Königsjagd
mit all meinen Kräften unterstützen, Brigadeführer. Die Anweisungen des Führers sind unmißverständlich. «
»Das soll sicher heißen, Sie mißbilligen die Operation?« sagte Schellenberg.
Boerne sah ihn einen Moment ruhig an. »Brigadeführer Schellenberg, dürfte ich Sie vielleicht bitten, sich etwas klarer auszudrücken?«
»Gerne. Ich halte selbst nicht viel von dem ganzen Unternehmen. Es ist ausgemachter Blödsinn. Nun, ich habe offen geredet, Baron. Werden Sie sich mit dem Reichsaußenminister verbinden lassen, wenn ich aus dem Zimmer bin?«
»Nein«, sagte Boerne. »Ich werde eine Flasche Kognak aus dem Schrank holen und mich in aller Ruhe mit Ihnen unterhalten, natürlich vertraulich.«
Schellenberg probierte den Kognak. »Ausgezeichnet. Aber nun zur Operation Windsor. Glauben Sie, daß der Herzog auf unserer Seite steht?«
»Nein«, antwortete Boerne. »Sicher, er hat keine große Lust, Gouverneur der Bahamas zu werden. Er hat auf mehr gehofft, und er hat kein Geheimnis daraus gemacht. Überdies ist er, wie ich denke, sehr verbittert über das, was er als fortwährenden Rachefeldzug gewisser Kreise der
britischen Gesellschaft gegen ihn betrachtet. Er ist zweifellos deutschfreundlich, aber das kann bei seinem familiären Hintergrund nicht verwundern. «
»Und es heißt noch lange nicht, daß er nazifreundlich ist.«
»Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund.« Boerne schüttelte den Kopf. »Nein, wenn Ribbentrop und der Führer etwas anderes glauben, irren sie sich gewaltig.« Er schenkte Schellenberg noch ein Glas ein. »Also - wie werden Sie sich verhalten, Brigadeführer? Ich nehme an, Sie haben keine Alternative.«
»Als Entführung?« Schellenberg machte eine abwehrende Geste. »Ich glaube nicht. Aber auch durch dieses Vorgehen würden wir meiner Ansicht nach nichts erreichen und uns nur international diskreditieren. Wenn ich unrecht habe, wenn der Herzog aus eigenen Stücken nach Spanien möchte, werde ich ihm in jeder nur möglichen Weise helfen. Aber sonst...«
»Gut. Ich freue mich, daß wir in der Angelegenheit konform gehen«, sagte Boerne. »Ich muß hier hart arbeiten, ob Sie es glauben oder nicht. Es besteht ein fortwährender Kampf zwischen den Briten und uns um die Gunst der portugiesischen Regierung. Die Entführung des Herzogs würde uns nicht gerade zum Vorteil gereichen, so sehr Salazar auch mit dem Reich sympathisiert.« Er stand auf. »Wollen Sie heute abend nicht mit mir essen?«
»Ein andermal, wenn Sie erlauben«, sagte Schellenberg. »Ich muß noch ein paar Leute sehen. Alte Bekannte. Können Sie mir ein Hotel empfehlen?«
»Ja, nur ein paar Häuser weiter. Viele Angestellte der Gesandtschaft haben dort Zimmer. Ich habe Sie und Ihre beiden Mitarbeiter von der Gestapo avisieren lassen. Ich habe auch dafür gesorgt, daß Sie einen Chauffeur mit Wagen zu Ihrer persönlichen Verfügung haben.«
»Ich würde, offen gesagt, lieber woanders wohnen.«
»Da wäre eine Pension, nicht weit von hier, die von holländischen Juden geführt wird. Ruhig und sehr gemütlich, ausgezeichnetes Essen. Die Leute heißen Duisenberg.«
Schellenberg antwortete: »Wenn Sie die Freundlichkeit hätten, sie kurz anzurufen? Ich lasse mich gleich hinfahren.«
Kurz bevor der Schnellzug Madrid-Lissabon bei Valencia de Alcantara die Grenze zu Portugal überquerte, warf Hanna die Walther aus dem Toilettenfenster für den Fall, daß der Zoll eine Leibesvisitation vornehmen sollte. Die Beamten kamen auf der portugiesischen Seite, in Marvao, in den Zug. Sie hatte nur einen Handkoffer dabei, den Connie ihr geschenkt hatte. Er und die Jungs hatten ihn mit einigen Handtüchern,
Toilettenartikeln und den Dingen gefüllt, die sie in Madrid auf dem Bahnhof für sie gekauft hatten.
Sie zeigte ihren französischen Paß vor und erklärte das wenige Gepäck damit, daß der Schrankkoffer offenbar nicht rechtzeitig aufgegeben worden war, ihr aber bestimmt nachgeschickt würde. Es gab keine Schwierigkeiten, und sie schlief den Rest der Fahrt. Wegen eines längeren Aufenthalts bei Ponte de Sor traf der Zug verspätet in Lissabon ein. Als sie die Bahnhofshalle verließ und zum Taxistand ging, war es nach acht. Erst beim dritten Versuch fand sie einen Fahrer, der etwas Englisch sprach. »Kennen Sie die Villa von Dr. Ricardo de Espirito Santo e Silva in Estoril?«
»Ja, Senhorita.«
»Fahren Sie dorthin.«
Wie müde sie war - unendlich müde. Sie
Weitere Kostenlose Bücher