Königsallee
die Finger. Blaue Buchstaben auf goldenem Grund – das Kärtchen, das der Türsteher Koch gestern zugeworfen hatte.
www.premiumparty.de
Reuter drehte das Ding um. Handschriftlich, unverkennbar Kochs Krakel-Klaue: Freitag, 22.00 Uhr, Hotel Villa Rheinblick.
Interessant. Reuter setzte sich an seinen Schreibtisch, fuhr den PC hoch und öffnete den Browser. Er gab die Adresse ein. Nach einigen Sekunden hatte sich die Startseite aufgebaut.
Premiumparty in blauer Schnörkelschrift. Dazu ein Foto: ein vögelndes Pärchen, umringt von nackten Männern. Keine Profidarsteller, sondern Durchschnittskerle unterschiedlichen Alters. Sie spielten an ihren Pimmeln und betatschten die Frau. Sämtliche Gesichter mit groben Pixeln unkenntlich gemacht. Die intimen Stellen ebenfalls – Tribut an den Jugendschutz.
Oben quer die Navigationsleiste. Reuter klickte sich durch das Menü. Noch mehr Schnörkelschrift. Die Website wirkte selbst gebastelt. Bilder von antiken Statuen, die dem Ganzen vermutlich einen edlen Touch verpassen sollten.
Unsere Partys laufen privat im kleinen Kreise ab. Anmeldung ist nötig. Maximal fünfzehn Männer mit zwei oder drei geilen Frauen. Open end – bis nichts mehr geht und nichts mehr steht.
Auf der nächsten Unterseite stieß Reuter auf das Bild einer Frau im Bikini, die sich auf einem Bett räkelte. Das Gesicht unter dem sehr kurz geschnittenen, dunklen Pony war um die Augen unscharf gemacht.
Hi, mein Name ist Lena. Ein Gangbang in gepflegter Atmosphäre und mit netten Herren ist eines der schönsten Erlebnisse für mich. Ich bin offen gegenüber allem, was Spaß macht. An alle Moralapostel und Spießer: Euch entgeht etwas!
Ungläubig starrte Reuter auf das Foto. Sollte das tatsächlich Henrike Andermatt sein?
Ein Link führte zu einer Handynummer, unter der sich Interessenten melden sollten. Wieder Statuen und blaue Schrift. Preise wurden nicht genannt. Ich klatsche den Unkostenbeitrag nicht auf die Seite, weil ich keine Konservendose im Supermarkt bin. Und ihr seid keine Konsumenten, sondern Gäste.
Schlange zu stehen, um vor den Augen anderer eine Frau zu vögeln, die nichts für einen empfand – eine seltsame Vorstellung, dachte Reuter.
Er öffnete das Anmeldeformular. Wieder ein Foto, diesmal ohne Bikini. Jeder ist willkommen. Unser Angebot ist real. Kein Fake. Du kannst es schon gar nicht mehr erwarten, stimmt’s?
Das letzte Foto zeigte das Mädchen in Aktion. Reuter zählte fünf vorwiegend junge Typen, die sich tummelten – unwillkürlich stellte er sich vor, an deren Stelle zu sein.
Ganz unten der Termin der nächsten Party: Freitag, 22.00 Uhr, Hotel Villa Rheinblick, Leuchtenberger Kirchweg.
Die Angaben auf dem Kärtchen – Kollege Koch hatte sie von hier abgeschrieben. Das Weichei hatte nichts davon erzählt, dass es die Partywerbung im Internet besucht hatte.
Zurück zur vorherigen Seite. Noch ein Blick auf das Mädchen, die Stimme Robbys im Ohr: Gebt doch zu, ihr würdet es auch gern mal mit einer wie Lena treiben.
Reuter hörte Schritte auf dem Linoleum und fuhr herum. Ela Bach, die Leiterin des für Tötungsdelikte zuständigen KK 11, lehnte in der Tür. Ihm fiel ihr eleganter Pulli auf – in der Farbe ihres braunen Haares, das sie halb lang und seitlich gescheitelt trug.
»Vernachlässigt dich deine Freundin, Kollege Reuter? Wenigstens ist dein Hosenschlitz noch zu.« Sie lachte, kam näher und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Keine Angst, Jan, ich verpetz dich nicht. Aber schalt wenigstens den Schweinkram ab, solange ich im Zimmer bin.«
Er deutete auf den Bildschirm. »Das ist Lena, unsere Zeugin.«
»Lena?«
»Ich meine Henrike Andermatt. Für den Internetauftritt hat sie sich offenbar ein Pseudonym zugelegt. Marthau erwähnte diese Sexparty bei unserem letzten Treffen und gab uns die Visitenkarte.«
Die KK-11-Chefin griff nach der Maus und klickte. Reuter witterte eine Mischung aus Parfum und Zigarettenrauch, als sie sich zum Monitor beugte.
»Sieh an«, staunte Bach. »Das Töchterchen von Richter Gnadenlos prostituiert sich übers Netz. Wenn das die Presse wüsste.«
»Der Ermordete gehört zu den Organisatoren dieser Partys.«
»Jetzt nicht mehr«, erwiderte die Mordermittlerin trocken. »Was wissen wir noch über die Zeugin?«
»Sie arbeitet als Praktikantin beim Hörfunk. Ein Paar waren sie laut Robby nicht. Was nicht heißt, dass sie nichts miteinander hatten.«
Sie zwinkerte ihm zu. »Vorsicht, Jan. Pass auf, dass dich die kleine Hobbynutte
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