Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
sie sicher mit voller Absicht geschrieben. Sie wollte, dass Magdalena ihn las, damit sie wusste, dass alles in Ordnung sei und keinerlei Verhör über ihren Verbleib mehr stattgefunden hatte. Aber er konnte auch bedeuten, dass sie auf der Hut sein sollte – und fortbleiben. Aber wie lange noch? Ihr ganzes Leben, ihre Zukunft schien ihr verpfuscht und bereits zu Ende!
Mit Katharina, ihrer Cousine, war in den folgenden Wochen eine seltsame Verwandlung vorgegangen. Das Mädchen, gerade erst sechzehn geworden, zeigte ein hochmütiges Benehmen und begann, sie vor allen anderen herumzukommandieren wie einen gewöhnlichen Dienstboten. Magdalena entschloss sich daher, sie um eine Aussprache zu bitten. Sie erschien etwas früher zum vereinbarten Zeitpunkt, klopfte mehrfach an die Tür ihres Zimmers und trat dann ein. Das Zimmer war leer und sie nahm auf einem Sessel Platz und wartete. Ein Brief auf dem zierlichen Schreibtisch neben ihr zog ihren Blick an. Sie sah genauer hin – keine Zweifel, das waren die Schriftzüge Richters.
»Süßes Kind«, las sie in der Anrede, als sie ihn in der Handhielt, »ich kann dich nicht mehr aus meinen Gedanken verbannen, Deinen Mund, der mir wie eine reife Himbeere entgegenlacht, Deine Augen …«
Sie schrak zurück und ließ den Brief fallen, als die Tür ins Schloss schlug. Katharina stand vor ihr und funkelte sie wütend an. »Was soll das?«, schrie sie mit ihrer schrillen Kinderstimme. »Was fällt dir ein, in meinem Zimmer herumzuschnüffeln und meine Post zu lesen?« Sie hob den Brief auf und versteckte ihn an ihrer Brust.
»Du warst nicht da«, erwiderte Magdalena, völlig überrumpelt, »und ich habe die Schrift auf dem Brief erkannt. Auf jeden Fall solltest du ihn nicht so offen herumliegen lassen – wenn das deine Eltern sehen …«
»Keine Sorge, sie werden es ohnehin bald erfahren«, erwiderte Katharina schnippisch. »Sie können ruhig wissen, was mein Verlobter mir schreibt!«
»Dein Verlobter?« Magdalena schoss das Blut ins Gesicht. »Heinz Richter? Er ist mehr als doppelt so alt wie du … außerdem …«
»Das ist mir ganz egal! Du gönnst ihn mir natürlich nicht – bist wohl eifersüchtig.« Sie funkelte sie triumphierend an. »Jedenfalls brauchst du dir keine Hoffnungen mehr auf ihn zu machen. Er hat gesagt, das mit dir war nur so eine Affäre – bei mir wäre es ganz anders. Ich liebe ihn! Er ist die Liebe meines Lebens, und er gehört mir, mir ganz allein!«
»Liebe deines Lebens?«, wiederholte Magdalena. Sie musste unwillkürlich auflachen. Die Situation hatte das Tragikomische einer Shakespeare-Komödie. Katharina war verliebt, verblendet und alles, was sie jetzt sagen würde, schien ihr sinnlos. Sie wurde wieder ernst. »Und – seit wann ist er das?«
»Seit er mir diesen Brief geschrieben hat!«, antwortete Katharina trotzig. »Du lachst mich aus, denkst, das ist nur ein Spiel? Du kannst ihn ja selbst fragen. Er liebt mich, so wie ich ihn!«
Magdalena riss sich zusammen. Sie musste versuchen, ihr die Augen zu öffnen, auch wenn es wahrscheinlich nichts nutzte. »Vielleicht weißt du nicht, dass ich eine Affäre mit ihm hatte«, begann sie ruhig. »Er hat mich gezwungen, mich erpresst, mit ihm ins Bett zu gehen. Denk daran, er kommt aus kleinen Verhältnissen, will Karriere machen. Sein Charakter ist schlecht – berechnend. Hast du nie daran gedacht, dass ihn vielleicht nur dein Vermögen interessiert?«
»Du lügst!« Katharina stampfte mit dem Fuß auf wie ein ungezogenes Kind und stürzte mit hoch erhobener Hand auf sie zu, als wolle sie sie schlagen. In letzter Minute beherrschte sie sich jedoch und trat nur ganz nahe an sie heran. Ihre rote Mähne loderte um ihr Gesicht, ihre grünen Augen glänzten wild vor Leidenschaft, und sie atmete heftig. In diesem Augenblick glich sie einem gefallenen Engel. »Du willst uns nur auseinanderbringen. Ich hasse dich!«, fauchte sie ihr entgegen. »Warum bist du überhaupt gekommen – nistest dich bei uns ein? Ich weiß, dass du irgendetwas zu verbergen hast. Aber ich kriege schon noch raus, was es ist. Und dann werde ich es der Polizei melden, das schwöre ich!«
Magdalena gab ihr in einer Reflexbewegung, ohne es wirklich zu wollen, einen Stoß vor die Brust, und schon lagen sich die beiden in den Haaren. Das junge Mädchen warf sich blindwütig auf sie, kratzte und schlug um sich, während sie, die Angreiferin von sich weghaltend, am Ärmel ihres bunten Seidenkleides zerrte, der einen
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