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Königsallee: Roman (German Edition)

Königsallee: Roman (German Edition)

Titel: Königsallee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pleschinski
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Gastlichkeit!»
    «Sie betonten selbst: Wir sind besetzt.» – Dem Personal schien die völlige Lockerung jedweder Form sogar einen Mordsspaß zu bereiten, der alsbald rigoros wieder gedämpft werden mußte. «Finden Sie den Weg zu ihrem Zimmerchen, Herr Kesselring? Oder muß Sie jemand begleiten?»
    Clemens Merck rieb sich die Hände. Zumindest das hatte er zuwege gebracht; das Haus wirkte in dem neuen, sogenannten Team-Geist zusammen.
    Das Frühstück gäbe dem Idol der letzten einsatzwilligen Frontkämpfer den Rest. Aufs Schellen käme kein Krümel. Aber schon war der Duschkopf abmontiert. Irgendwo mußte man ja mit dem Renovieren anfangen. – Merck erblickte den Zettel, auf dem die Besenfeldt die Nummer der Stadtbaurätin notiert hatte, um ihr wegen des Generalstabschefs Vollzug zu melden. Der Direktor hob plötzlich wie zur eigenen Belehrung den Finger. Am besten kein striktes Hausverbot für den Herrn. Man mußte handeln wie die junge Republik, in manchem Einzelfall und leider auch in Massen die Fanatisierten von früher einsaugen ins Neue, sie domestizieren, gefügig machen, auf daß es nicht zu Staatsverweigerung, Putsch und ausuferndem Breidenbach-Boykott käme. Wie gescheit und diplomatisch! Der Hotelchef zündete sich eine Zigarre an. Das dosierte Vergraulen mußte ein absoluter Sonderfall angesichts der Pflicht zur möglichst geschmeidigen Beherbergung von Gästen bleiben.
    Es war gar nicht übel, mal ohne Diktate und hektische Ferngespräche so in den Tag zu trudeln.
    An der Pförtnerloge des Personaleingangs humpelte derweil Jolanda Besenfeldt vorbei. Ihre Schulter konnte sie gut bewegen, statt dessen war ein Bein bandagiert. Sie stützte sich auf einen Schirm als Stock. Nach dem Arztbesuch hatte sie es daheim auf dem Sofa nicht ausgehalten.
    «Kann ich Ihnen helfen?» fragte der Angestellte hinterm Glas.
    Die Sekretärin verneinte.

Frühstück
    Zwei junge Frauen vom Zimmerservice, vorzeiten gerne Kammerkatzen genannt, rollten und eskortierten den doppeletagigen Wagen mit dem Frühstück in den Salon. Gedecke, Teewärmer mit Kanne, ein Silberkorb mit Brötchen und Brotauswahl, gekochte Eier unter wattierten Hütchen mit den Initialen B. H. füllten die obere Fläche. Auf der unteren verbargen sich unter Abdeckhauben gewiß Käse, ein Wurst- und Schinkensortiment und mancherlei mehr. Die unterschiedlich großen Messingräder des Wagens waren gummiert und geräuschlos. «Guten Morgen, der Herr.» «Wir hoffen, Sie haben angenehm geruht.»
    «So gut als möglich», antwortete es, «danke.»
    Während eine Servierhilfe die Fracht neben den runden Tisch plazierte, warf die andere ein weißes Tischtuch aus und strich Knicke glatt. Der Kopfschmuck der beiden Eingespielten war spartanisch, neuzeitlich-republikanisch. Keine gestickten Bänder fielen vom Haar über Nacken und Rücken und schwangen mit jeder Bewegung. Jetzt genügten schmale Leinendiademe als Berufszubehör. Flink wurden Konfitüremenage und Obstetagere vom Wagen genommen; als eine der beiden Angestellten bei einem Schrittchen rückwärts zum Begutachten der auf den Tellern drapierten Servietten ihre Begleiterin versehentlich anstieß, reagierte die mit einem Blick, der zu besagen schien: Perfekt. Die Schwarzlockige und wohl etwas ältere mochte für einen winzigen Augenblick wissen, daß sie in einer großen, alten Tradition von allerdings nur unbefriedigend entlohnter Dienstbarkeit stand. Ihre Vorgängerinnen und Vorgänger im Service hatten durch erbetene Hinweise und Ratschläge oft vielleicht sogar die Weltgeschichte beeinflußt. Aber gut, daß sie nicht früher gelebt und als Engländerin möglicherweise auf der Titanic gearbeitet hatte. «Wünschen der Herr die Blumen auf dem Tisch zu behalten?» Nach einem Nicken verblieb das Nelken-Gerbera-Arrangement neben dem Brot. Auch die Jüngere hatte oder fand etwas zu fragen: «Wünschen Sie den Sekt schon geöffnet?» – Die Flasche Eltviller Hausgeister blieb verkorkt im Kühler.
    Wie schön doch solch ein Morgen sein konnte, schien als Aufforderung unterm Lüster zu schimmern. Die Stores waren weit geöffnet und von Kordeln gerafft. Durch die Gardinen strömte helles Licht, und beim Blick ins Schlafzimmer war am wehenden Vorhang zu erkennen, daß der Gast selbst gelüftet hatte. Dorthin zog sich Jeanette Sulzer, die jüngere Hilfskraft, zurück, schloß die Türflügel von innen, um durchs Bettenmachen das Ende der Nacht gänzlich zu besiegeln.
    «Bitte klingeln Sie, wenn Sie noch Wünsche

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