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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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gerade.«
6.
    Zwanzig nach eins am Freitagmorgen. Bislang eine ruhige Nachtschicht für das B-Team der Kriminalwache. Norbert Scholz zappte im Aufenthaltsraum durch das Nachtprogramm, immer dichteres Schneetreiben, dann gab der Empfang ganz den Geist auf.
    Im Funkraum saß Hopp, der nicht gerade der Hellste war, nagte an einem Apfel und behielt den Monitor im Blick. Kollegin Marietta telefonierte wegen irgendwelcher Fingerabdrücke. Scholz schnappte sich die Zeitung, die jemand druckfrisch von einem Kiosk mitgebracht hatte.
    Er blätterte den Lokalteil durch. Immer wieder Gekko-Beach. Der übliche Lauf der globalisierten Welt, dachte Scholz. Was interessant war, wich dem Profitablen.
    Marietta hatte ihr Telefonat beendet und schnappte sich ebenfalls einen Teil der Zeitung. Nach einer Weile sagte sie: »Hier steht, dass die Zahl der Gewaltverbrechen hierzulande im letzten Jahrzehnt um sieben Prozent zurückgegangen ist.«
    »Erzähl das mal den Opfern«, erwiderte Scholz.
    Er erwischte sich dabei, dass er mit seinem Ehering spielte, und nahm sich wieder einmal vor, ihn ab morgen zu Hause zu lassen. Er und Bettina – das war einmal. Wie sollte er eine neue Frau kennenlernen, wenn ihn alle noch für gebunden hielten?
    Dienstgruppenleiter Ritter betrat den Wachraum und wedelte mit einem Schreiben. »Die Obermuftis suchen Teilnehmer für die neue Projektgruppe Qualitätssicherung.«
    Scholz gähnte. Sein Partner hatte sich krankgemeldet, Hauptkommissar Ritter sich selbst als Ersatz zugeteilt. Marietta wäre Scholz lieber gewesen. Und Projektgruppen konnten ihm gestohlen bleiben.
    »Worum geht’s denn?«, fragte Hopp, den die Kollegen Onkel Jürgen nannten, weil er mit seinen langen Haaren dem Schlagersänger Jürgen Drews ähnelte.
    Ritter antwortete: »Qualitätskontrollen, Zielvereinbarungen, ihr wisst schon. Also, Freiwillige vor!«
    »Super«, kommentierte Marietta voller Hohn.
    Scholz überlegte, ob er die Kollegin mal ins Kino einladen sollte. Sie war nicht nur attraktiv, sondern auch klug. Er fragte sich, ob er Chancen hätte – ein übergewichtiger Kerl mit schütterem Haar und einer Gesichtsfarbe, die manchmal von Bluthochdruck gezeichnet war.
    Onkel Jürgen fragte vorsichtig: »Was bedeutet das?«
    »Mannomann, die beste Chance für dich, Hauptkommissar zu werden«, spottete Scholz. »Wetten, die Teilnahme gilt als Beurteilungsbaustein.«
    »Tatsächlich?« Hopp fuhr mit der Rechten durch seine Haarpracht.
    »Du bejubelst die Einfälle des Ministeriums und wirst mit Beförderung belohnt«, erläuterte Scholz. »So läuft das heutzutage. Und wir schreiben noch mehr Controllinglisten und erheben noch mehr Daten für sinnlose Statistiken. Wenn unser Dienstgruppenleiter Rückgrat hat, dann antwortet er den Obermuftis, dass er niemanden erübrigen kann.«
    Ritter zupfte an seinem Schnauzer. »Unser Neuer reißt mal wieder die Klappe auf.«
    Scholz winkte ab. Unser Neuer – dabei arbeitete er seit fast einem Jahr in der Kriminalwache.
    Sein Chef ließ nicht locker. »Soll ich dir verraten, wie ich’s zum Dienstgruppenleiter gebracht habe? Durch ehrliche Polizeiarbeit. So etwas kennst du gar nicht, Scholz.«
    »Leck mich, Ritter.«
    Hopp räusperte sich und deutete auf den Bildschirm: »Wohnungseinbruch in der Kölner Straße.«
    Der Drucker surrte und spie die Adresse aus. Scholz riss den Zettel ab. Auf dem Weg nach draußen glaubte er, Unterstützung in Mariettas Blick zu erkennen.
     
    Wenn die Sachbearbeiter der einzelnen Kommissariate Feierabend machten, kümmerten sich die Beamten der Kriminalwache um sämtliche Meldungen im Stadtgebiet. Im Schichtdienst erledigten sie die erste Tatortarbeit, den Rest übernahmen am nächsten Morgen die Fachdienststellen.
    Die K-Wache genoss keine große Wertschätzung im Präsidium. Bewaffnete Verwaltung, so lautete ein gängiger Scherz. Scholz wusste, dass sie für ihn das Abstellgleis bedeuten sollte.
    Er trat auf den Hof, war als Erster am Einsatzfahrzeug und öffnete die Beifahrertür.
    Ritter widersprach: »Du bist zwar älter und man sieht’s dir auch an, aber Chef bin immer noch ich.«
    Scholz umrundete den Opel Omega, zwängte sich hinter das Lenkrad und startete den Wagen. Das Fahren war ihm verhasst. Als Hauptkommissar konnte er diese Pflicht anderen aufbürden – solange er nicht den Dienstgruppenleiter zum Partner hatte.
    Er nahm die Durchfahrt am Ende des Jürgensplatzes und beschleunigte. Sie passierten das neue Hochhaus am Graf-Adolf-Platz, Licht in jedem

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