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Königsallee: Roman (German Edition)

Königsallee: Roman (German Edition)

Titel: Königsallee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pleschinski
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imponierte –, schien sich bei der knisternden Zeitungslektüre prächtig zu amüsieren. «Geht doch zusammen Ost und West. Erstmals wieder Speisewagen zwischen Munschen und Lie-ep-pss- »
    «Leipzig?»
    «Wo du kannst zahlen in Ostmark und Westmark selbe Preis, Schnizzel und Bockworst. Leider immer alles gleich für Ostmark leer gegessen. Mitropa ratlos .»
    «Noch was?»
    «Harvard University hat neue Doktor. Titel. Now you can become Dr. Roboter . That seems to be a very modern degree in sciences. You get it for catchy calculations.»
    «I won’t get it. I don’t aspire to it.» Heuser machte durch ein Schnaufen deutlich, daß er sich wieder seiner eigenen Lektüre widmen wollte. Er zog ein weiteres Kissen vom Bett, da die Frisiertischkante in die Waden schnitt. An solchem Nachmittag bewährte sich der kurze goldfarbene Hausmantel, dessen Seide je nach Witterung ein bißchen kühlte oder wärmte. Er strich sich übers Haar und blätterte um. In die Lektüre vertieft, beachtete er nicht, daß Anwar aufgestanden war, sich gereckt hatte und ohne nennenswerte Scheu ins Zimmertelephon sprach: «Bitte Tee auf Ssimmer 500 und some cake dazu. Yes, fünfhundert oder auch fünfhundertone. Für zwei Menschen. Merci beaucoup.»
    «Die haben noch nie Kuchen in die fünfte Etage gebracht.»
    «Ist doch Hotel», wunderte sich der Freund.
    «Service in Deutschland ist etwas anders als daheim. Bitte nicht solche Alleingänge.»
    «Ah, muffelig», benutzte Anwar eine seiner Lieblingszurechtweisungen und strich sich mit der angefeuchteten Fingerkuppe über die blauschwarzen Brauen. Es dauerte nicht lang, es klopfte. Nur an welcher der beiden Türen? Auf das «Herein» waren Schritte im Zimmer 500 zu hören. Statt sich mit dem Tablett und dem Bestellten sofort den Gästen zuzuwenden, fixierte der Kellner einen Moment lang das eingedunkelte Bodenrechteck, wo bis vergangene Nacht ein Bett gestanden hatte. Zuerst wollte Klaus Heuser vorschieben, daß seine Reisebegleitung für exotische Leibesübungen zwei Matratzen nebeneinander benötigte; dann aber lehnte er jegliches Erläutern der kleinen Ummöblierung ab. Der Kellner hieß Starke, denn dies war rot in die Brusttasche seiner weißen Jacke eingestickt. Nach seiner anfänglichen Verwunderung schien sich Herr Starke mit einem Mal sogar sichtlich zu freuen: «Ein aromatischer Darjeeling und einige Petits fours. Ich hoffe, es ist recht so.»
    «Einfach auf den Tisch.»
    «Darf ich mir erlauben anzumerken –», ein Hinweis durfte dem grauhaarigen Angestellten zugebilligt werden, der daheim gewiß Frau und Kinder durchzubringen hatte, «– unten und in den Suiten wird natürlich Tag und Nacht serviert. Besonders wenn anspruchsvolle Gäste, wie wir sie derzeit beherbergen, zugegen sind. Nobelpreisträger, soweit ich verraten darf.»
    «Gewiß, die Prominenz stieg immer im Breidenbacher Hof ab», warf Klaus Heuser ein, der sich für ausgezeichnete Spitzenphysiker und hochdekorierte Laborkoryphäen jetzt allerdings nicht brennend interessierte.
    «Aber ein Haus», erklärte der Kellner, «beweist seinen Rang erst, wenn auch den Gästen unterm First quasi jeder Wunsch von den Augen abgelesen wird. Die Himbeermakronen à la Ritz gelten als Spezialität unserer Konditorei. Ich hoffe, Sie sind zufrieden. Ich wünsche eine angenehme Teestunde.» Herr Starke gewahrte einen vollen Aschenbecher, nahm ihn und ersetzte ihn durch einen frischen aus seiner Jackentasche. «Falls Sie einen Tisch fürs Abendessen reservieren möchten?»
    «Danke.»
    «Wählen Sie wieder 110.»
    «Wir lassen uns treiben.»
    «Sehr wohl. – Das wünscht sich ein jeder.» Letzteres klang seitens eines Teeservierers fast ein Gran zu privat. «Gegen die Abendsonne haben Sie eine Markise. Die kleine Kurbel verbirgt sich hinter der Klappverschalung.» Dezent ergriff Herr Starke, dem Feingefühl nicht ins Gesicht geschrieben stand, das Trinkgeld, und die insgesamt doch hochmotivierte Hauskraft verließ die Unterkunft nun durch die nähere Tür von 501. «Here we are», kommentierte Anwar. «Een zeer aangename man, opmerkelijk», er ließ sich mit einer Tasse neuerlich auf das Bett sinken und biß in ein Himbeer-Ritz. «Was machen wir abends? Zu deine Eltern?»
    «Das ist doch zu merkwürdig.» Klaus Heuser raunte über das schmale Buch, das er sich bei Ganseforth, die vorzeiten auch die Schulfibeln geliefert hatten, gekauft hatte. «Die Geschichte spielt in Düsseldorf.»
    Anwar schaute plötzlich wie unangenehm berührt,

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