Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
dünnen Haare, zu einem Dutt zusammengefasst, ließen sie strenger als gewöhnlich aussehen. Ohne sie zu fragen, wie es ihr ging, setzte sie sich zielbewusst an den kleinen Tisch, der mit Magdalenas Büchern überladen war.
»Es ist erfreulich, dass es dir wieder besser geht, Magdalena. Ich habe darauf gewartet, weil ich unbedingt mit dir reden muss ! «, begann sie ohne Umschweife und ohne ihr in die Augen zu sehen. »Ludwig weiß nichts davon, und ich hoffe, du wirst ihm auch nichts von unserer Unterredung berichten, versprichst du das?« Magdalena blieb nichts anderes übrig, als zustimmend zu nicken, und sie fuhr fort. »Ich bedauere selbstverständlich zutiefst, was deiner Familie geschehen ist – das ganze Unglück und vor allem den Tod der guten Louise. Du hast durch die Kriegsumstände dein Zuhause verloren«, sie machte eine kleine Pause, als wolle sie ihre nächsten Worte gut überlegen, bei denen sie die Stimme hob, »weigerst dich aber, zur Beisetzung zu fahren. Obwohl es sicher einiges zu regeln gibt. Du hast deine Gründe – aber sicher auch etwas zu verbergen. Aber wenn wir dich weiter hier behalten, machen wir uns vielleicht mit strafbar. Ich hoffe, du verstehst, was ich meine.«
Magdalena wollte antworten, doch ein Kloß in ihrem Hals hinderte sie daran und verschlug ihr die Stimme.
»Aus reiner Christenpflicht haben wir dich aufgenommen«, fuhr Johanna spitz fort und taxierte Magdalena, die auf der Bettkante saß, mit einem eiskalten Blick. »Und was ist nun der Dank?«
»Was willst du damit sagen?«, warf Magdalena ein, doch Johanna war in Fahrt und ließ sie nicht zu Wort kommen. »Da fragst du noch? Bedenkenlos hast du uns einen Mann ins Haus geschleppt, dem es nicht allein genügte, dich zu verführen«, ihr Ton wurde schrill, »sondern … sondern«, sie schnappte nach Luft und legte die Hand auf ihre Herzgegend, »der die Unverschämtheit besaß, sich an unsere unschuldige Tochter heranzumachen, um … «
»Damit habe ich nichts zu tun!«, unterbrach Magdalena. »Eine flüchtige Schwärmerei...«
»Schwärmerei?«, schnaufte Johanna und baute sich vor ihr auf. »Und wie kommt dieser fremde Mensch dann dazu, um ihre Hand anzuhalten?«
Sie brach in hysterisches Schluchzen aus. »Der Sohn eines Lagerarbeiters! Niemals werde ich das erlauben!«
»Sie … sie wird ihn vergessen!«, stammelte Magdalena hilflos.
»Ein Kriegsberichterstatter! Was ist das schon!«, jammerte die Tante weiter. »Meine Kathi hätte einen anderen Mann verdient. Sie ist so ein liebes, gehorsames Mädchen!« Aufgeregt ging sie imZimmer auf und ab, bevor sie vor Magdalena stehen blieb und sie wütend anfauchte: »Du bist schuld, du hattest einen schlechten Einfluss auf sie – dein skandalöser Lebenswandel! Seit dem Tag, als du hier ankamst, hat sie sich völlig verändert!«
Magdalena, die ihre Cousine weder lieb noch gehorsam fand, schüttelte den Kopf. »Bist du nur gekommen, um mir das zu sagen?«, fragte sie unvermittelt.
Johanna starrte sie eine Weile schweigend an, bevor ein Schwall bisher zurückgehaltener Worten über ihre Lippen brach: »Wenn du es wirklich wissen willst, ja. Du bist eine Gefahr für uns, solange du dich hier im Hause aufhältst. Ich wette, es dauert nicht lange, dann taucht die Gestapo bei uns auf und nimmt uns alle unter die Lupe. Außerdem …« sie holte tief Luft, »hat Kathi mir erzählt, dir sei neulich in ihrer Gegenwart übel geworden. Da liegt ja die Vermutung nahe«, sie kniff die Lippen zusammen, »dass du … schwanger sein könntest?«
Magdalena schlug die Augen nieder. Was sollte sie sagen? Die Wahrheit hatte sie vor sich selbst verdrängt. »Ich weiß nicht«, murmelte sie, »in letzter Zeit habe ich sehr viel Schweres erlebt …«
»Du weißt es also nicht?« Die Tante zog die Luft hörbar ein und blieb vor ihr stehen. »Eine Schande ist das! Ich habe meine Kinder nach moralischen Grundsätzen erzogen! Ich muss dich jetzt bitten, auf der Stelle deine Sachen zu packen! Aber sag Ludwig nichts davon. Er ist so sensibel und hat mit dem Tod seiner Schwester genug zu tun. Seine Gutmütigkeit geht wirklich bis zur Dummheit.« Sie verzog ihre verkniffenen Lippen zu einem gezwungenen Lächeln, nestelte ein paar Scheine aus ihrer Tasche und hielt sie ihr hin. »Damit du siehst, dass ich dich nicht ohne Unterstützung gehen lassen möchte …« Magdalena zog es vor, reglos an ihr vorbei aus dem Fenster zu sehen. Nach einer Weile ließ Johanna den Arm sinken, warf das
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