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Königsjagd

Königsjagd

Titel: Königsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Hinterkopf. »Hast du einen guten Tag gehabt?«

    »Ich kann nicht klagen. Und du?«
      »Ich bin erst kurz vor Mittag aufgestanden. Später hab ich dann ein paar Besorgungen gemacht.«
      Er nahm ihre beiden Hände. »Du weißt doch noch, worüber wir gestern abend gesprochen haben, Kleines? Wirst du tun, was ich gesagt habe? Montag mit Connie und den Jungs fahren?«

    »Und du?«
    »Ich komme nach, sobald ich kann.«
      »Onkel Max, du bist Jude - in einer Stadt, wo die Juden schlechter behandelt werden als irgendwann in den letzten zweitausend Jahren. Ich begreife schon nicht, wie du zurückkommen konntest, wo jeder Jude, der noch einen Funken gesunden Menschenverstand hatte, alles daransetzte, ins Ausland zu gehen.«

      »Ich bin Amerikaner, Kleines. Und du auch. Sie können keine Scherereien mit Uncle Sam gebrauchen - sie haben genug um die Ohren, und deshalb behandeln sie uns etwas anders. Ich sage nicht, daß es ihnen gefällt, aber so ist es nun mal.«

      Sie schüttelte den Kopf. »Wir sehen doch nur die Spitze des Eisbergs. Von den anderen Dingen haben wir keine Ahnung.«

    »Noch zwanzig Minuten bis zur Show«, sagte er. »Sei ein braves Mädchen, mach uns einen Kaffee.«
      Sie trat in die winzige Küche, die von seinem Büro abging, und ließ die Tür hinter sich einen Spalt offen. Sie zündete die Gasflamme an, füllte einen Kessel mit Wasser, setzte ihn auf, ließ sich auf dem Küchenhocker nieder und wartete darauf, daß das Wasser koche. An der Bürotür klopfte es, sie wurde geöffnet, dann schnell zugeschlagen. Sie hörte, wie ihr Onkel auf deutsch sagte: »Irene, um Gottes willen! Hab ich dir nicht gesagt, du solltest unter keinen Umständen kommen?«

      »Ich hatte keine andere Wahl. Heute ist etwas Besonderes passiert.« Hanna stand auf und stellte sich so hin, daß sie durch die offenstehende Tür ins Büro sehen konnte. Irene Neumann knöpfte gerade ihren Mantel auf, hob den Rock hoch und zog das zusammengefaltete Exemplar des Windsor-Berichts aus dem Strumpf.
      »Ich hatte heute Aushilfsdienst in dem Zimmer, wo die Kopien vo n wichtigen Schriftstücken gemacht werden. Ich mußte dies für Heydrich abziehen. Es ist das Protokoll einer Unterredung zwischen Ribbentrop und Schellenberg. Sie haben vor, den Herzog von Windsor zu entführen!« Die Küchentür ging ganz auf, und Hanna trat ins Zimmer. Irene Neumann erbleichte. »O Gott«, sagte sie.
      »Nein, Irene, kein Grund zur Sorge.« Max griff sie beruhigend beim Arm. »Dies ist Hanna, meine Nichte. Hundertprozentig zuverlässig. Darf ich jetzt mal sehen?«
      Er las das Schriftstück schnell durch, gab es dann Hanna. »Nun, jetzt weißt du Bescheid. Lies nur. Das gehört zu den Sachen, die mich hier zurückhalten.«
      Der Schock drohte alles in ihr zu betäuben. Sie fing an, den Bericht zu lesen, und hörte gleichzeitig, wie Irene Neumann und ihr Onkel sich mit leiser Stimme unterhielten.

    Als sie fertig war, sagte die Frau: »Wird Moskau interessiert sein?«
      »Vielleicht. Ich könnte es aber auch durch die amerikanische Botschaft weiterleiten lassen. Was freilich nicht leicht sein dürfte. Die Gestapo läßt das Gebäude dauernd von vierzig oder fünfzig Leuten überwachen. Du gehst jetzt besser. Wie bist du hereingekommen?«

    »Durch den Personaleingang.«
      »Geh dort auch wieder heraus.« Er gab ihr einen Kuß auf die Wange. »Paß auf dich auf, Irene. Wir bleiben in Verbindung.«

      Als Irene Neumann das Haus durch den Nebeneingang verließ, hatte es angefangen zu regnen. Sie blieb stehen, um sich den Mantel zuzuknöpfen, und fand in einer Tasche eine alte Baskenmütze, die sie schnell aufsetzte.
      An der Hausmauer am Ende des Gangs war eine Straßenlaterne, in deren Licht der diensthabende SD-Mann in dem an der Ecke parkenden Lieferwagen sie deutlich sehen konnte, während sie in seine Richtung schritt. Er schaffte es, mehrere Aufnahmen von ihr zu machen, ehe sie die Straße erreichte und in der abendlichen Menge untertauchte.

    »Onkel Max... bist du Kommunist?«
    »Solche Etiketten sind jetzt irrelevant«, sagte er. »Es kommt nur noch darauf an, ob man für oder gegen die Nazis ist. Hör mir mal gut zu und versuch, mich zu verstehen. Nach fünfundzwanzig Jahren in New York hatte ich ein Hotel und zwei Nachtclubs. Alles schuldenfrei - und außerdem noch eine halbe Million Dollar auf der Bank, mit denen ich praktisch nichts anzufangen wußte. Ich langweilte mich. Also begann ich mich für eine

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