Königsallee
»Ich bräuchte einen Partner, falls ich Maisel befrage.«
»Klar, ruf mich an, meinetwegen mitten in der Nacht. Hab sowieso einen schlechten Schlaf. Wer von uns gibt dem MK-Leiter Bescheid?«
»Ich mach das.«
Sie gaben sich die Hand, als würden sie eine Versöhnung besiegeln.
62.
»Kaffee?«, fragte Simone. Sie war gespannt, was Lohmar auf der Pfanne hatte.
»Danke«, antwortete der Unternehmensberater, »so spät lieber nicht.«
»Dann eben Wein, wenn’s ein einfacher Cabernet aus dem Supermarkt sein darf.« Simone entkorkte die Flasche. Gut, dass sie zwei davon gekauft hatte.
Er fragte: »Was hat Jewgeni Ihnen angetan?«
»Bitte ersparen Sie es mir, Details zu nennen. Jedenfalls hat er mich gestern mit K.-o.-Tropfen schachmatt gesetzt und heute versuchte er es schon wieder. Mitten im Rathaus, es ist unglaublich.«
»Er scheint Sie zu mögen.«
»Ihre Scherze können Sie sich sparen.«
»Kroll hat sich jedenfalls unmöglich verhalten.«
Sie reichte Lohmar ein Glas.
Lohmar schwenkte es und trat ans Fenster. »Schöne Aussicht.«
»Demnächst blicke ich noch auf zwei weitere Hochhäuser.«
»Nach allem, was man hört, wird sie ein Architekt von Weltruf bauen.«
»Sind Sie stolz darauf, dass Ihr Russe das Hafen-Congress-Centrum retten wird?«
Lohmar wandte sich zu ihr um. »Er ist nicht mein Russe.«
Simone wies auf das Sofa. Der Weißhaarige nahm Platz.
Sie wählte den Sessel. »Was ist er dann?«
»Ein Geschäftspartner, mit dem ich viel Geld verdient habe. Ich habe Häuser für ihn erworben, Betriebe in diversen Branchen, sogar die Diskothek, in der Sie gestern Abend getanzt haben. Kennen Sie das Goldene Einhorn? «
»Dort speist Kroll am Vorabend jeder Ratssitzung mit dem Fraktionsvorsitzenden.«
»Das gehört jetzt auch meinem Klienten. Ferner habe ich für ihn eine gemeinnützige Stiftung gegründet sowie ungemein nützliche Briefkastenfirmen. Eine ganzes Geflecht davon. Und ich habe Kontakte geknüpft.«
»Das heißt, Sie haben nicht nur den Oberbürgermeister gekauft.«
»Mein Klient denkt langfristig.«
»Zuallererst hat er jedoch Sie in die Tasche gesteckt. Warum sollte ich Ihnen vertrauen? Sie, Karpow und OB Kroll – das ist doch jetzt eine eingeschworene Gemeinschaft. Und ich bin ein Störfaktor, weil ich mich von einem Bodyguard des großen Investors nicht widerspruchslos vergewaltigen lasse.«
Lohmar hielt das Glas gegen das Licht der Stehlampe. »Haben Sie mir etwas in den Wein gekippt, um sich dafür zu rächen?«
»Probieren Sie’s aus.«
Der Kerl lächelte, roch am Glas, nahm einen Schluck und ließ sich Zeit, als sei es ein großer Tropfen.
Lohmar hat Stil, fand Simone.
»Sie sollten mich inzwischen besser kennen, Frau Beck. Mich steckt niemand in die Tasche. Ich schließe lediglich Projektverträge über begrenzte Zeiträume. Ich bin finanziell unabhängig genug und kann Jobs auch ablehnen. Wenn morgen Nachmittag alles unter Dach und Fach ist, endet meine Beziehung zu diesem Klienten. Am kommenden Wochenende fliege ich erst einmal in den lang verdienten Urlaub.«
Simone hielt sich an ihrem Glas fest. Dieser Unternehmensberater war ein Mann mit Regeln, die ihr gefielen – wenn es stimmte, was er sagte.
»Was wollen Sie mir über Krolls neue Freunde verraten, Herr Lohmar?«
»Ich heiße Ulrich.« Der Weißhaarige hielt ihr sein Glas entgegen.
Sie stieß an. »Simone.«
»Jetzt können wir uns endlich duzen. Geküsst haben wir uns ja schon.«
»Hab’s vergessen.«
»Schade.«
»Zur Sache, Ulrich.«
»Du hast völlig recht, wenn du diesen Leuten nicht über den Weg traust. Jewgeni ist nicht der Einzige, der eine Schraube locker hat. Es tut mir aufrichtig leid, wenn er dir etwas angetan hat, und ich möchte dich herzlich bitten, auf Mallorca mein Gast zu sein. Du könntest Abstand gewinnen und Erholung tanken.«
»Kroll wird mir keinen Urlaub genehmigen.«
»Brauchst du diesen Job?«
»Bin ich darauf angewiesen, Geld zu verdienen? Ist der Papst katholisch?«
»Ich habe genug zurückgelegt, dass es auch für zwei reicht.«
Simone ließ den Wein im Glas kreisen und spottete: »Klingt ja fast wie ein Antrag.«
Er sagte nichts. Sie wich seinem Blick aus und schenkte nach. »Ulrich, wer sind diese Leute?«
»Die Antwort weißt du. Du hast den Clan kennengelernt. Wer ist unter den Frauen die Nummer eins?«
»Laut diesem schrecklichen Leibwächter heißt sie Turinowa.«
»Und unter den Männern?«
»Der Große. Jewgeni nannte ihn Wladimir. Der Mann der
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