Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
Vom Netzwerk:
Ende vierzig, an dem der Mangel an Eitelkeit auffiel: Strähniges Haar stand über den Ohren ab, das Hemd war zerknittert, Speck um die Hüften.
    »Guten Abend, Scholz.«
    Der Kollege fuhr herum. »Was willst du denn hier, Reuter?«
    »Es geht um die beiden Anzugträger, die du uns gemeldet hast. Das Meeting im Benz um halb drei in der Nacht zu gestern.«
    »Hätte nicht gedacht, dass ihr so fix seid.«
    Draußen erstrahlten Spielkartensymbole. Das Krachen erfolgte zeitversetzt. Auf einem der Tische klingelte das Telefon. Keiner reagierte.
    Reuter zog Scholz auf die andere Seite, damit sie ungestört waren.
    Der Kollege wich Reuters Blick aus und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wand. Abwehrhaltung – als hätte er etwas zu verbergen.
    Reuter sagte: »Wir ermitteln gegen den Jüngeren der beiden wegen Verdacht auf Geldwäsche und Schleusung.«
    »Mein Riecher funktioniert also noch.«
    »Warum hast du das gemacht?«
    »Nenn es Nostalgie. Vielleicht füllen mich Wohnungseinbrüche nicht aus.«
    »Du wirfst uns den Typen genau in dem Moment zum Fraß vor, als Böhr angeblich aussteigt.«
    »Mannomann, was soll die Anspielung?«
    Die Kollegen an den Fenstern applaudierten. Goldener Regen überzog den Himmel.
    »Ich glaube nicht an Zufälle«, antwortete Reuter. »Arbeitet Lohmar für Grusew oder für Böhr? Und warum machst ausgerechnet du uns auf den Russen aufmerksam?«
    »Eins nach dem anderen. Ist Grusew einer der Typen aus dem Benz?«
    Reuter nickte.
    »Und Lohmar?«
    »Du hörst den Namen wirklich zum ersten Mal?«
    Donnerschläge im Dauerstakkato. Riesenblüten und Goldregen. Zugleich gab wieder ein Telefon Alarm.
    Scholz fragte: »Ermittelst du gegen Grusew oder gegen mich? Habe ich schon wieder etwas verbrochen?«
    »Hat Böhr dich dazu angestiftet, den Russen zu verpetzen? Du und der Koksbaron. Das ist doch eine innige Beziehung.«
    »Du kannst mich mal.«
    »Er hat dich unmittelbar nach seinem Freispruch angerufen. Zwei Mal.«
    Scholz wurde giftig: »Ich habe sofort aufgelegt. Das weißt du genau.«
    »Dann erklär mir, was der Koksbaron von dir wollte!«
    Marietta sah sich nach ihnen um.
    Leise sagte Reuter: »Du machst mir nichts vor, Scholz.«
    »Wofür hältst du dich, du dummer Streber?«
    Reuter registrierte, dass das Feuerwerk zu Ende war. Bis auf die Brünette aus der K-Wache hatten es die Kollegen eilig, zur Arbeit zurückzukehren. Getrappel entfernte sich im Treppenhaus. Der Wind trug das Tröten der Ausflugsdampfer vom Rhein herüber.
    Das Telefon schrillte noch immer. Marietta nahm den Hörer ab und meldete sich.
    Scholz schimpfte weiter: »Den eigenen Kollegen ans Bein pissen, dabei geht dir einer ab, was, Mister Saubermann? Es könnte ja ein Beamter ein paar Löffel geklaut haben.«
    »Hör zu, es geht hier nicht bloß um ein paar Löffel.«
    »Hey, kriegt euch ein!«, rief die Brünette dazwischen. »Vor der Festung steht ein Auto mit ’ner Leiche!«
15.
    Der Nieselregen traf Reuters Gesicht wie Nadelstiche. Er rannte den beiden K-Wachen-Kollegen hinterher über den vorderen Hof, vorbei an ein paar Dienstwagen. An der Zufahrt umringten Uniformierte ein Auto. Andere spannten Flatterband zwischen die Straßenbäume.
    Erster Zugriff, Tatortarbeit.
    Ein Riese in grüner Motorradkluft durchblätterte Fahrzeugpapiere und gab über Funk die Daten durch. Eine Zierliche mit langen Haaren hatte einen Schirm aufgespannt und hielt ihn über die junge Frau, die schluchzend neben dem Auto stand.
    Es war ein knallroter Geländewagen mit Ladefläche, Marke Dodge, mit extrabreiten Reifen und herausgebogenen Kotflügeln – Reuter kannte nur eine solche Angeberkarre.
    »Nichts anfassen«, mahnte Scholz, als habe er hier das Sagen.
    Reuter trat näher. Auf dem Beifahrersitz sah er eine reglose Gestalt. Der Kopf lag auf dem Armaturenbrett. Jemand hatte die Tür geöffnet, vermutlich um zu prüfen, ob dem Burschen noch zu helfen war. Im Schein der Straßenbeleuchtung schimmerte eine Goldkette. Die Frisur: fleckig wie ein Hyänenpelz. Hey, Leute, was geht so?
    »Kein Puls tastbar«, erklärte ein Uniformierter.
    »War der Notarzt schon da?«
    »Kommt gleich. Die Frau hat uns den Hugo gerade erst gebracht.«
    Hugo – in den USA stand das Wort für human going.
    Reuter befühlte die herabhängende Hand. Die Finger waren kaum verfärbt und noch voll beweglich. Keine zwei Stunden tot. Reuter hob Robbys Schulter an, der Türsteher stierte ihm entgegen.
    Eine Wunde über dem rechten Auge, Schwärzung der

Weitere Kostenlose Bücher