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Königsjagd

Königsjagd

Titel: Königsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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entfernte sich wieder. Er saß einen Moment lang stirnrunzelnd da, griff dann zum Telefonhörer und bat darum, mit Admiral Canaris im Hauptquartier der Abwehr am Tirpitzufer verbunden zu werden. Der Admiral war nicht erreichbar. Schellenberg lächelte. Das bedeutete wahrscheinlich, daß Canaris gerade im Tiergarten ausritt - es war Donnerstag nachmittag. Er nahm wieder den Hörer, bestellte einen Wagen und verließ mit schnellen Schritten den Raum.

      Als Frau Huber das Kopierzimmer betrat, hatte nur eine Frau mittleren
    Alters Dienst, die sie nicht kannte.

    »Wer sind Sie?« fragte sie.
    »Irene Neumann. Ich arbeite eigentlich in der Registratur.«

      »Ich verstehe. Ziehen Sie bitte das hier ab. Drei Exemplare. Eines für den Chef, eines für General Schellenberg und eines für mich. Ich warte solange.«
      Die andere Frau stellte den Apparat an. Persönlich - streng geheim, las sie, und dann sprangen ihr die Worte »Herzog von Windsor« in die Augen.
      Frau Huber zündete sich eine Zigarette an und schritt nervös im Zimmer auf und ab. »Beeilen Sie sich bitte, um Gottes willen.«

      Als die Maschine anlief, klingelte in ihrem Büro das Telefon, und sie eilte aus dem Raum, um abzunehmen. Es war eine Routinesache, die nur drei oder vier Minuten dauerte. Während sie eine Aktennotiz schrieb, hörte sie ein leichtes Husten und drehte sich um. Irene Neumann stand in der Türöffnung.
    »Sie sagten, drei Ausfertigungen, Frau Huber?«

    »Ja. Legen Sie sie auf den Schreibtisch.«
      Die andere Frau tat es und ging. Wieder im Kopierraum, machte sie sorgfältig die Tür hinter sich zu, öffnete eine Schublade und nahm das Exemplar des Windsor-Berichts heraus, das sie zusätzlich abgezogen hatte. Sie faltete es zusammen, hob ihren Rock hoch und steckte es oben in den Strumpf.
      Einen Augenblick danach wurde die Tür geöffnet, und eine junge Frau in SS-Uniform kam herein. »War viel los?«
    »Nicht besonders.«

    »Gut. Sie können jetzt gehen.«
      Sie begann, sich die Uniformjacke aufzuknöpfen, und Irene Neumann nahm ihren Mantel und ging.

      Admiral Canaris war 52 Jahre alt. Im Ersten Weltkrieg hatte er sich als U-Boot-Kommandant ausgezeichnet und leitete jetzt die Abwehr, den Nachrichtendienst des Oberkommandos der Deutschen Wehrmacht. Obgleich er ein loyaler Bürger war, verachtete er wie viele andere Offiziere das NS-Regime aus mancherlei Gründen, eine Haltung, die gegen Kriegsende unter anderem zu seinem Sturz und seiner Hinrichtung führen sollte.

    Schellenberg stand auf gutem Fuß mit ihm, sie ritten häufig gemeinsam im Tiergarten. Als er neben seinem Wagen wartete, erblickte er den Admiral, der, gefolgt von seinen beiden Lieblingsdackeln, die offensichtlich Mühe hatten, das Tempo zu halten, den Reitweg zwischen den dichten Bäumen entlangtrabte, Canaris entdeckte ihn seinerseits, winkte kurz und näherte sich ihm.

      Er zügelte sein Pferd und saß ab. »Dienstlich, Schellenberg, oder privat?«
      »Beides, wie gewöhnlich«, antwortete Schellenberg und rief dann seinem Fahrer zu: »Kommen Sie und halten Sie das Pferd des Herrn Admiral.« Sie gingen zu den Bäumen, die beiden Dackel wackelten hinterher. »Nun, wie steht der Krieg, Schellenberg? Das heißt, was ist Ihre persönliche Meinung?«
      »Nun, Herr Admiral, ich denke, ich bin der gleichen Ansicht wie Sie.«
    »Und Seelöwe?«
    »Da kennt nur der Führer die Fakten.«
      »Und er rechnet damit, daß die Briten jeden Tag um Frieden ersuchen könnten? Glauben Sie, daß sie es tun werden?«

    »Eigentlich nicht.«
      »Ich auch nicht. Jedenfalls nicht, solange der Kanal zwischen uns liegt. Außerdem sind sie immer verdammt gut, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen. Haben Sie sich Churchills Rede genau angehört? Kämpft an den Stränden, in den Straßen. Blut, Schweiß, Tränen.«
    »Wir haben noch immer die Luftwaffe.«

    »Ich weiß«, sagte Canaris geringschätzig. »Der dicke Hermann gibt wieder an. Legt London in Schutt und Asche, bombt sie in die Kapitulation. War das nicht genau das, was er mit der britischen Armee in Dünkirchen machen sollte? Statt dessen hat sich die Luftwaffe von ein paar Spitfires ins Bockshorn jagen lassen.«
      Sein Gesicht war starr vor Zorn, und Schellenberg beobachtete ihn genau. Er mochte Canaris; er bewunderte ihn als Menschen. Andererseits war der Admiral zweifellos unvorsichtig. Wie er wußte, hatten Heydrich und Himmler ihn insgeheim in Verdacht, das Datum der Offensive im

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