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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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im Rheinhafen alles wieder hochkochte.
    Als die Punkerin das unterzeichnete Protokoll zurückgab, stolperte sie über ein Stück Schwemmholz und verschüttete Bier auf Scholz’ Pulli. »Sorry.« Sie wischte mit ihrem Ärmel über die nasse Stelle.
    Scholz wehrte sie ab. Er glaubte zu spüren, wie die Flöhe übersprangen.
    Auf dem Weg zurück zum Auto dozierte Onkel Jürgen: »Wenn der Täter nicht durch dieses Tor zum Ufer geflohen ist, gibt es nur zwei Möglichkeiten …«
    »Klar, die Straße rechts oder links runter«, fiel ihm Marietta ins Wort.
    »Das ist nämlich keine Sackgasse«, fuhr Hopp unbeirrt fort. »Am Ende führt ein Pfad nach vorn zur Fußgängerbrücke. Von dort aus ist man ruck, zuck in der Stadt.«
    »An der Wasserschutzpolizei vorbei.«
    »Und an Tausenden von Schaulustigen. Aber zur tatkritischen Zeit hat jeder nur aufs Feuerwerk geguckt.«
    Vielleicht auch nicht, dachte Scholz. Er überlegte, wie er handeln würde: Medien nutzen, Aufrufe an die Bevölkerung, Hinweise sammeln.
    Inzwischen parkten noch mehr Einsatzfahrzeuge auf dem runden Platz, an dem die Bremer Straße abzweigte. Ein grün-silberner Passat stand quer. Scholz grüßte die Uniformierten, die hier Wache hielten. Kollegen stiefelten mit Flatterband durch die Gegend auf der Suche nach Befestigungsmöglichkeiten. Weiter hinten tummelten sich die Techniker des Erkennungsdienstes in ihren Tyvek-Overalls.
    Auf der anderen Seite des Platzes stand ein demolierter Müllcontainer. Nach Scholz’ Empfinden war der Tatort zu knapp eingegrenzt.
    Hopp öffnete den zivil lackierten Omega, mit dem sie gekommen waren. »Wer fährt?«, wollte er wissen.
    »Rate mal«, antwortete Marietta.
    Scholz stellte seine Tasche im Kofferraum ab.
    »Geiler Laptop«, bemerkte Marietta.
    »Hm.«
    »Sieht fast so aus, als wärst du mal ein engagierter Kriminalist gewesen.« Sie wählte den Beifahrersitz.
    Scholz stieg hinten ein. Onkel Jürgen startete.
    »Sicher nicht billig, mit Drucker und so«, insistierte Marietta.
    Scholz ging nicht darauf ein.
    »Irgendwie riecht’s hier komisch«, bemerkte Hopp.
    »Mein Pullover«, gestand Scholz. »Punker-Bier.« Sein Handy klingelte. Ein dunkles Rasseln, wie die verbeulte Schelle eines antiken Weckers. Es erinnerte Scholz an alte amerikanische Filme und war der einzige erträgliche Ton, den ihm der kleine Apparat zur Wahl gestellt hatte.
    Ela Bach war dran, die Chefin des KK 11. Er kannte sie aus seiner Zeit bei den OK-Ermittlern, als er Hennerkamm manchmal auf Kommissariatsleitersitzungen vertreten hatte. Damals, als seine Welt noch in Ordnung gewesen war.
    Ela fragte: »Kann dich dein Dienstgruppenleiter nicht leiden?«
    »Ritter? Wie kommst du darauf?«
    »Wir brauchen Verstärkung und du bist der Einzige, den er abtreten will.«
    Lieber nicht, dachte Scholz. »Wie stellst du dir das vor? Mein Überstundenkonto steht schon auf Anschlag.«
    »Damit bist du wirklich nicht allein. Überleg’s dir, Norbert.«
    Aufgelegt.
    Sie rasten eine Bahnstrecke entlang und nahmen Kurs auf die Festung. Schnippisch bemerkte Marietta: »Schickes Handy hast du auch.«
    Hopp grinste in den Rückspiegel. »Und wenn du ihn richtig lieb fragst, Marietta, zeigt er dir noch ganz andere Sachen.«
    »Ach was. Norbert trägt Ehering.«
    Scholz fasste unwillkürlich an seinen Finger. Er überlegte: Die Schießerei sah Böhr nicht ähnlich, vielleicht hatte der Koksbaron gar nichts mit dem Mord an dem Türsteher zu tun. Mordkommission oder die dämliche Projektgruppe, in die Ritter ihn schicken wollte – darauf lief es hinaus.
    Sie erreichten das Tor zum Innenhof des Präsidiums. Marietta meldete sich per Funk bei der Polizeiwache der PI Südwest. Während sie warteten, dass das Tor zur Seite schwang, kurbelte Scholz das Seitenfenster herunter.
    Er spuckte auf seinen Ringfinger. Ein fester Ruck – der Ehering löste sich.
    Scholz schleuderte ihn hinaus in die Nacht.
18.
    Ela Bach stellte Reuter den Kollegen vor. Anna Winkler, die Kollegin im grauen Kapuzenshirt, kannte er bereits. Der Dicke auf dem Stuhl vor ihnen hieß Wiesinger und gab zur Begrüßung nur ein Ächzen von sich. Am Fenster lehnte ein Mittdreißiger im strohfarbenen Cordanzug und gab Reuter die Hand. Sein Name war Balthus. Er war der Staatsanwalt des Dezernats für Kapitalverbrechen, der Bereitschaftsdienst hatte.
    Kriminalhauptkommissar Thilo Becker kehrte vom Kaffeeautomaten zurück, ein mürrisch wirkender Blondschopf im Strickpulli, zwei dampfende Becher in den Händen.

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