Königsallee
sie unter Beobachtung.
Keine zehn Minuten später wurde ihr Blick glasig und die Beine drohten, unter ihr wegzuknicken. Es war so weit, fast von einem Moment auf den anderen.
»Wollen wir es uns zu zweit gemütlich machen, Simone?«
Sie lächelte wie ein moldawischer Dorftrottel, dem man Süßstoff als Kokain andrehen konnte.
»Komm, ich bring dich nach Hause, Zuckerschnecke.« Er legte den Arm um sie und bugsierte sie zur Treppe. Es genügte, ihr die Richtung zu weisen. Sie schaffte die Stufen fast ohne Hilfe.
Draußen küsste er sie. Die Deutsche erwiderte sein Zungenspiel sogar. Die Droge wirkte besser, als Jewgeni erhofft hatte.
Sie trug einen Rock. Das brachte ihn auf eine Idee.
»Zieh deinen Slip aus, mein Schatz.«
Die Frau gehorchte wie in Zeitlupe. Er hielt sie fest, damit sie nicht umkippte. Das Höschen steckte er ein, ein weißes Ding mit Spitze am Saum.
Er befummelte sie unter dem Rock. Simone ließ es geschehen. Jewgeni nahm sich vor, nie wieder ohne Zaubertropfen auszugehen. Er drückte die Finger in ihr weiches Fleisch und kniff zu, bis sie vor Schmerz stöhnte. Dann wies er sie an, sich selbst zu streicheln.
Ein Pärchen trat aus der Disko und glotzte.
»Mach weiter«, sagte er, als sie aufhörte.
Jewgeni beschnupperte seine Finger und genoss das Aroma. Er fragte die Mieze des Oberbürgermeisters nach ihrer Adresse. Sie antwortete schleppend und Jewgeni hatte Mühe, sie zu verstehen. Vorübergehend waren ihre Nervenzellen so demoliert wie die Leninstraße in Tiraspol.
Er ließ sich ihren Wohnungsschlüssel geben und winkte ein Taxi heran. Beim Einsteigen schob sich ihr Rock hoch. Jewgeni überlegte, was er bereits während der Fahrt mit ihr machen könnte.
Plötzlich hörte er Rufe auf Russisch: »Warte, Jewgeni! Ich komme mit!«
Es war Nastja, die sich im Laufen ihr glitzerndes Jäckchen überstreifte. Sie war noch vor ihm an der Taxitür und rutschte auf den Platz neben Simone.
Jewgeni setzte sich nach vorn und nannte Simones Adresse. Der Taxifahrer fuhr los. Jewgeni wandte sich um. Wladimirs Schwester lupfte den Rocksaum der Deutschen und gluckste beim Anblick.
Dann kraulte sie ihm den Nacken. »Du wolltest doch nichts mit dieser Schlampe anfangen, oder? Schau mal, sie hat den Wodka nicht vertragen!«
Simones Augen fielen zu.
Dann eben beim nächsten Mal, dachte Jewgeni und kramte seinen Gummiball hervor.
20. Mai, Blitz am Sonntag, Titelseite:
RICHTER GNADENLOS:
TOCHTER NACKT UND TOT IM WALD!
Zweiter Mord innerhalb eines Tages –
Wird die Landeshauptstadt zum Neapel am Rhein?
Schock für den prominenten Richter Konrad Andermatt: Henrike, einzige Tochter des FDP-Politikers, wurde gestern Abend im Aaper Stadtwald gefunden. Nackt und geschändet, offenbar das Opfer eines brutalen Sexgangsters. Henrike (21, Bild rechts) studierte Betriebswirtschaft und absolvierte ein Redaktionspraktikum bei Antenne Düsseldorf, war beliebt bei Kommilitonen und Kollegen – ganzer Stolz des Papas, der nun sehr stark sein muss.
Nordrhein-Westfalen fragt sich: Wird ›Richter Gnadenlos‹ dennoch das Amt des Landesinnenministers antreten, das seine Partei ihm angetragen hat? Nach wie vor gilt das Wort von Ministerpräsident Fahrenhorst (CDU): »Mein Koalitionspartner hat das Vorschlagsrecht und ich schätze Herrn Andermatt sehr.«
Und gnadenloses Durchgreifen gegen Kriminalität tut not: Keine vierundzwanzig Stunden vor dem abscheulichen Mord an Henrike wurde Robert Marthau (23, Bild links) im Rheinhafen das Opfer eines bislang unbekannten Täters. Der tödliche Schuss fiel laut Polizeiinformation zu Beginn des japanischen Feuerwerks. Marthau, gebürtiger Kasache mit deutschem Pass, gehörte der Türsteherszene an. Ihm wurden Kontakte zum Drogenmilieu nachgesagt.
Die Polizei sucht in beiden Fällen dringend nach Zeugen und bittet die Bevölkerung um Hinweise unter 0211/3107111.
40.
Das Telefon schrillte.
Reuter setzte sich auf. Seine Schulter schmerzte. Er war eingepennt, obwohl das Feldbett für seinen Geschmack viel zu hart war und er sich nur kurz hatte ausruhen wollen. Sein Sakko, das er als Decke verwendet hatte, war völlig zerknittert.
Über dem Schreibtisch tanzte Staub im ersten Sonnenlicht. Reuter griff nach dem Hörer. »Reuter, Polizeipräsidium Düsseldorf.«
»Es war der Werwolf.« Eine zittrige Frauenstimme. »Bei Vollmond durchstreift er die Wälder.«
Reuter legte auf.
Er sammelte die Protokolle und Hinweismeldungen ein, die auf das Linoleum geglitten waren. Er hatte
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