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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Haut und eingesprengte Pulverteilchen – ein relativer Nahschuss aus zwanzig bis dreißig Zentimetern, schätzte Reuter.
    Gilt das noch, was ihr mal über euer Zeugenschutzprogramm gesagt habt?
    Er spürte, wie sein Magen rebellierte. Ein Mord an einer Vertrauensperson – eine schlimmere Panne gab es kaum.
    Reuter sagte sich, dass er nichts für den Tod des Informanten konnte. Er und Koch hatten Robbys Identität stets geheim gehalten. Außer Hennerkamm, ihrem unmittelbaren Vorgesetzten, und Oberstaatsanwalt Westerhoff wusste kein Mensch Bescheid. Robby selbst hatte getratscht. Die Radiopraktikantin. Wer weiß, mit wem er noch geplaudert hatte.
    »Scharfer Wagen, was?«, bemerkte der Uniformierte.
    Reuter ignorierte ihn. Er wandte sich der jungen Frau zu, die den Pick-up gefahren hatte.
    »Lena?«
    Das schlanke Mädchen mit der Ponyfrisur nagte an seiner Unterlippe. Die Wimperntusche verschmiert. Blut und Dreck klebten im Haar. Ein Häufchen Elend, Lena zitterte.
    Er legte den Arm um ihre Schultern – ganz instinktiv.
    »Fass sie nicht an«, schnauzte Scholz.
    Reuter ließ das Mädchen los, denn ihm war klar, was der Kollege meinte: Blutspritzer und Pulverschmauch waren Spuren, die den Tathergang erklären konnten und nicht verwischt werden durften.
    Die Kollegin mit dem Schirm lotste Lena ins Präsidium.
    Der Riese in Motorradkleidung klärte auf: »Das Auto ist auf einen Robert Marthau zugelassen, geboren 1982, wohnhaft in Düsseldorf. Die Zeugin heißt Henrike Andermatt, einundzwanzig Jahre alt, ebenfalls hier gemeldet.«
    »Henrike?« Reuter war perplex.
    »Ihr Vater ist Konrad Andermatt, der Richter.«
    Von hinten fragte Scholz: »Du kennst Andermatts Tochter?«
     
    Reuter hatte sich ins Trockene unter die Arkaden vor dem Eingang verzogen. Sein erster Impuls: Seinen Chef zu informieren – Hennerkamms Privatnummer war in seinem Handy gespeichert.
    Der Hauptkommissar ließ es nicht lange klingeln. Reuter erklärte ihm, was los war.
    »Wer könnte das getan haben?«, fragte der Chef.
    »Keine Ahnung.«
    »Schon jemand vom KK 11 da?«
    Reuter überblickte die Gruppe der Kollegen und bejahte.
    Der dröhnende Broiler-Bass im Mobiltelefon: »Lass dich nicht für die Mordkommission einspannen, Reuter. Ich brauch dich in Sachen Grusew!«
    »Klar.«
    Als Nächstes tippte Reuter seine eigene Privatnummer ins Handy. Er schuldete seiner Freundin eine Erklärung. Als er seine eigene Stimme vom Band des Anrufbeantworters vernahm, brach er ab und wählte neu: Katjas Mobilfunknummer.
    Sie meldete sich sofort, im Hintergrund Kneipengeräusche.
    »Mein Informant ist ermordet worden. Ich kann leider nicht weg.«
    »Das habe ich bemerkt.« Eingeschnappter Tonfall.
    »Bitte, wenn das vorbei ist, holen wir alles nach. Ein gemütliches Wellness-Wochenende, Eifel oder Nordsee, okay?«
    »Das sagst du jedes Mal.«
    Er fragte: »Hast du auf der Geburtstagsfeier deiner Mutter über meine Arbeit geredet?«
    »Sprich lauter, Jan, ich versteh dich schlecht.«
    Sie klingt alkoholisiert, dachte Reuter. Es war kurz nach elf. Das Feuerwerk war noch nicht lange vorüber.
    Etwas lauter: »Hast du meinem Bruder erzählt, dass ich in Sachen Böhr einen Informanten treffe?«
    Ein paar Meter entfernt verfluchten die Kriminaltechniker den Regen.
    »Wir haben eine Menge Zeug geredet, aber nicht über deinen Job. So wichtig ist der auch wieder nicht. Wann bist du zu Hause?«
    »Keine Ahnung. Verstehst du nicht? Meine Vertrauensperson ist umgebracht worden.«
    »Was soll Edgar damit zu tun haben?«
    Reuter beendete das Gespräch. Sie drehten sich im Kreis.
    Ein übler Gedanke drängte sich ihm auf: Katjas Fingernägel, die eine Pariser-Hülle aufrissen. Fein genoppter Gummi. Ein fremder Schwanz. Oder der von Staranwalt Edgar.
    Ein Abschleppwagen wurde durchgewunken – die Kriminaltechniker ließen den Dodge mit Robbys Leiche ins Trockene bringen. Zugleich war der Arzt eingetroffen und wurde ins Präsidium geführt, wo er sich um die Zeugin kümmern konnte.
    Lena alias Henrike, die Tochter eines stadtbekannten Richters.
    Konrad Andermatt, ein scharfer Hund. Er predigte Nulltoleranz, schöpfte auch bei Ersttätern gern das volle Strafmaß aus. Würde am liebsten in jedem Wiederholungsfall lebenslängliche Freiheitsstrafe verhängen, egal, bei welchem Delikt, wenn das Strafgesetzbuch es nur hergäbe. Nicht nur viele Polizisten liebten ihn dafür.
    Reuter gesellte sich zur Mordbereitschaft des KK 11. Sie hieß Anna Winkler, eine Kollegin in seinem Alter,

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