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Königsallee: Roman (German Edition)

Königsallee: Roman (German Edition)

Titel: Königsallee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pleschinski
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allem, wir mögen Sie!»
    War das vielleicht schon wieder zu viel Rausch? Egal. Stadtrat Giesewind, dessen Neffe Kasimir durch die Lektüre des Tods in Venedig reichlich eigentümlich geworden war und aus dem Fenster nach fernen Gestalten schmachtete, spendete einen kurzen Applaus. Alles geriet durcheinander, und das war gut so. Stadträte näherten sich den Gästen und drückten aufs Geratewohl Katia und Erika Mann die Hand, wagten sich auch vor den Dichter, der lächelte und freundlich das Haupt neigte.
    «So gehören wir denn zusammen», vernahm man von ihm, fast lautlos über trockene Lippen, «vielleicht. Mag sein. Wird sich weisen.»
    Aus der Ferne neben der Litfaßsäule beobachtete Fräulein Anita am Besen das ungewöhnliche Vormittagsspektakel. Ein Dichter, Reden und erheblicher Aufruhr.
    Thomas Mann erhob sich. «Nicht, Zauberer, deine Stimme», sprach die Tochter von der Seite hoch. «Laß nur, Eri, die Pflicht will’s.» Katia Mann stand mit dem Gemahl auf: «Dann tu’s. Ist schon recht, alter Recke.»
    Die Stille war vollkommen.
    Rauh, leise hub die Stimme an, doch ihre Diktion war makellos: «Ich danke. Ich danke für die Aufmerksamkeit, die mir durch diese Stadt zuteil wird. Und wir hoffen, morgigentags bei leidlich wiederhergestelltem Organe zu sein. Ich danke spröde, doch das Herz ist dabei. Schreiten wir voran durch die sinnreich erwähnten Wirrnisse, kühn, immer das Ziel vor Augen, daß dieser mein Goethe benannte: Freiheit und Bildung. Es gibt nichts anderes. Zwischen allerlei Decor interessiert nichts anderes wahrhaft. Wer mit von der Partie sein mag: Willkommen! Wer Feind ist, Besinnungsloser, so denn, wir bleiben auf der Hut und lassen von der Zähmung aller Bestien nicht ab, des Dummen, des Fahrlässigen, des, ja, Ferkelhaften im Feinde der Wohlfahrt.» Das Sprechen fiel schwer. «Gut denn, ich wurde über alles Maß gelobt. Das soll nicht sein, das ist menschlich nur zu willkommen. Größe. Meine Dame, meine Herren, ach, welcher Dunst. Ich habe mich nie für einen großen Mann gehalten. Ich habe mein Leben verbracht im Aufblick zur Größe und zum Meisterhaften, und ich habe dabei aus Liebe und Bewunderung gelernt … Aus dem Aufblick ist zuweilen ein gewisser Einblick geworden, und so ist ins Werk eine Anspielung auf Größe eingedrungen. Ich denke sehr nüchtern über meine Verdienste.»
    Der Applaus war lautstark und anhaltend, und hinter der Rezeption, wo Herr Friedemann das Telefon bewachte, um beim ersten Klingeln mit vorgehaltener Hand in die Muschel zu sprechen, klatschte leise auch Fräulein Helga, die längst aus dem Büro hervorgekommen war.
    «Brav», hörte man Frau Mann, die ihrem Lebensgefährten gleichzeitig ein Dragee oder eine Pille in die Hand drückte. Frau Erika Mann-Gründgens-Auden hakte sich wieder stützend bei ihrem Vater unter. «Nicht gar zu fest, Eri», mißbilligte die Mutter, «das mach’ ich schon richtig, Mielein, nicht wahr, Zauberer?», gab sie zurück.
    Die Manns entfernten sich zum Aufzug. Die Pagenschar griff die Koffer und trug im Gänsemarsch die Zürcher Reisenotwendigkeiten hinterher. Herr Elkers sperrte die Eingangspforte auf, an deren Glas Schaulustige und auch ein paar Gäste, die aufmerksam geworden waren, sich die Nasen platt drückten. Die Stadträte fühlten sich verlassen und wieder gräßlich allein mit all dem Verwaltungseinerlei. Chefrezeptionist Siemer besann sich; was sollte er tun? Der Ostpreuße entschloß sich. Er verließ den Empfang und eilte den Gästen nach, die gerade den Lift erreichten.
    «Verzeihen Sie, gnädige Frau.» Siemer wandte sich an die Tochter. Die Frau im Hosenanzug blickte irritiert.
    «Das Haus hofft, Ihnen in jeglicher Weise dienlich sein zu können. Äußern Sie bitte jeden Wunsch.»
    «Danke», antwortete sie, «sehr nett.»
    «Doch eine gröbste Formalität.» Siemer hatte das Gefühl, daß bereits vor dem Eintreffen des Nobelpreisträgers bei manchem Angestellten, er inbegriffen, ein sprachlicher Verfeinerungsdrang mysteriös um sich gegriffen hatte: «Also etwas leider Unabdingbares wäre noch zu bewältigen.»
    «Das wäre?»
    «Gäste, das verhielt sich auch im Falle von Marika Rökk, Reichspräsident Hindenburg oder der verunglückten Solistin aus Kanada nicht anders, sind gehalten, ihren Aufenthalt zu bestätigen und die Buchung zu unterschreiben, die vom Veranstalter übrigens schon beglichen wurde.»
    «Ach so. Natürlich.» Erika Mann folgte dem Rezeptionisten zum Empfang, während die Eltern in

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