Königsallee
Mal.«
»Dein blödes Bullen-Misstrauen tut verdammt weh hier drin!« Florian schlug sich theatralisch gegen die Brust. »Mir ist schon klar, warum Mama davongelaufen ist.«
»Red keinen Scheiß, Flo.«
Scholz suchte Aspirin, fand die Schachtel in der Besteckschublade und ließ Leitungswasser in ein Glas laufen. Er trug es zum Sofa und tat, als sehe er Florians Tasche zum ersten Mal. »Witziges Ding.«
»Die Weiber in meiner Klasse sind ganz verrückt danach. Sie fummeln immer am Hosenschlitz.«
»Leider nur an dem der Tasche, oder?«
Die Mikrowelle klingelte. Scholz servierte die Pizza. Sein Sohn pflückte die Salamischeiben vom Teig und machte sich über den Rest her. Entweder hatte er Angst vor Gammelfleisch oder war zum Vegetariertum übergetreten.
Scholz fragte: »Hat sie eigentlich einen Freund?«
»Wer?«
»Du weißt genau, wen ich meine.«
»Na ja, da gibt es diesen Apotheker, mit dem sie manchmal ausgeht. Aber übernachtet hat er noch nicht bei uns, falls deine Frage darauf abzielt.«
»Schon gut.«
»Also, ob Mama mit ihm pennt …«
»Schon gut, hab ich gesagt!«
»Aber das interessiert dich doch. Warum gibst du’s nicht zu? Mama ist auch so. Manchmal denke ich, ihr von der Erzeugerfraktion seid echt doof.«
Scholz musste lachen. »Danke.«
»Keine Ursache.«
Scholz ging ins Schlafzimmer, legte seine Kleidung ab und begutachtete im Spiegel seinen blassen, haarigen Bauch, der nicht schlanker geworden war, obwohl er nur unregelmäßig aß. Er zog den Pyjama über.
Dann sah er noch einmal nach seinem Sohn.
»Flo, ich habe eine lange Nachtschicht hinter mir und bin fix und fertig. Sei bitte leise und lass mich schlafen.« Er gab seinem Sohn die Zweitschlüssel für die Wohnungstür. »Falls du zwischendurch mal wegmusst. Der viereckige ist für den Querriegel.«
Das Aspirin hatte sich aufgelöst. Scholz leerte das Glas.
»Fragt sich, wer von uns der Junkie ist«, sagte sein Sohn.
Scholz warf ihm einen strengen Blick zu.
»Echt«, beharrte sein Sohn. »Die Chemie setzt sich an den Synapsen fest. Das Zeug beeinflusst dich.«
»Da redet jemand aus Erfahrung.«
Das Telefon klingelte.
»Wenn das Tessa ist, bin ich nicht da«, stellte Florian fest.
Scholz ging ran. Beim Gedanken an den Kerl, der ihm auf das Band gesprochen hatte, pochte sein Herz bis in den Hals.
Zu seiner Erleichterung meldete sich eine Frauenstimme. Marietta, seine Kollegin.
»Auch noch nicht im Bett?«, fragte Scholz.
»Der Kripochef will, dass ich in der Mordkommission Feuerwerk mitarbeite. Aber gerade rief mich unser Dienstgruppenleiter an.«
»Und?«
»Ritter sagt, die Dienstgruppe würde es nicht verkraften, wenn ich ebenfalls in den nächsten Tagen ausfalle. Weißt du, er kann mir die nächste Beurteilung vermasseln. Andererseits könnte die Mordkommission eine gute Gelegenheit sein, Kontakte zu knüpfen, falls ich mich mal außerhalb der Kriminalwache nach einer Dienststelle umsehen will.«
Willkommen im Club, dachte Scholz.
»Was meinst du?«, fragte Marietta.
»Dass du lieber auf Engel hören solltest als auf unseren Stinkstiefel von Gruppenleiter. Dass wir uns um siebzehn Uhr in der Festung treffen und ein gutes Ermittlerteam abgeben werden.«
»Okay.«
»Gute Nacht, Marietta.«
Im Schlafzimmer stieß er auf Florian, der die Einrichtung begutachtete.
»Fragt sich, wer hier der Schnüffler ist«, sagte Scholz und fuhr seinem Sohn liebevoll durch das gegelte Haar.
»Du hast immer noch das alte Doppelbett«, bemerkte sein Sohn. »Wünschst du dir, dass Mama zurückkommt?«
»Raus jetzt, Flo.«
Sein Sohn ignorierte die Ansage und nahm das Foto vom Nachtkasten. Norbert und Bettina Scholz am Strand von Baltrum, in ihrer Mitte der blonde Junge. Scholz erinnerte sich gern an diesen Urlaub.
»Wie alt war ich da?«, fragte Florian.
»Fünf.«
»Dann war Steffi damals noch nicht auf der Welt.«
»Stimmt. Bettina war schwanger, aber man sieht es noch nicht.«
»War das geplant?«
»Ihr wart Wunschkinder, alle beide.« Die einzige Antwort, die man seinem Jungen geben durfte, fand Scholz. »Und jetzt lass mich bitte schlafen. Dein Vater ist hundemüde.«
»Du hast kein einziges Bild von Steffi. Mamas Wohnung ist voll davon.«
»Das kann ich mir denken.«
Sein Sohn trottete zur Tür.
»Bist ein guter Junge, Flo«, rief Scholz ihm hinterher. »Bin stolz auf dich.«
»Und ich auf dich.«
Die Schlafzimmertür schloss sich. Scholz war allein. Die Digitalanzeige des Radioweckers sprang auf elf
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