Königsallee
Ich dachte mir, dass ich Ihnen das lieber gleich sage.«
Reuter malte noch mehr Fragezeichen. »Duisburg – was wollte sie dort?«
»Sie hat’s nicht gesagt und ich wollt’s auch nicht wissen. Jetzt tut es mir natürlich leid. Womöglich wäre Henni noch am Leben, wenn ich sie hingefahren hätte.«
»Hat sie Ihnen von einem Streit mit ihren Eltern erzählt?«
»Nur dass ihr Vater ihren Autoschlüssel hätte und sie deshalb meine Karre bräuchte.«
»Wie war Henrikes Verhältnis zu ihm?«
»Ganz gut eigentlich. Ihr Vater war immer für sie da. Das heißt, Zeit hatte er nie, aber er hat ihr jeden Wunsch erfüllt. Wenn Henni Kohle brauchte, hat er nie gefragt, wofür.«
»Wussten Sie, dass sie sich manchmal Lena nannte?«
»Das war auch so ’ne Sache, mit der sie gestern ankam. Als ich Henni zu ihr sagte, meinte sie, damit sei es vorbei und sie wolle ein neues Leben beginnen. Aber so war sie eben. Ziemlich sprunghaft. Ihre ganzen Einfälle hab ich schon lange nicht mehr ernst genommen.«
»Wie lange waren Sie ein Paar, Herr Karge?«
»Zwei Jahre, bis diesen Januar, allerdings mit einer längeren Unterbrechung.«
»Und warum haben Sie sich getrennt?«
»Es wurde mir zu anstrengend.«
»Andere Männer?«
»Ja, das auch. Und dann gab es Phasen, da ging sie nicht aus ihrer Wohnung, fühlte sich schlecht fühlte, Migräne und so. Ein ständiges Auf und Ab. Gute Zeiten, aber auch viel Stress.«
»Und was war im Januar konkret vorgefallen?«
»Sie hatte beim Radio jemanden kennengelernt, mal wieder die große Liebe. Als ich deshalb Schluss machte, bekam sie die große Krise, schluckte Tabletten, musste ins Krankenhaus. Aber ich war froh, dass es vorbei war. Mit Henni und dem Typen hat es übrigens nicht lange gehalten.«
»Wie heißt der Mann?«
»Ich kenne nur seinen Vornamen. Sven.«
»Eifersüchtig?«
»Ich? Nein, die Trennung ging ja von mir aus.«
»Ich muss Sie trotzdem fragen, wo Sie gestern um zwanzig Uhr waren.«
»Zu Hause.«
»Allein?«
»Ja, ich habe Tagesschau geguckt und etwas gegessen. Um halb neun hat mich dann ein Kumpel abgeholt.«
Reuter ließ sich den Namen des Kumpels nennen. Dahinter schrieb er: Henrikes neuer Freund, Kollegen beim Sender befragen .
»Kennen Sie jemanden, der ein Wohnmobil besitzt?«
»So ein Gefährt, in dem man übernachten kann?«
»Ja, ein Transporter mit entsprechendem Aufbau. Der, nach dem wir suchen, hat vorn drauf einen Mercedesstern.«
Karge schüttelte den Kopf.
Reuter blickte kurz zu seinem Partner hinüber. Bruno, dein Einsatz.
Der Kollege schlug gleich einen ruppigen Ton an: »Wenn ich dich richtig verstehe, hast du es also eine ganze Stunde mit Henrike in diesem Lokal ausgehalten?«
»Ja.«
»Obwohl sie dich nervte? Deine hysterische Ex, die du nur widerwillig getroffen hast? Sechzig Minuten deiner wertvollen Zeit als Manager in spe? Junge, willst du uns verarschen?«
Der Student schluckte und schwieg.
»Was habt ihr bei Sam’s ausgeheckt? Was hat sie dir erzählt über den Mord an diesem Kerl hier?« Wegmann hielt Karge die Zeitung hin und tippte gegen Robby Marthaus Konterfei.
Karge wandte den Blick ab. »Davon hat sie kein Wort gesagt.«
»Lüg uns nicht an! Ging es um Koks?«
»Nein …«
»Liquid Ecstasy?«
Reuter fragte sich, wie sein Kollege darauf kam. Hatte Wegmann einen Wissensvorsprung?
Karge kam ins Stottern. »Liquid w-was?«
Wegmann schleuderte die Zeitung durch den Raum, die Blätter segelten zu Boden. Der Exboxer baute sich vor dem Studenten auf. »Ich hab gesagt, du sollst uns nicht verarschen! Junge, du bist uns als Kokser bekannt. Also raus mit der Sprache! Wo bewahrst du dein Zeug auf?«
»Ich … ich hab nichts hier. Ehrlich.«
»Es kostet mich nur einen Anruf und du hast im Handumdrehen einen Durchsuchungsbeschluss am Hals und Besuch von den Kollegen der Drogenfahndung mit ihren Spürhunden. Und die haben garantiert keinen Sinn für schlechte Scherze!«
»Das b-bisschen, was ich hatte, habe ich mir g-gestern mit Henrike geteilt.«
Wegmann erweckte den Eindruck, als wollte er sich auf den Studenten stürzen. Reuter packte seinen Partner am Arm, um ihn zurückzuhalten. Dann hob er die Zeitungsseite mit Robbys Foto auf und präsentierte sie dem Langhaarigen noch einmal: »Schauen Sie sich das Foto gut an, Herr Karge. Kannten Sie diesen Mann?«
»Kann sein. Er hat im Pleasure Dome gearbeitet, nicht wahr?«
»War er Ihr Dealer?«
»Ich bin nicht süchtig, wenn Sie das meinen.«
»Ich frage Sie, ob Ihnen
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