Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
Wände.
„Sie haben sich neu eingerichtet“, stellte ich fest, während ich zögernd den Raum betrat. Parelsus stieß vor Schreck einen kleinen Schrei aus, als er mich bemerkte. Hastig warf er ein Tuch über den Käfig.
„Es war höchste Zeit, meine Umgebung zu verändern, Selma. Weißt du Routine ist der Tod der Kreativität. Ich wechsle daher meinen Tagesablauf fast täglich“, erklärte er sichtlich nervös. Vielleicht hatten die anderen doch Recht, dachte ich und Parelsus war ein kauziger, alter Mann, der gemeinsam mit der dementen Eleonora wunderliche Geschichten erdachte. Mit einem Mal kam mir der gestrige Nachmittag albern vor. Eleonora hatte mir vermutlich nur ausgedachte Dinge erzählt. Niemand glaubte daran, dass sie etwas Nützliches wusste.
„Was kann ich für dich tun?“, fragte er mich. Ich ließ mich auf eines der hübsch bestickten Kissen sinken. Wie sollte ich das jetzt geschickt anfangen?
„Sie wollten mir mehr von meiner Mutter erzählen!“, begann ich. Vielleicht konnte ich ein paar meiner Fragen geschickt in das Gespräch einflechten.
„Richtig, richtig. Entschuldige, dass ich dich habe so lange warten lassen, du weißt mein Projekt nimmt mich stark in Anspruch.“ Ich nickte verständnisvoll. „Wir machen dort weiter, wo ich das letzte Mal aufgehört habe. Also, nachdem deine Mutter keinen Erfolg mit ihrem Kampf von unten hatte, war sie sehr deprimiert. Zu diesem Zeitpunkt lernten wir uns kennen, damals war ich gerade als Bibliotheksassistent nach Tennenbode gekommen. Ich half ihr bei ihren Recherchen und Vorbereitungen und wir merkten schnell, dass wir dasselbe Ziel verfolgten. Wir versuchten einen Plan auszuhecken, wie wir die Senatoren überzeugen konnten, einen gesellschaftlichen Wandel einzuleiten. Wir haben lange gegrübelt, geplant, verworfen und wieder neu geplant. Zuerst haben wir es natürlich ganz legal versucht. Wir dachten in einer fortschrittlichen Gesellschaft ist es erlaubt, Vorschläge für Verbesserungen einzubringen.“
Parelsus holte ein Fotoalbum heraus, in dem Fotos von Treffen mit Senatoren und Gesprächsrunden dokumentiert waren. Ich machte es mir auf meinem Kissen gemütlich und Parelsus begann ausführlich, jedes Bild zu erklären. Er sprach beinahe zwei Stunden ununterbrochen, doch ich schaffte es nicht, das Gespräch auf Eleonora und die Akasha-Chronik zu bringen.
Als Parelsus das Fotoalbum zugeschlagen und es in einem der Bücherregale verstaut hatte, sah er mich erwartungsvoll an. Es war Zeit zu gehen, das sagte sein Gesichtsausdruck ganz deutlich. Ich zögerte, bis meine Neugier schließlich die Oberhand gewann.
„Da ist noch etwas, was ich unbedingt wissen muss“, sagte ich. Parelsus musterte mich gespannt über den Rand seiner Brille hinweg.
„Ich muss die Akasha-Chronik finden!“, sagte ich schnell. Ich war mir sicher, dass Parelsus einen Ton bleicher geworden war. „Sie wissen von der Chronik und ich muss dahin.“
„Warum?“ Parelsus hatte sich wieder gefasst.
„Das ist eine lange Geschichte.“ Ich wollte nicht von meinen Träumen und der Prophezeiung der Sybillen erzählen, das waren keine verlässlichen Quellen, auch wenn ich ihnen eine große Bedeutung zumaß.
„Ich muss den Mörder meiner Eltern finden“, sagte ich lediglich. Er nickte verständnisvoll.
„Verständlich, Selma, durchaus verständlich, aber ich weiß nichts von der Akasha-Chronik“, sagte er schnell. Ich wurde wütend. Er log mich an, das war doch ganz offensichtlich.
„Ich war bei Eleonora Donna?“, bohrte ich weiter.
„Selma, ich kann dir nichts darüber erzählen.“ Parelsus rutschte unruhig auf seinem Kissen hin und her. Zu meinem Erstaunen leugnete er weder, dass er bei Eleonora zu Besuch gewesen war, noch dass er über die Akasha-Chronik Bescheid wusste.
„Woher haben sie davon erfahren?“, fragte ich leise und versuchte meinen aufwallenden Zorn zu verbergen. Nach so langer Zeit war ich endlich einen Schritt weitergekommen und dann belog mich Parelsus, der Mann, dem ich laut meiner Mutter vertrauen konnte.
„Selma, das sind alles Dinge, die du nicht wissen solltest. Georgette wird mich vierteilen lassen, wenn sie davon erfährt, worüber wir sprechen. Das ich dir von deiner Mutter erzähle, mag ja noch angehen, aber weiter werde ich nichts preisgeben.“ In diesem Moment rutschte durch eine hektische Bewegung von Parelsus Arm das Tuch wieder von dem Käfig, aus dem ein unterdrücktes Quieken kam.
Jetzt, wo ich die kleinen Tiere genauer
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