Königsallee
Uhr.
Scholz zog den Vorhang zu und legte sich auf seine Seite des Betts. Er wälzte sich hin und her und fand statt Schlaf nur schreckliche Erinnerungen.
28.
Für die Vernehmung wählten sie Wegmanns Büro. Reuter staunte über die Fotos an der Wand: Buddhastatuen, alte Tempel, vielarmige Götter unter Lianen. Als Bildungsurlauber im fernen Asien hatte er sich den Exboxer nicht vorgestellt.
Das Baby schlief. Nora, die Angestellte aus dem Geschäftszimmer, hatte aus Kissen und einer Decke ein Bett improvisiert.
Reuter packte den Rekorder auf den Tisch. Mit leisem Knirschen drehten sich die Spulen. Wegmann ließ Reuter die Fragen stellen. Er begann, wie die Strafprozessordnung es vorschrieb: Name der Zeugin, Alter, Wohnort, Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht.
Wegmann stellte frischen Kaffee auf den Tisch. Drei Becher dampften vor sich hin. Einen davon zog Juli zu sich heran und hielt ihn fest, als müsse sie ihre Finger daran wärmen.
Reuter fragte: »Wer außer Ihnen weiß, dass Robby Marthau unser Informant war?«
»Niemand. Jedenfalls nicht von mir.« Die junge Frau hielt ihren Blick auf den Rekorder gerichtet.
»Henrike Andermatt hat Ihnen von dem Mord an Robby erzählt?«
»Klar. Wir haben geheult und geredet und versucht, uns zu trösten.« Juli schniefte. »Lena hat ’ne Menge mitgemacht. Ich versteh bloß nicht ganz, wieso Robby sie mitgenommen hat.«
»Was wissen Sie über die Tat?«
»Lena sagt, ein Vermummter hat geschossen und so. Er hat meinen Freund ermordet und versucht, auch Lena umzubringen.«
»Und dann?«
»Brachte sie Robby zum Präsidium.«
»Dazwischen lag eine halbe Stunde.«
»Davon weiß ich nichts.«
Reuter hielt es für möglich, dass Juli in diesem Punkt log. Aber ihr war nichts anzumerken.
»Was könnte Lena in dieser Zeit getan haben?«
»Keine Ahnung.«
»Haben Sie eine Idee, wer der Schütze gewesen sein könnte?«
Julis Augen schimmerten feucht. »Nein.«
»Wem würden Sie es zutrauen?«
»Einen Menschen zu killen?« Sie schüttelte heftig ihre Locken.
»Manfred Böhr vielleicht, Robbys Chef?«
»Wie kommen Sie darauf? Die beiden haben sich doch gut verstanden und so. Der Böhr hat Robby zu seinem Assistenten gemacht.«
Das naive Pummel-Püppchen hat wirklich keine Ahnung, dachte Reuter.
Wegmanns Handy spielte etwas Hektisches. Reuter ärgerte sich über die Störung. Der Kollege entschuldigte sich und ging zum Telefonieren hinaus.
Reuter fuhr fort: »Hatte Robby sich in letzter Zeit irgendwie anders verhalten? Hatte sich etwas geändert?«
»Nein. Außer dass er viel Arbeit hatte und mich nicht jeden Tag besucht hat. Ich hab mich nicht beschwert, denn ich wollte nicht, dass Robby sauer auf mich ist.«
»Hat Robby mit Drogen gehandelt?«
Juli machte große Augen und schüttelte den Kopf.
»Kennen Sie Sascha Maisel?«
»Natürlich. Er und Robby waren beste …«
»Handelt Sascha mit Drogen?«
Juli schluckte, bevor sie antwortete: »Hören Sie, Robby hatte schon lange nichts mehr mit Drogen zu tun. Das hat er mir versprechen müssen, sonst hätte ich ihn nicht geheiratet.«
»Sie sind verheiratet?«
»Nein, aber wir hatten es echt vor.« Juli schniefte und wischte sich über die Augen. »Am 10. September sollte es sein, dem Geburtstag meiner Mutter. Sie hätte sich so sehr gefreut. Robby überlegte, einen eigenen Club aufzumachen, und ich wollte noch mehr Kinder. Wir hatten Pläne.«
Reuter bezweifelte, dass Robby geheiratet hätte. Nicht diese Frau, auch nicht mit Kind. Die junge Mutter tat ihm leid. Er räusperte sich und fragte: »Unmittelbar nach dem Mord an Robby ist in seine Wohnung eingebrochen worden. Wer kommt dafür in Betracht?«
Juli zuckte mit den Schultern.
»Sascha Maisel?«
»Wieso Sascha?«
Wieder hatte Reuter den Eindruck, sie wisse mehr, als sie zugab. »Was könnte der Einbrecher mitgenommen haben?«
Sie schüttelte ihre Locken.
»Könnte es sein, dass es der Mörder in erster Linie auf Henrike Andermatt abgesehen hatte und Robby nur aus Versehen tötete?«
Wieder diese großen Augen.
»Hat Henrike vielleicht schon einen solchen Verdacht geäußert?«
»Nein.«
»Warum kam Henrike heute Nacht zu Ihnen? Sie hat doch eine Einliegerwohnung im Haus ihrer Eltern.«
»Es gab Zoff mit dem Richter. Herr Andermatt denkt, so Leute wie Robby und ich seien nicht der richtige Umgang für Lena.«
»Woher kennen Sie sie eigentlich? Durch Robby?«
Heftiges Lockenschütteln. »Als ich neu in Düsseldorf war, hab ich bei den
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