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Königsallee: Roman (German Edition)

Königsallee: Roman (German Edition)

Titel: Königsallee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pleschinski
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die Beletage fuhren.
    «Bitte», legte Siemer das schwere große Gästebuch des Breidenbacher Hofs vor, «es ist ja eigentlich auch nur eine Ehre, Ihren Namen hier verzeichnet zu sehen.»
    Erika Mann benutzte ihren eigenen Montblanc. Präsidenten-, Benrath- und für sie selbst die Jägerhof-Suite. Annehmbar.
    Meyers aus Kassel … eine Sophie Schollentur aus Graz, Herr und Frau Fiebrink auf irgendwelchen Zimmern.
    Sie fixierte das Geburtsdatum: 12. April 1909.
    Ort: Rom.
    Die Stirn runzelte sich. Erika Mann umgriff die Buchhälften. «Ein Glas Wasser?» fragte Oskar Siemer besorgt.
    «Undenkbar.»
    «Wie belieben? Nur die Unterschrift.» Der Empfangschef hätte das Verzeichnis mit Personalien gerne wieder in seinen Händen gehabt.
    «Er? Nicht möglich.»
    «Ein großes Haus mit viel Kommen und Gehen.» Siemer wurde unruhiger.
    Frau Mann starrte ihn an. «Heuser? – Sylt! – München. – Seine Augenweide. – Sie waren zusammen im Arbeitszimmer. Poschinger Straße. – Nein: Heuser, Shanghai. Er wurde Joseph. Vielleicht auch Krull. – Es gibt zwei, es gibt sehr viele –»
    «Wir haben hier nur einen. Mit einem Farbigen.»
    «Die große Liebe.»
    «Ja, das ist etwas sehr Schönes», rätselte Siemer, «aber wann passiert das schon?»
    Erika Mann fixierte ihn abermals, wie unter Schock, bleich: «Was tun?»
    «Lieben?» wagte Herr Siemer ins Ungefähre.
    «Hier?»
    «Nun ja.»
    «Ganz undenkbar.»
    «Kann sein.»
    «Vor einem Vierteljahrhundert. Satan … Engel, Komet.» Siemer sah auf die recht ordentliche Unterschrift des Gastes.
    Offenen Mundes, mit seltsamsten Regungen im Gesicht, die im fliegenden Übergang Unglauben, Schrecken, auch etwas Irrsinniges ausdrückten, unterschrieb die Schriftstellerin die Suitenbuchung.
    «Der Geliebte.»
    Ihr Gegenüber schwieg jetzt.
    «Hat bereits hier geschlafen. Und er, ich meine ihn, er wird dieselbe Nachtluft mit ihm teilen? Gott trifft sein Geschöpf. Das Geschöpf sein Staunen. Nein. Das ist zu viel. Und Mama? Sein Herz, die Herzen.»
    «Indiskretionen sind uns im äußersten Maße zuwider. Aber», Herr Siemer versuchte, etwas in irgendeiner Weise offenbar höchst Aufwühlendes zu dämpfen, «wir haben zwei Gäste, die von Kalckreuth heißen, doch in keiner Weise verwandt sind.»
    «Der Herzensschatz. China? Unfug», Erika Mann wischte sich einen Spuk vom Gesicht.

Das Verbot
    Die Zimmer 500 und 501 lagen nach Südwesten. Für ein Dachgeschoß waren sie geräumiger als vermutet. Vor allem die Verbindungstür zwischen beiden Unterkünften überraschte. Es handelte sich um keine halb verbarrikadierte Luke, sondern um eine veritable Flügeltür, deren weißlicher Lack allerdings rissig und teils abgesprungen war. Auch in Sachen Mobiliar hatte man hier oben in Sperlingslust eher Restbestände verstaut als die Mansardenschräge durchgreifend gestaltet. Die Schränke waren mit Zopfmuster verziert und wiesen Brandspuren auf. Der Spiegel des Frisiertisches mußte auch zum Ankleiden dienen. Zwei modernere Cocktailsessel mit ramponiertem Flauschbezug standen vor der Wand. Der obere Tapetenrand war von Wasserschäden eingedunkelt. Da man es sichtlich mit einer Art Rumpelkammer des Grand Hotel zu tun hatte, hatte Anwar nicht lange gezögert und Klaus aufgefordert, zuerst die Matratze hinüberzutragen; danach hatten sie das Bett von 500 neben das Bettgestell von 501 gehievt und geschoben. So ergab sich denn doch ein passables Doppelzimmer. Wenn man durch die Fenstertüren auf die handtuchbreite Balustrade mit schwarzem Eisengitter trat, genoß man im übrigen einen phänomenalen Blick über die Dächer, Schornsteine und die Brachen der Stadt. Die rötlichen Natursteingiebel des Stahlhofs überragten das weitläufige Gemenge aus Schindeln und Teerpappen.
    «Schön ruhig», bemerkte Anwar.
    Der Indonesier hatte es sich auf dem Bett bequem gemacht. Er lag in Hemd, Hose und Strümpfen und drehte nach langem Marsch durch die Straßen zur Entspannung die Füße, deren Gelenke knackten.
    Klaus stimmte zu. Er saß am Frisiertisch und hatte seine Beine auf die Glasplatte gelegt, was zu hart war, so daß er ein Kissen ergriff und unter die Füße schob.
    «Jetzt kochen Mama Heuser Würste und singt.»
    «Die werden nicht gekocht, sondern brutzeln in der Pfanne.»
    «Bruzzeln?»
    «Mit Fett. Daß es spritzt.»
    «Unsere Suppe war schwer.»
    «Erstklassige Linsensuppe von Dauser. Die ist ein Muß in Düsseldorf. Die ganze Stadt genießt sie seit hundert Jahren.»
    «Hier immer Steine im

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