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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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auswendig:
    ›Monsieur! – Wofern Ihr nicht zu schwachmütig seid, einem Ehrenmanne in die herausfordernden Augen zu blicken und ihm in einer Sache, die bloß der Bäume als Zeugen bedarf, Rede und Antwort zu stehen, so stellt Euch in der letzten Nachmittagsstunde an der Bergischen Eiche ein.‹
    Falckenbergs Anstrengungen, hinter den Sinn des Billets zu kommen, blieben vergeblich. Querelen unter Regimentskameraden wurden auf andere Weise ausgetragen. Für ein offenes Wort gab es auch den Exerzierplatz.
    Ein Wiehern des Pferdes ließ ihn aufblicken. Doch niemand war zu sehen. Der Himmel verdunkelte sich. Schon zuckte ein Blitz, so nahe, dass man die Entladung knistern hörte. Es folgte ein grellerDonner. Scheuend verschwand das Pferd zwischen den Erlen im Unterholz.
    Falckenberg fluchte leise, tat ein paar Schritte vorwärts und rief nach dem Tier, doch die Mühe war vergebens. Rauschend einsetzender Regen trieb von Falckenberg wieder unter den Baum zurück. Wie aus der Schale eines Springbrunnens schoss das Wasser von seinem Hut herab.
    Zwei weitere Blitze tauchten die Szenerie in gespenstisches weißes Licht. Staccato kamen die zugehörigen Donnerschläge, als hätte der ungnädige Petrus die Trommel gerührt. In endlosen Fahnen sackte der Regen zu Boden.
    Für einen Moment vergaß Falckenberg den Grund seines Ausflugs und dachte an jenes starke Gewitter der letzten Woche, das im Amt Biesenthal fünf Knechte auf dem Heimweg von der Feldarbeit dahingerafft hatte. Die Schnittblätter ihrer geschulterten Sensen waren vom Blitz in geschmolzenes, tropfendes Metall verwandelt worden, das den Niedergestreckten bis in die leblosen Gebeine gedrungen war. Im Collegium Medico-chirurgicum der königlichen Charité hatte man die bemitleidenswerten Subjekte daraufhin auseinandergenommen, um die absonderliche Wirkung der Elektrizität auf die inneren Organe zu studieren. Die metallisierten Knochen waren extrahiert und zur Anschauung für die angehenden Chirurgen und Mediziner präpariert worden. Der Leiter des Instituts, Professor Eller, hatte die Freundlichkeit besessen, ihm diese Kuriositäten persönlich vorzuweisen, als er wegen seines Dieners bei ihm war. Der arme, kranke Andersohn! Hoffentlich ängstigte ihn das Gewitter nicht zu arg. Und Charlotte – sie mochte sich sicher vor Todesfurcht verkriechen.
    Es krachte wieder Ohren betäubend. Der Regen schwoll noch einmal zum Wolkenbruch an, um dann wie eine Husche binnen weniger Sekunden zu versiegen. Schräge Sonnenstrahlen blinkten bereits wieder durch das Herbstlaub. Am Rand der abziehenden Wetterfront spannte sich ein Regenbogen.
    Das zuvor kniehohe Gras lag geplättet vor anhängendem Wasser und dampfte. Drosseln ließen sich hören, begleitet vom allseitigen Getropfe. Ein Schwarm anderer, kleinerer Vögel, die er nicht kannte, fiel ein und verteilte sich vielstimmig-wispernd im Erlenwald. Das Pferd hatte auf die Lichtung zurückgefunden, was Falckenberg erleichtert registrierte. Er wollte es gerade rufen, als er sah, dass es bereits die Ohren hochgestellt hatte und zu ihm herblickte.
    ›Brav!‹ dachte er und machte einen kleinen Schritt nach vorn. Er stolperte und hatte Mühe, einen Sturz zu vermeiden. Sein Atem kondensierte in der plötzlichen Kühle. Dicht hinter ihm knackte ein Ast. Doch bevor er reagieren und noch etwas denken oder wahrnehmen konnte, traf ihn ein harter Schlag am Hinterkopf. Er kauerte noch halb am Boden, als der Widersacher ein zweites Mal zuschlug und etwas tiefer traf. Im Schwung einer bereits begonnenen Bewegung fiel Falckenberg auf die Seite und kam auf dem Rücken zu liegen. In seinen Augen malte sich grenzenloses Erstaunen.
    Das Pferd schnaubte und trippelte nervös. Aus einiger Entfernung sah es seinen Reiter reglos daliegen. Ein weiterer, unförmiger Zweibeiner hatte sich über ihn gebeugt und einen jener Stöcke ergriffen, die Feuer spien und Donner verursachten. Es donnerte zweimal. Mit erschrecktem Wiehern ergriff das Tier die Flucht.

Die Stadt Berlin hat Vier Theil als A. Berlin. B. Cölln. C. Neu Cölln. D. Werder
.

II
    Honoré Langustier hing in der blauen Berline mit dem königlichen Wappen und ließ sich willenlos durchschütteln. Seit Stunden zuckelte an den Fenstern der edlen Kutsche dichter Laubwald vorbei. Sandkuhlen verringerten immer wieder das ohnehin geringe Tempo.
    Der korpulente Herr hatte versucht zu schlafen, aber es wollte ihm auf diesen nordischen Chausseen nicht gelingen. Vor knapp zwei Wochen waren er und seine

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