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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
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hässlichen Riss bekam. Die zart scheinende Kathi war in ihrer Wut stärker als vermutet, und während die beiden verbissen miteinander rangen, spürte Magdalena plötzlich, wie ihre Kräfte nachließen und eine unabwendbare Übelkeit, verbunden mit einem heftigen Schwindel, in ihr hochstieg. Sie ließ das Mädchen los, stolperte und sank würgend zu Boden, wo sie sich zu ihrer Schande an Ort und Stelle übergeben musste. Wie ein Häufchen Elend blieb sie dort sitzen, keuchend, außerAtem und völlig aufgelöst. Katharina wich zurück, ernüchtert von dem, was da geschah, und musterte sie mit funkelnden Augen. »Pfui! Das ist ja ekelhaft«, sagte sie nur, spuckte vor ihr aus und knallte die Tür hinter sich zu.
    Magdalena war sitzen geblieben, ohne zu begreifen, was mit ihr geschehen war. Sie war krank, ganz sicher war sie krank geworden von all der Aufregung, dem Kummer. Langsam erhob sie sich, holte einen Lappen und begann, den Boden aufzuwischen. Wieder überkam sie die Übelkeit und nahm ihr den Atem. Sie lief hinaus, zum nächsten Abort, hustete, keuchte und ekelte sich vor sich selbst. Tränen liefen über ihr Gesicht, als sie in ihrem Zimmer anlangte. Was war das bloß? Eine dunkle Ahnung, gemischt mit fürchterlicher Angst, stieg in ihr auf.
    Am übernächsten Tag ließ der Onkel Magdalena zu sich kommen.
    Seine Miene verhieß nichts Gutes, er war ernst und gefasst, und die Falten auf seiner Stirn schienen sich vertieft zu haben. Seine Tochter hat gepetzt, dachte Magdalena, und jetzt wird er sagen, es wäre besser, wenn ich nie gekommen wäre; dass ich nur Schande über sie bringe! Und dass ich gehen soll!
    Der Onkel wies mit gesenktem Kopf auf einen Stuhl und nahm ihr gegenüber Platz. Dann stützte er den Kopf in die Hände und seine Mundwinkel zuckten, als wolle er etwas sagen. Doch er blieb stumm, seufzte nur schwer und legte stattdessen die Zeitung vor sie hin. Reglos starrte sie auf die Schlagzeile und las.
›Angriff der britischen Luftwaffe auf Königsberg! Nächtliches Inferno versetzt die Stadt in Aufregung und bringt Zerstörung und Tod!‹
    Sie schluckte und wagte nicht weiter zu fragen, denn sie las die stumme Antwort in den Augen ihres Onkels.
    »Ist … ist etwas passiert?«, fragte sie schließlich mit trockener Kehle.
    Er nickte unmerklich und schlug die Augen nieder. »Die Polizei hat mich benachrichtigt!«, begann er mit verzerrtem Gesicht. »Es tut mir so leid«, fuhr er mit belegter Stimme fort, »aber mich trifft es beinahe ebenso hart wie dich: Meine Schwester … «, er räusperte sich, »meine gute Schwester Louise … ein Volltreffer auf euer Haus in Königsberg! Mehrere Gebäude in diesem Stadtteil wurden zerbombt... « Er brach ab und stützte mit einem unartikulierten Wehlaut den Kopf in die Hände.
    Magdalena war, als hätte ihr jemand mit dem Hammer auf den Kopf geschlagen und ihr damit jede Fähigkeit zum Denken genommen. Sie brachte es gerade noch fertig zu stammeln: »Aber das … das kann doch nicht sein!«
    Ludwig drückte jetzt sein Taschentuch gegen die Augen und antwortete nicht.
    Sie schrie auf. »Theo – was ist mit meinem Bruder?«
    »Ich weiß es nicht!« Der Onkel hob den Kopf. »Noch nicht. Aber ich werde heute noch einmal mit der Polizei telefonieren! Bis jetzt kannte noch niemand die genaue Zahl der Opfer. Wir können leider nicht zur Beisetzung fahren – ich weiß nicht, wie du das regeln willst. Aber es kann noch dauern, bis alles geklärt ist – man die … die Überreste aus Schutt und Asche geborgen hat.« Seine Stimme wurde wieder brüchig, doch in diesem Moment hörte man von draußen das entfernte Brummen anfliegender Maschinen.
    »Zum Donnerwetter – jetzt kommen sie auch zu uns!«, schrie der Onkel. »Amerikanische Bomber!« Er stürzte hinaus und sah zum Himmel hinauf. »Schnell, alle in den Keller. Bringt euch in Sicherheit!« Er rannte zu den Gutsarbeitern, die wie in einem Ameisenhaufen durcheinanderliefen. Magdalena ging ihm nach, sah zu den Wolken empor und blieb unbeweglich stehen, obwohl die Flieger, die in der Formation am Himmel wie Spielzeugewirkten, mit ohrenbetäubendem Dröhnen näher und näher kamen. Sie sah genau, wie sie ihr Ziel anvisierten und ihre aus der Entfernung minimal wirkenden Geschosse, ihre tödliche Last, ausklinkten. Dann, quasi in letzter Minute, warf sie sich hinter einem Holzstapel zu Boden. Der Feuerball einer betäubenden Explosion ließ die Erde erzittern, und der damit verbundene stechende Schmerz in

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