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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Proll-Gehabe, eher der zurückhaltende Typ, ebenfalls mit osteuropäischem Akzent. Sascha trug seinen Schädel kahl rasiert, dazu Ringel-T-Shirt und grauen Anzug, zumindest gestern Abend. Er sei zu Beginn der Party in der Hotelsuite gewesen, später habe ihn das Mädchen jedoch nicht mehr bemerkt.
    Punkt zwei, die Fingerspuren an den Trinkgläsern im Hotelzimmer: Scholz hatte sich Abdrücke der sechs uniformierten Kollegen schicken lassen, die mit ihm und Marietta die Kurfürsten-Suite im Hotel Villa Rheinblick durchsucht hatten. Tatsächlich hatten zwei von ihnen Gläser angefasst. Die übrigen Spuren stammten höchstwahrscheinlich von Partygästen. Was davon brauchbar war, hatte Scholz an das Bundeskriminalamt übermittelt – die Kollegen der Kriminaltechnik hatten bereits genug um die Ohren. AFIS hieß die Datei, in der die Fingerprints sämtlicher Straftäter der letzten zwanzig Jahre gespeichert waren. Im Lauf des Vormittags würden die Ergebnisse des Abgleichs vorliegen, hoffte Scholz.
    Punkt drei, der Inhalt der besagten Gläser: Scholz hatte die Proben persönlich beim Landeskriminalamt an der Völklinger Straße vorbeigebracht, dessen Labor dafür zuständig war. Er war gespannt auf die Analyse.
    Punkt vier, die Wohnung des Mordopfers: Mit einigen Kollegen der Kriminalwache hatte Scholz Klinken geputzt und die angetroffenen Hausbewohner befragt. Eine ältere Nachbarin hatte der Einbruchslärm aus dem Fernsehsessel getrieben und zum Türspion gelockt. Scholz hatte sie auf gut Glück mit Saschas Personenbeschreibung konfrontiert. Treffer: Der Mann, der an Omas Guckloch vorbeigelaufen war, hatte Glatze und grauen Anzug getragen, das Alter stimmte ebenfalls.
    Im Geschäftszimmer des KK 11 hatte Scholz danach die Akte gefunden, die Reuter und Michael Koch über ihren Informanten angelegt hatten. Der nächste Treffer: Sascha war als Marthaus Kumpel erwähnt und hieß mit Nachnamen Maisel. Adresse im Stadtteil Bilk, Uni-Nähe. Scholz hatte daraufhin die Kriminalakten gecheckt: Keine Vorstrafen, aber Maisel war polizeibekannt als Angehöriger der Türsteherszene und mutmaßlicher Kleindealer.
    Der Fall hatte ihn gepackt. Zumal das Opfer eine Vertrauensperson seiner alten Dienststelle gewesen war. Dass Reuter mit Michael Koch zusammenarbeiten musste, gönnte Scholz dem Streber. Koch hatte er noch nie leiden können.
    An einer Laterne lehnte der demolierte Müllcontainer, der ihm bereits am Abend zuvor aufgefallen war. Das grüne Ding war seitlich eingebeult: breite Schrammen in Hüfthöhe, die blankes Blech freilegten. Auch die Lampe hatte offenbar einen Schlag abbekommen. Scholz sah genauer hin: winzige rote Lackspuren – die Farbe des Pick-ups der Marke Dodge, in dem Henrike Andermatt den Toten zur Festung kutschiert hatte.
    Ich hab nur diese vermummte Gestalt gesehen, die auf uns schoss und uns hinterherlief.
    Wenn die Version der Richtertochter stimmte, müssten in der Umgebung weitere Geschosshülsen zu finden sein. Scholz schritt den gesamten Platz ab. Um sich anzuspornen, stellte er sich die Verzweiflung der Richtertochter vor und ihren Überlebenswillen, während neben ihr ein Toter saß – sein Blut und Hirn in ihrem Haar.
    Als er sich bereits sicher war, dass es nichts zu finden gab, trat er auf etwas Hartes. Noch ein Treffer: Punkt fünf.
    Er fischte aus seiner Jacke ein Tempo-Päckchen, leerte es und versuchte, mit der Plastikhülle die leere Patrone aufzunehmen, ohne Fingerspuren zu verwischen.
    Neun Millimeter, schätzte Scholz. Er legte ein Papiertaschentuch auf den Asphalt und beschwerte es mit einem Stein, um den Fundort zu markieren. Dann ging er zur Absperrung zurück und überreichte seinen Fund.
    »Vielleicht gibt es da vorn noch mehr davon«, sagte er. »Und schaut euch mal den Müllcontainer und die Straßenlampe an. Sieht so aus, als wäre der Pick-up dagegengekracht.«
    Der Kollege im weißen Overall bedankte sich.
    Scholz stieg in seinen Dienstwagen und drehte die Heizung auf. Er war müde und sein Schädel pochte – zu wenig Schlaf in den letzten Tagen.
    Ich bin zu alt für den Schichtdienst der Kriminalwache, ging es ihm auf dem Weg zur Festung durch den Kopf.
24.
    Grelles Sonnenlicht ließ Reuter blinzeln. Er blickte in Katjas Gesicht, das noch vom Schlaf gezeichnet war – so vertraut und warme Gefühle hervorrufend.
    Seine Freundin langte herüber und berührte seinen Arm. Sie murmelte: »Ich wusste gar nicht, dass deine Mutter Selbstmord begangen hat.«
    Ein Thema, über das er aus

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