Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
Vom Netzwerk:
und Radioleuten. Der piekfeine Engel improvisierte bereits eine Pressekonferenz.
    Gedrängel, erhitzte Gesichter, zitternde Mikrofone. Aufgeregte Fragen nach dem Mörder – Tote belebten das Mediengeschäft.
26.
    »Koch.«
    »Hallo, Michael«, grüßte Reuter, »Jan hier.«
    »Was gibt’s?«
    »Wo steckst du? Zu Hause oder bei der Geliebten?«
    »Schön wär’s. Ich sitze gerade in Ludenberg in einem zivil lackierten Einsatzfahrzeug und halte Grusews Domizil im Auge. Hier stehen lauter nagelneue Villen mit Blick den Hang hinunter Richtung Hubbelrath. So viel Karriere kannst du bei der Polizei gar nicht machen, um dir so etwas leisten zu können.«
    »Was macht unser Russe?«
    »Wenn er schlauer ist als wir, liegt er noch im Bett und lässt sich von irgendeiner Olga einen blasen. Dass ich am Samstagmorgen hier sitze, hab ich nur dir zu verdanken.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Hennerkamm schäumt, weil du ohne seine Zustimmung für die Mordkommission arbeitest, und will sich deshalb beim Kripochef beschweren. Er macht Dampf in Sachen Grusew. Die Sache scheint ihm wichtig zu sein.«
    »Lass ihn schäumen.«
    »Was liegt an bei dir?«
    »Die Kollegen hätten gern deine Aussage in Sachen Robby Marthau. Eilt nicht, aber ruf mal an.« Reuter gab die Nummer des MK-Leiters durch.
    »Und sonst?«, wollte Koch wissen.
    »Ungereimtheiten in Lenas Aussage, aber es steht fest, dass sie nicht geschossen hat. Übrigens heißt sie in Wirklichkeit Henrike und ist die Tochter von Richter Andermatt, was die Presse aber nicht spitzkriegen darf.«
    »Hört, hört.«
    »Du warst auf ihrer Homepage, auf der sie ihre Dienste anbietet. Hättest mir was sagen können.«
    »Eine irre Nummer, wenn’s kein Fake ist, nicht wahr?«
    »Viel Spaß noch beim Observieren.«
    »Du solltest echt mal unseren Broiler anrufen.«
    Reuter beendete das Gespräch.
    Wegmann wartete schon ungeduldig auf ihn. Im Geschäftszimmer des Kommissariats für Tötungsdelikte schnappten sie sich die letzte Mappe mit Papieren und Schlüsseln für Dienstwagen. Auf dem Hof sahen sie dann die Bescherung: Ein alter, zerbeulter Astra war alles, was noch zur Verfügung stand.
    »Du bist dran«, beschied Wegmann und stieg auf der rechten Seite ein.
    Beim Rangieren würgte Reuter den Motor ab. Die Kupplung war gewöhnungsbedürftig, das Standgas zu niedrig eingestellt.
    »Wie war sie so?«, fragte Wegmann in Anspielung auf Reuters nächtliche Fahrt mit Henrike Andermatt. Reuter hatte in der Sitzung davon berichtet, zumindest in groben Zügen.
    Er sagte: »Vielleicht sieht sie jetzt ein, dass sie mit uns kooperieren sollte. Vielleicht packt sie aus, was sie in den dreißig Minuten getan hat. Und dann knacken wir den Fall.«
    »Recht viele Vielleichts.«
    »Daraus besteht unser Job«, antwortete Reuter.
    Sie rollten die Bilker Allee ostwärts. Hinter einer Straßenbahn staute sich der Verkehr. Wegmann knabberte die Nagelhaut von seiner Boxerpranke.
    Eine rote Ampel. Jugendliche überquerten vor ihnen die Straße. Mindestens jeder zweite qualmte, vor allem die Mädchen. Wegmann kratzte sich an der Augenbraue – die Narbe glühte rot. Etwas machte ihn kribbelig. Entzugserscheinungen, vermutete Reuter.
    »Du hast als Boxer geraucht?«
    »Nie gleichzeitig. Sieht im Ring nicht gut aus, mit den Handschuhen.« Wegmann lachte über seinen eigenen Scherz.
    »Wie war’s aufzuhören?«
    »Mit dem Rauchen? Man muss es nur wollen.«
    Wegmann blickte auf die Uhr, rieb seinen Boxerzinken. Die Nervosität seines Beifahrers irritierte Reuter. Als die Ampel auf Grün schaltete, ging der Motor aus. Gehupe von hinten. Reuter startete neu.
    »Du warst beim Inneren Dienst?«, fragte sein Beifahrer.
    »Du hast dich also umgehört.«
    »Daraus besteht unser Job.«
    Hinter der Bahnunterführung links ab. Oberbilk. Allmählich lernte Reuter, wie er das Gas dosieren musste, um den Astra am Laufen zu halten.
    Er fragte Wegmann: »Und was sagt man so?«
    »Dass du der Liebling von Kripochef Engel bist, warum auch immer. Dass du es nicht aufgegeben hast, Kollegen zu bespitzeln. Dass du jeden verpfeifen würdest, wenn es nur deiner Karriere …«
    »Hör auf, es reicht!«
    »Andererseits hört man läuten, dass du neulich sogar dem Leitenden Oberstaatsanwalt deine Meinung gegeigt hast.«
    »Taktisch unklug, ich geb’s zu.«
    »Mir imponiert das. Ehrlich!«
    Sie erreichten die Stelle, an der Reuter Henrike Andermatt acht Stunden zuvor abgesetzt hatte. Keine Lücke frei, zweite Reihe, Stoppkelle unter die

Weitere Kostenlose Bücher