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Königsjagd

Königsjagd

Titel: Königsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Reichsführer«, sagte Heydrich eifrig. »Ja, der Haken im Lebenslauf dieser Frau ist jedermann klar, der zwei und zwei zusammenzählen kann. Der Akte zufolge ging sie neunzehnhunderteinundzwanzig nach Paris, um ein Diplom in Französisch zu machen. Erinnern Sie sich, was für ein Treibhaus des Kommunismus die Sorbonne damals war? Die Agitation der Studenten?«

      »Jetzt verstehe ich«, sagte Heydrich. »Natürlich. Sie könnte ein Kurier für unsere Freunde in Moskau sein.«
      »Ich denke, das ist offensichtlich.« Himmler wandte seine Aufmerksamkeit Schellenberg zu. »Sie wird es natürlich leugnen, aber glauben Sie, daß sie sich ein Exemplar des Windsor-Berichts verschafft hat?«
    »Ich nehme es an, Reichsführer. Es wäre logisch.«
    »Erklären Sie.«
      »Wir haben den Garden Room einige Monate lang überwachen lassen, und sie hat sich nie dort blicken lassen, was nur plausibel ist. Eine Agentin wie sie, die so nahe am Drehpunkt des Geschehens sitzt, muß vorsichtig eingesetzt werden. Es muß also eine sehr wichtige Sache gewesen sein, die sie gestern abend veranlaßte, gegen die Regeln zu verstoßen und zum Nachtclub zu kommen.«
      Himmler sagte: »Ich bin völlig Ihrer Meinung. Nehmen Sie diesen Winter also in Haft. Und seine Nichte selbstverständlich auch.« Abermals antwortete Schellenberg ein bißchen zu impulsiv: »Ich muß darauf hinweisen, Reichsführer, daß ich aufgrund meiner persönlichen Erfahrung zu dem Schluß gekommen bin, daß die junge Frau nicht das geringste mit dieser Sache zu tun hat. Außerdem ist sie amerikanische Bürgerin.«

      Himmler unterbrach: »Aber soweit ich weiß, wurde sie im Reich geboren, genau wie ihr Onkel.«
    »Ja, aber...«

      »Was sie beide zu deutschen Staatsangehörigen macht, Schellenberg. Der Führer hat sich in diesem Punkt ganz unmißverständlich ausgedrückt.« Eine Weile herrschte Schweigen, und Himmler starrte auf die Akte hinunter. Schließlich blickte er auf: »Warten Sie draußen. Ich möchte unter vier Augen mit Obergruppenführer Heydrich reden.« Schellenberg ging hinaus. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, sagte Himmler: »Er hat eine Neigung zu diesem Mädchen gefaßt, habe ich recht?«
      »Reichsfü hrer, Schellenberg ist der fähigste Offizier unter meinem Kommando. «
      »Ich habe Sie nicht um Referenz gebeten. Ich habe Sie gefragt, ob er Ihrer Meinung nach eine Neigung zu diesem Mädchen gefaßt hat oder nicht.«
      »Nun, Reichsführer, ich bedaure, sagen zu müssen, daß ich es ebenfalls annehme.«
    »Dachte ich's mir doch. Ich habe eine Nase für solche Dinge. Unter diesen Umständen darf er natürlich nicht mehr mit der Sache befaßt werden. Ich würde vorschlagen, daß Sie sie selbst in die Hand nehmen, Heydrich.«
    »Mit dem größten Vergnügen, Reichsführer.«
      Heydrich zögerte. Von Natur aus kalt und berechnend, von einem totalen Mangel an Menschlichkeit gekennzeichnet, nahm er selten persönliche Rücksichten. Aber bei Schellenberg war es irgendwie anders. Ärgerlich, aber wahr.

      »Reichsführer«, sagte er. »Ich hoffe, das ist für Sie kein Grund, Ihre Einstellung zu Schellenberg zu ändern. Seine Loyalität ist felsenfest, glauben Sie mir, und er hat dem Reich große Dienste erwiesen.«
      »Zweifellos.« Himmler lehnte sich zurück. »Schellenberg hat alle Qualitäten, die wir uns nur wünschen können. Intelligent, tapfer, kultiviert, geistvoll. Human. Einer der führenden Köpfe auf dem Gebiet der Gegenspionage in Europa. Aber er ist auch ein romantischer Narr.«
      »Sein Register ist untadelig, Reichsführer. Ein gutes Parteimitglied.«
      »Was überhaupt nichts bedeutet. Zu solchen Lippenbekenntnissen ist jeder imstande. Ich habe offen gesagt erhebliche Zweifel an seiner Hingabe für die Sache des Nationalsozialismus.« Er hob eine Hand. »Keine Sorge, Heydrich. Er ist zu gut, um ihn kaltzustellen - im Augenblick jedenfalls. Holen wir ihn wieder herein.«
      Kurz darauf stand Schellenberg wieder vor dem Schreibtisch. »Ich habe beschlossen, daß Sie morgen nach Spanien fliegen«, sagte Himmler. »In Anbetracht der Umstände werden Sie alle relevanten Informationen über die Sache Winter an Obergruppenführer Heydrich weiterleiten.«
    »Jawohl, Reichsführer.«

    »Gut. Sie können jetzt gehen.«
    Wieder in seinem Büro, trat Schellenberg ans Fenster, zündete sich eine Zigarette an und versuchte, seinen Zorn unter Kontrolle zu bekommen. So unangenehm diese Wahrheit auch

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