Vor Toresschluß noch weher.
    Mir ist Weh und Freud geschehen, denn ich atme unter Lebendigen.
    Bettwäsche knistert nicht. Sie raschelt. Eine unliebsame, vielleicht gar säuerliche Schlafstickigkeit muß den Raum erfüllen. Man selbst roch es am wenigsten, das verdampfte Ich. Hingen die Hemden im Schrank und der Frack glatt? Wurde der Hund in Zürich akkurat versorgt? Das neue demokratische Personal läßt es oft an Achtsamkeit fehlen. Doch schon ehedem wurde in der Küche herumgegähnt, das Besteck verkehrt neben den Tellern placiert, Honig stibitzt. In einem Künstlerhaushalt meinte manches Wesen, das sich mit Knicks und Verbeugung für Lohn und Brot vorgestellt hatte, ließe sich eigennütziges Larifari betreiben. Die geforderte Gefährtin war aus den Vorstellungsgesprächen – Aber ja, gnä’ Frau, no problem, mam – und den Entlassungsbescheiden gar nicht mehr herausgekommen. Die wenigsten Domestiken, oder sagte man jetzt vielleicht Mitarbeiter?, hatten der Hausherrin bei ihrer täglichen, nein eher dreitäglichen Suche nach ihrem verlegten Schlüsselbund – fast eine legendäre Schwachstelle der Großartigen – beflissen mitgeholfen. Unter Kissen wurde gelugt, bis sich Katias Schlüsselgarnitur bisweilen in einer Lade wiederfand. Befand man sich zwischenzeitlich bar jeden Personals und war Katia

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