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Königsallee: Roman (German Edition)

Königsallee: Roman (German Edition)

Titel: Königsallee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pleschinski
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und ihren Schnürschuhen, die farblich allerdings zum Cognac paßten, den sie Besuchern und ihm servierte.
    Es hatte wenig Sinn und war unpassend, als Chef die Unterlagen der Zuarbeiterin zu durchwühlen und zum zweitenmal in die private Keksdose zu spähen. Auf welch niedrigem Niveau konnte ein Tag bisweilen aus den Fugen geraten.
    Clemens Merck begab sich in seinen getäfelten Bereich. Das Waldpanorama an der Wand sollte beruhigen und erbauen. Leider nahm das Auge nach manchem Jahr die Lichtung in Öl kaum mehr wahr. Spektakulärer und durchaus erzählenswerter als der Krankenstand wegen einer Gleisvertiefung war im frühen Sommer der Ausflug einer sehr raren Schwarzafrikanerin gewesen, die auf dem Wege irgendwohin hier Station gemacht hatte. Tagsüber hatte man ihr langes, gerafftes und gefälteltes Gewand bewundert, den gleichfalls grünen Kopfputz dazu. In der Nacht war sie somnambul auf das Dach gestiegen und bis aufs Nachbargebäude gewandelt. Die Feuerwehr hatte sie gerettet. Keine leichte Aufgabe.
    Der Direktor, gebürtig aus dem Markgräfler Land und wegen seinem Diabetes ungedient, schob die Daumen hinter Gürtel und Hosenbund. Die Dichtertochter, hatte er auf seinem allmorgendlichen Marsch durchs Haus erfahren, hatte «einen Pool» gesucht. Das Schwimmbad war in unbestimmter Planung.
    Ein Dichtersohn war auch noch eingetroffen. Warum nicht? Sollten die Berühmtheiten mit ihrem Nachwuchs den Hof bis unter den Wimpelkranz füllen. Rabatt für Großfamilien, die sich in den Fluren verteilten, war nicht vorgesehen.
    Fünfter Stock! Wegen der undefinierbaren Kundschaft, die keine Höchstpreise zahlte, immer ein Problemrevier … Die Silvesterböller im Gang, ein vergessenes Kind … In den Fünfhunderterzimmern hatten zwei Herren die Betten ummöbliert. Merck runzelte die Brauen. Der Asiate hatte am Empfang irgendwie angedeutet, er neige möglicherweise zum Nachtwandeln und brauche Bewachung. War das außerhalb Europas weitverbreitet? Ein zweiter Fall an der Regenrinne war nicht wünschenswert. Auch die Feuerwehr würde froh sein.
    Sogar das Tippen fehlte. «Besenfeldt, laß deine Radbremse reparieren!» rief er vergebens. Bandagiert würde die Braune für jedes Schreiben eine Zeitlang doppelt so lange brauchen.
    Hauptsache, sie stellte wieder Telephonate durch. Der leidgeprüfte Hotelleiter ließ sich unterm Waldbild in einen Sessel sinken.
    Der grüne Forst wirkte doch ein wenig.
    Er atmete durch und schaute zu seinem Apparat hinüber.
    Der Galaempfang für den Dichterfürsten war bis in alle Einzelheiten geregelt und in Vorbereitung. Das Procedere konnte er noch einmal mit dem Lagerverwalter und dem Chef de Cuisine durchsprechen. Aus «atmosphärischen Gründen», sagte Merck durch den recht dunklen Raum, solle nach der Lesung im Schumannsaal das Essen im Künstlerhaus Malkasten stattfinden. Der Neubau besaß noch keine eigene Küche, und die Kulturverwaltung hatte alles Notwendige beim Breidenbacher Hof geordert, Tischwäsche, Speisen und Getränke, um den Abend in der Jacobistraße zu bestreiten. Ein ungeheurer logistischer Aufwand! Bei Geburtstagen, Jubiläen, einmal für eine Veranstaltung der Henkel-Werke, hatte man solche Festauslagerung, die eine Zusatzeinnahme in die Kasse spielte, reibungslos bewältigt. «Catering», hatte ein Soßenkoch, der im Londoner Savoy gelernt hatte, gescheit einfließen lassen – natürlich hatte solch ein Mann oft nicht nur Mayonnaise im Kopf –, nenne sich der neuartige Service im Angelsächsischen. «Nun gut, dann also das», sagte Merck.
    Der stämmige Gastronom und Hotelier, der im Namen einer Eigentümerfamilie wirkte, begab sich hinter seinen Schreibtisch und nahm Platz. Kein Pochen an der Tür, kein Klingeln seit zehn Minuten – auch seltsam. Leitete die Telephonistin, die vom Radunfall informiert war, sämtliche Anrufe zum Empfang weiter?
    Das wäre ein gutgemeintes Mißverständnis.
    Es würde gewiß gleich das erstemal läuten, sicherlich im Vorzimmer. Die Besenfeldt hatte die stolze Durchwahl -01; er selbst -00. Das mußte endlich geändert werden. Sogar wenn seine Frau anrief, spöttelte sie unverhohlen: Hab’ ich die Nullnull, also Clemens … Heute war Liselotte mit dem neuen Borgward, immerhin ein Hansa 1800, auch bei guter Position ein finanzieller Kraftakt, zur Schwiegermutter ins Siegerland aufgebrochen. Mochte sich das Gespann für eine Weile, ein paar Wochen, im Gebirge verlaufen. Liselotte trug so gar nichts mehr zu auch nur dem geringsten

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