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Königsjagd

Königsjagd

Titel: Königsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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die Stirn, was Schellenberg kaum überraschte. Er kannte das dunkle Geheimnis seines Vorgesetzten: Seine Großmutter mütterlicherseits hieß Sara - und sollte eine Jüdin gewesen sein. »Mit solchen Bemerkungen könnten Sie eines Tages Ihre Stellung riskieren, Schellenberg. Manchmal bringen Sie mich zur Verzweiflung. Manchmal kommt bei Ihnen etwas Selbstmörderisches durch.« Er füllte Schellenbergs Glas aufs neue. »Da, reden Sie nicht weiter, sondern trinken Sie.«
      Das Trio begann, etwas lauter zu spielen, die Stimme von Onkel Max ertönte, und kurz darauf trat Hanna auf das Podium und fing an zu singen. Viele ihrer Lieder waren englische Songs, genau das, was das Publikum erwartete. Sie sang eine Reihe populärer Schlager, darunter »The Continental«, »That Old Feeling«, »Time on my Hands«, ein Lied von Noel Coward - »Mad about the Boy« - und dann, als Höhepunkt und Abschluß, »These Foolish Things«, bei dessen letzten Klängen die Gäste aufsprangen und jubelten.

    Schellenberg hatte nur noch Augen und Ohren für sie, stand ebenfalls auf und klatschte wie wild. Als er wieder an Heydrich dachte, blickte er zur Seite und sah, daß sein Vorgesetzter immer noch dasaß, den Arm um das junge Mädchen gelegt, und ihn auf eine seltsam abschätzende Weise musterte.
      Als der Beifall abebbte, sagte er: »Vorsicht, Schellenberg, Sie lassen sich von Ihrer Begeisterung hinreißen. Ich glaube, sie gefällt Ihnen- vielleicht zu sehr?«

      Schellenberg nickte Vogel zu, und dieser ging zu Hanna, die am Flügel stehengeblieben war, um mit Connie zu reden, und sagte etwas zu ihr. Sie schritt durch den Raum, wechselte hier und dort ein paar Worte mit Leuten, die ihr zu dem Auftritt gratulierten. Schellenberg erhob sich: »Sie waren wundervoll!« Er nahm ihre Hände fest in seine, und sie antwortete wider Willen sehr freundlich: »Vielen Dank - es hat mir Spaß gemacht, und das ist meist auch gut für das Publikum.«

      »Obergruppenführer Heydrich, erlauben Sie, daß ich Ihnen Fräulein Hanna Winter vorstelle?«

      Heydrich machte sich nicht die Mühe aufzustehen. »Ausgezeichnet, mein Fräulein. Wirklich sehr, sehr gut.« Er benahm sich so kühl, daß es fast an Beleidigung grenzte. Zu Schellenberg sagte er: »Übrigens, ich habe beschlossen, den Abend nicht zu lang werden zu lassen. Ich werde den Wagen nehmen und ihn für Sie zurückschicken - das heißt, falls Sie noch bleiben möchten.«
    »Ja, ich denke, ich bleibe noch ein wenig.«

      »Wie Sie wollen.« Heydrich stand auf, das junge Mädchen fest am Arm haltend. »Fräulein, es war mir ein Vergnügen.«

      Hanna und Schellenberg sahen den beiden nach. Er schenkte ihr ein Glas Champagner ein. »Haben Sie noch einen Auftritt?«
    »Ja, in einer Stunde.«

    Sie legte eine Hand auf ihren Oberschenkel, denn plötzlich mußte sie an den gefalteten Bericht denken, den sie in den Strumpf geschoben hatte. Es verlieh ihr eine merkwürdige Macht über ihn, so daß sie einwilligte und sich wieder des bekannten Gefühls der Erregung bewußt wurde. »Das ist also Ihr Heydrich«, sagte sie. »Nimmt er immer Animiermädchen mit nach Hause?«

    »Oft.«
      »Er sollte sich vor Lotte in acht nehmen. Ich habe gehört, daß sie dringend zum Arzt muß.«
      Schellenberg lachte. »Wir haben bei der SS eine Redensart, die darauf paßt. ›Soldatenspiel - Soldatenrisiko‹.«

      Sie beugte sich vor, und ihre Stimme wurde unvermittelt drängend. »Sie sind nicht wie er... wie die anderen. Ich verstehe das nicht.« Er nahm ihre Hand und sagte leise: »Kennen Sie den Song ›Moonlighton the Highway‹?«
    »Ja.«

      »Ich habe ihn in einer Aufnahme mit dem englischen Schlagersänger Al Bowlly. Es ist eines meiner Lieblingslieder. Würden Sie es für mich singen?«
    »Wenn Sie möchten.«
      »Ich liebe gute Jazzsänger. Vor allem Billie Holliday - bis heute. Ihr Trio ist wirklich erstklassig.«
      »Connie und die Jungs. O ja - wenn nur die Mädchen nicht wären. In ihrer Freizeit scheint es nichts anderes für sie zu geben.« Sie stand auf, und er sagte: »Werde ich Sie später sehen?« Sie antwortete nicht. Nickte nur und ging.

      Max wartete voll Ungeduld in ihrer Garderobe. »Um Gottes willen, was ist passiert?«

      »Nicht viel. Heydrich war unhöflich und ist mit Lotte abgezogen. Ich hoffe, sie beglückt ihn mit einem Tripper. Schellenberg war sehr liebenswürdig. Spendierte mir Champagner und bat darum, mich nach Haus bringen zu

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