Königsallee
wir gerade gehört haben, kannte ich noch nicht. Offenbar war Koch doch nicht so faul.«
Die zweite CD enthielt die Telefonate des folgenden Tages, zumindest einen Teil davon.
Nach einer Viertelstunde vernahm Reuter eine Stimme, die ihm bekannt vorkam.
Hallo, Chef, wir …
Was geht ab?
Wir müssen uns treffen.
Keine Zeit, Junge. Red schon.
Aber ich kann doch nicht am Telefon …
»Sascha Maisel«, erklärte Reuter.
Scholz nickte.
Klar, kannst du. Nenn keine Namen und sprich nicht über etwas, was die Kavallerie aufscheucht, dann geht’s auch am Telefon. Aber mach’s kurz. Ich muss zum Flieger.
Es geht um diesen Typen, der sich einbildet, erwachsen zu sein.
Snoopy nennt ihn die Grippe.
Das passt, Chef. Ist echt ’ne Krankheit.
Bloß ein Schnupfen, mehr nicht.
Er hat uns zwei Kuckuckseier ins Nest gelegt, böse Sache.
Junge, was meinst du damit?
Zwei Vogelscheuchen, die aussehen, als kämen sie direkt aus dem Heimatdorf von Borat.
Haben sie was angestellt?
Ich nehme an, ihnen gefielen die Uniformen und die Möglichkeit, nachts durch ein Museum zu spazieren. Sie verstehen, was ich meine?
Diese Kerle arbeiten in meiner Firma?
Jetzt nicht mehr. Ich hab sie rausgeworfen.
Scheiße, ich seh schon die Kavallerie, wie sie mir auf den Pelz rückt. Habe erst gestern mit Snoopy darüber gesprochen, wie schwer es ist, gutes Personal zu kriegen. Du bist dir sicher, dass dieser beschissene Schnupfen dahintersteckt?
Sieht so aus. Ich kann das jetzt schlecht am Telefon …
Wir müssen uns treffen. Morgen Abend, okay?
Ende des Gesprächs. Reuter stoppte die Aufzeichnung. Er sagte: »Die zwei Kunsträuber arbeiteten in Böhrs Wachschutzfirma, die damals auf die Kunstsammlung aufpasste. Sascha Maisel wusste also, wer die Räuber waren, und Kollege Koch erfuhr durch diesen Datenträger, dass Sascha es wusste.«
Ihm fiel die Aussage Maisels ein, in der er seinen Freund Robby ›Einstein‹ genannt hatte.
Scholz folgerte: »Koch hat mit Saschas Hilfe die beiden Ukrainer geschnappt.«
Reuter nickte. »Aber interessant ist, dass Maisels Name in keiner Akte zu diesem Fall auftauchte.«
»Uns hat Koch damals erzählt, der Tipp stamme von einem gewissen Kai Feuerstein.«
»Wer ist das?«
»Wir nannten ihn Fusel-Fuzzi. Eigentlich war Feuerstein eine komplett andere Baustelle. Er arbeitete am Flughafen und sollte uns helfen, Diebstähle im Cargobereich aufzudecken. Hat nichts gebracht. Letztlich haben wir die Bande mit elektronischen Mitteln geknackt. Das ist drei Jahre her und das Beeindruckendste an Feuerstein war seine ständige Fahne.«
»War?«
»Letztes Jahr ist er gegen einen Baum gefahren und hat sich gehimmelt.«
»Glaubst du, was ich glaube?«
»Ja. Koch hat ihn vorgeschoben, weil Fusel-Fuzzi nichts mehr dementieren konnte.«
»Er wollte nicht, dass jemand bei Sascha Maisel nachfragt.«
Reuter wühlte in seinen Unterlagen und fand die Nummer des MEK-Kollegen, der die Observation Maisels koordinierte. Reuter wählte und drückte die Taste für den Zusatzlautsprecher, damit Scholz alles mitbekam.
»Kilian.«
»Jan Reuter hier, MK Feuerwerk, Kollege Scholz hört zu. Was gibt’s Neues bei euch?«
»Der Kunde ist wieder zu Hause.«
»Und zuvor?«
»Spät aufgestanden, vermute ich mal. So gegen drei hat er ’ne Runde gedreht. Shell-Tankstelle am Südring, dann zum Hauptbahnhof, wo er sich mit Lebensmitteln eindeckte, und auf dem Rückweg ein Pizzaladen an der Corneliusstraße.«
»Wie observiert ihr ihn? Auf Sicht oder mit GPS-Peilung?«
»Klassisch auf Sicht. Wir haben noch keinen Sender fixieren können. Die Zielperson parkt in einer Tiefgarage unter dem Haus, in dem er wohnt. Dazu haben wir keinen Zugang. Und als die Karre vor dem Bahnhof stand, haben wir uns nicht getraut.«
»Ihr überblickt beides, Haustür und Garagenausfahrt?«
»Mach dir keine Sorgen, Kollege. Beides geht zur gleichen Seite und einen weiteren Ausgang hat das Haus nicht. Wir sind dran. Bisher war’s ganz einfach.«
»Danke. Gebt mir bitte Bescheid, sobald er sein Haus verlässt.«
»Womit rechnest du?«
»Wir gehen davon aus, dass er irgendwo Drogen bunkert, die das Mordopfer Robby Marthau aus Amsterdam mitgebracht beziehungsweise in seiner Wohnung gelagert hat. Vielleicht führt Maisel uns zu dem Versteck.«
»Wir rufen dich an, Kollege.«
»Ich bin die ganze Nacht zu erreichen.«
Ich mach’s für Henrike, sagte sich Reuter. Er nannte dem MEK-Häuptling seine Mobilfunknummer und legte auf.
Zu Scholz gewandt:
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