Königsjagd
Erfolg in dieser Angelegenheit beneiden.«
Heydrich saß am Fenster seines Arbeitszimmers und hatte das Dokument in der Hand.
Der Führer und Reichskanzler
streng geheim
SS-Brigadeführer Schellenberg handelt unter meinem unmittelbaren und persönlichen Befehl in einer Sache von größter Wichtigkeit für das Reich. Er ist nur mir verantwortlich. Alle Militär- und Zivildienstgrade werden ihm jede Unterstützung erweisen, die er für richtig hält.
Adolf Hitler
Quatsch!« sagte Heydrich. »Verdammter Quatsch. Geht von völlig falschen Voraussetzungen aus.«
An der Tür klopfte es, und eine junge Sekretärin kam mit einer Akte herein, die sie ihm auf den Schreibtisch legte. Wortlos verließ sie wieder den Raum, und Heydrich tippte mit einem Finger auf die Mappe. »Hier drin ist alles, was Sie über den Herzog von Windsor wissen müssen, Schellenberg - alles, was je über ihn festgehalten wurde. Aber wie lautet das erste und oberste Gebot aller Geheimdienstarbeit, das ich Ihnen beigebracht habe?«
»Wie die Jesuiten es ausdrücken: An den kleinen Dingen sollst du sie erkennen.«
»Genau. Die Wahrheit ist nicht etwa das, was ein Mensch sagt oder was die Leute über ihn sagen. Die Wahrheit liegt in seinem Benehmen, denn Charakter ist Handeln.« Er tippte wieder auf die Akte. »Und nirgends mehr als bei diesem Mann. Wie würden Sie ihn beschreiben - in den Augen der Welt?«
»Widerspruchsvoll. Besorgt um seine Mitmenschen - das hat seine Haltung in bezug auf die englische Arbeiterklasse bewiesen. Gleichzeitig ein aus geprägter Hang zu Luxus und Vergnügen. Ein schwieriger Mann, reserviert.«
»Vielleicht. Bestimmt dickköpfig.«
»Weil er es durchsetzte, diese Miss Simpson zu heiraten? Manche Leute könnten das bewundernswert finden. Die moralische Heuchelei vieler früherer englischer Könige ist eine historische Tatsache. Vielleicht bezog der Herzog bei dieser Gelegenheit in Wahrheit nur aus Prinzip einen moralischen Standpunkt. Sich anders zu benehmen, also die Frau, die er liebte, zu demütigen, erschien ihm möglicherweise unwürdig.«
»Als er bei der britischen Militärmission in Frankreich diente, was als besseres Abstellgleis gedacht war, brachte er es fertig, mehrmals zur Maginotlinie zu fahren.« Heydrich klappte die Akte auf. »Hier ist die Abschrift eines Briefs von Generalmajor Vyse an das War Office in London. Er faßt darin die wichtigsten Punkte eines Berichts zusammen, den der Herzog nach einer Inspektion der französischen Ersten Armee schrieb. Ich zitiere:
a. Deckung und Tarnung lassen sehr zu wünschen übrig.
b. Die Verkleidung der Panzergräben ist schwach. Andere Maßnahmen gegen feindliche Panzer scheinen unzureichend.
c. Infanteriehindernisse treffen hier mit Panzersperren zusammen, so daß bei einem Bombardement beides zerstört werden würde.
d. Panzerabwehrtruppen wirken unzulänglich ausgebildet.
e. Kampfvorbereitungen scheinen nicht intensiv ausgeführt zu werden, und es waren nur sehr wenige Truppen zu sehen.
Verstehen Sie?« fuhr Heydrich fort. »Alles spricht für einen erstklassigen militärischen Sachverstand. Nehmen Sie die Mappe mit. Studieren Sie sie von vorn bis hinten. Lernen Sie den Mann kennen, dann werden Sie zumindest wissen, wovon Sie reden.«
»Sie wollen, daß ich den Auftrag übernehme?«
»Ich bin noch nicht ganz sicher. Ich werde Ihnen heute abend Bescheid geben. Machen Sie inzwischen den üblichen Bericht. Alles, was Ribbentrop gesagt hat. Ich möchte alles schwarz auf weiß haben.«
Als Schellenberg sein Büro erreichte, ließ er Frau Huber, Heydrichs persönliche Sekretärin, zu sich kommen. Sie war 38 Jahre alt, eine sinnliche, ziemlich üppige Dame ohne Make-up, das Haar in einem strengen Knoten. Sie war schon Kriegerwitwe; ihr Mann, ein Scharführer der SS-Leibstandarte, war beim Frankreichfeldzug gefallen. Sie wirkte in ihrer einfachen Kleidung überraschend attraktiv. Schellenberg diktierte ihr zügig einen Bericht über sein Gespräch mit Ribbentrop. »So schnell wie möglich, bitte.«
Sie ging hinaus, und er klappte die Akte Windsor auf und begann, sie durchzuarbeiten. Er brauchte nicht lange, nur knapp eine halbe Stunde. Als er fertig war, kam Frau Huber mit dem Bericht zurück. Er prüfte ihn und zeichnete ihn ab.
»Die üblichen Ausfertigungen?« fragte sie.
»Ja, eine für den Obergruppenführer, eine für mich und eine für die Ablage.«
Sie
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