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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Benzindampf war schwerer als Luft und je höher er den Kopf hielt, desto weniger atmete er davon ein. Der Gestank und die Anstrengung ließen seinen Schädel dröhnen.

73.
    Reißen Sie sich um Gottes willen zusammen, Frau Beck.
    Ihr fiel es nicht leicht, neben dem Oberbürgermeister gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Simone war froh, in dieser Pressekonferenz keine tragende Rolle spielen zu müssen.
    Sie ließ den Blick durch den Plenarsaal schweifen. Mindestens fünfzig Medienvertreter, die mitschrieben oder ihre Aufnahmegeräte laufen ließen, sowie zahlreiche Angestellte der Stadt. Kamerateams hatten sich an den Seiten und im Mittelgang postiert. Auf der Besuchertribüne ein paar Bürger, darunter unverbesserliche Gekko-Beach -Demonstranten, deren Transparente und Megafone die Fachkräfte vom Ordnungsamt beschlagnahmt hatten.
    Jewgeni war nicht zu sehen. Kein stiernackiger Muskelprotz mit Goldzahngrinsen. Simone vermisste ihn nicht.
    Der Beigeordnete Miehe kam vom Rednerpult zurück. Er hatte dargelegt, welchen Nutzen das Hafen-Congress-Centrum der Stadt bringen würde. Ein großer Redner war Miehe noch nie gewesen. Aber sein Beitrag war auch erst der Anfang.
    Jetzt stand die Präsentation der Düssel-Bau auf dem Programm. Das Licht wurde gedimmt, die Leinwand erstrahlte. Gisbert Valerius saß in der ersten Reihe mit dem Laptop auf den Knien und steuerte die Projektion höchstpersönlich.
    Simone warf Kroll einen Seitenblick zu. Der Oberbürgermeister malte kleine Quadrate an den Rand seines Redemanuskripts. Schweiß stand auf seiner Glatze. So nervös hatte sie ihn noch nie erlebt.
    Die Show verlief ohne Panne. Die plastisch wirkende und von Musik untermalte Animation, die der Beamer auf die Leinwand warf, hielt den Saal in Bann.
    Zu Krolls Rechter hatten Vitali Karpow und Wladimir Turin Platz genommen – was Simone durch Lohmar und das Internet über den steinreichen Turin-Clan aus der von keinem Land der Welt anerkannten transnistrischen Moldaurepublik erfahren hatte, hatte ihre schlimmsten Befürchtungen übertroffen.
    Wusste Düsseldorfs Erster Bürger, worauf er sich da einließ?
    Die letzten Takte des Rocky- Themas. Auf der Leinwand drehte sich das HCC, die Kamera zog auf, der Medienhafen, die Rheinschleife, die Stadt von weit oben, schließlich nur noch ein strahlender Punkt in der Mitte Europas.
    Applaus brandete auf. Simone hatte unter den Presseleuten ein paar Rathausmitarbeiter platziert, die besonders heftig klatschten. Die Journalisten ließen sich anstecken – ein voller Erfolg.
    Kroll zeigte Zähne und erhob sich. Er schritt zum Rednerpult, ein Verfolgerscheinwerfer setzte ihn ins rechte Licht. Mehrfach ruckte der OB das Mikrofon zurecht, dann begann er, den Vortrag abzulesen, den Simone verfasst hatte. Seine Stimme klang salbungsvoll wie immer.
    Die Pressefritzen schrieben mit. Eine Dolmetscherin saß ganz außen und übersetzte für Turin und Karpow.
    Simone dachte an Mallorca. Ein Traum, zumindest auf meiner Finca.
74.
    Eine schmale Fußgängerbrücke überspannte das Hafenbecken. In der Mitte ein angebauter Würfel, der ein Luxusrestaurant beherbergte. Jetzt, am späten Montagvormittag, war nur wenig Betrieb.
    Reuter blickte sich um. Niemand lief ihm hinterher. Kein Mensch weit und breit, den Koch für einen weiteren Polizisten halten konnte – hoffentlich.
    Langsam ging er weiter, in der Hand Marions Leinentasche. Reuter erreichte das Ufer und blieb stehen. Er ließ seinen Blick schweifen. Der Himmel war diesig. Ziemlich schwül für einen Maitag.
    Das Handy spielte den Klingelton. »Jan Reuter.«
    »Was geht so?«
    »Ich bin allein.«
    »Hast du mein Geld dabei?«
    Reuter hob den Beutel.
    »Kennst du das Gekko-Beach -Restaurant im ehemaligen Haus der Hafenfeuerwehr?«
    »Ja.«
    Aufgelegt.
    Reuter steckte das Handy ein und betrat das verlassene Biergartengelände. Er überquerte das Volleyballfeld. Bretterbuden für den Verkauf von Grillgut und Getränken. An einer davon lehnte noch die Tafel mit den Preisen für Caipi und Weizenbier. Dahinter der aufgeschüttete Sand.
    Am Rand des Areals eine Baracke aus hellem Holz. Die Tür stand auf, Reuter trat ein. Es war dunkel. Benzingeruch schlug Reuter entgegen. So stark, dass ihm fast sofort der Schädel schmerzte.
    Langsam gewöhnten sich Reuters Augen an das Dämmerlicht. Er tappte weiter. Allerlei Gerümpel im vorderen Raum. Ein Tresen und Durchgänge zu Nebenräumen. Überall Pfützen auf den Dielen, ein feuchter Film an den

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