Königsjagd
reden, merkte er, daß sie Amerikanerin war, und konnte seine Überraschung kaum verhehlen.
Nach dem Gespräch blieben die drei noch eine Weile auf der Bank sitzen, während da Cunha einige Meter von ihnen entfernt stand. »Das ist wirklich die tollste Geschichte, die ich in meinem Leben gehört habe«, sagte der Herzog.
»Aber sie ist wahr, jedes einzelne Wort«, beteuerte Hanna. »Oh, ich glaube Ihnen, meine Liebe, keine Angst. Oberst da Cunhas Bericht von dem vereitelten Entführungsversuch heute morgen bestätigt sie.« Er drehte sich zu da Cunha um. »Sie sagen, dieser Schellenberg habe Ihnen versichert, von ihm sei in punkto Entführung nichts zu befürchten?«
»Ja, Sir, er hat mir erklärt, er werde sich in dieser Angelegenheit einzig und allein nach dem Entschluß richten, den Sie fassen.«
»Und Sie glauben ihm?«
»Ja, Sir. Dieser Sturmbannführer Kleiber und sein Mitarbeiter haben zweifellos auf eigene Rechnung gehandelt. Wie Senhorita Winters Bericht erkennen läßt, ist Brigadeführer Schellenberg in vieler Hinsicht ein ungewöhnlicher Mann.«
»Den Eindruck habe ich auch.« Der Herzog runzelte die Stirn und sah da Cunha dann gerade in die Augen. »Oberst... kann ich mich auf Sie verlassen?«
»Sir, Präsident Salazar hat mich persönlich für Ihre Sicherheit verantwortlich gemacht, so lange Sie auf portugiesischem Boden sind. Sie wissen vielleicht, was das bedeutet.«
»Sie geben mir Ihr Wort als Offizier und Gentleman?«
»Als Mann, Sir. Mein Vater ist Bauer in Porto.«
Der Herzog lächelte kaum merklich. »Ja, natürlich. Und Schellenberg und seine Freunde?«
»Sehr delikat, Sir. Zwischen meinem Land und dem Deutschen Reich besteht momentan eine gewisse politische Übereinstimmung, die uns in eine heikle Lage bringt. Die Deutschen sind die Herren Europas, und wenn wir Schellenberg und Kleiber ausweisen...«
»Nein, so sollte man die Sache auf keinen Fall anpacken.« Der Herzog wandte sich an Joe Jackson. »Und Sie, Mr. Jackson? Es ist oft von den besonderen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern die Rede. Das gilt für mich noch mehr als für die meisten anderen Briten. Kann ich mich auch auf Sie verlassen?«
»Selbstverständlich, Sir.«
»Gut.« Der Herzog wandte sich an Hanna und nahm ihre Hände. »Was Sie betrifft, meine Liebe, wie kann ich da noch fragen, wo Sie schon so viel für mich getan haben?«
Sie weinte fast, drängte die Tränen nur mit Mühe zurück, und seine Hände drückten die ihren einen Augenblick lang ganz fest. Dann ließ er sie los.
»Darf ich fragen, was für Pläne Sie jetzt haben, Hoheit?« fragte da Cunha. »Ganz einfach, Oberst. Ich habe vor, übermorgen mit der Excalibur abzufahren. Trotz aller Spekulationen werde ich das Amt auf den Bahamas auf Mr. Churchills Bitte antreten.«
»Und inzwischen?«
»Bleiben wir in Estoril. Werden wir Sie heute noch in der Villa sehen, Oberst?«
»Ich mache das Pförtnerhaus zu meinem Hauptquartier«, antwortete da Cunha, »und dort stehe ich Ihrer Königlichen Hoheit dann zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Verfügung.«
»Ausgezeichnet.« Der Herzog zog die Augenbrauen ein wenig hoch. »Ich werde Sie vielleicht noch brauchen. Mir spukt da eine Idee im Kopf herum. Ich bin mir nur noch nicht ganz klar, aber sie wird sich schon noch herauskristallisieren. Es geht mir oft so. Und jetzt sollten wir die anderen nicht länger warten lassen.«
Einige Stunden später teilte Hitler den wichtigsten Mitgliedern seines Kabinetts bei einer kurzfristig einberufenen Sonderbesprechung in der Reichskanzlei mit, er werde Göring umgehend Befehl zur Vorbereitung des Luftangriffs auf England geben, der die Invasion einleiten solle. Dann beschrieb er in allen Einzelheiten Unternehmen Seelöwe, den Schlag, der in seinem Triumphzug durch London gipfeln sollte. Als er das Zeichen zum Aufbruch gegeben hatte und die Männer aufstanden, bat er von Ribbentrop mit einer Handbewegung, noch kurz zu bleiben. Der Reichsaußenminister hatte eine der unangenehmsten Unterredungen seines Lebens. Als er den Raum nach fünf Minuten verließ, erblickte er Himmler, der auf ihn gewartet hatte. »Sie sehen nicht sehr glücklich aus, mein Bester.«
»Die Operation Windsor«, sagte Ribbentrop. »Jetzt, wo Unternehmen Seelöwe beschlossene Sache ist, ist der Herzog für unsere Pläne wichtiger denn je.«
»Aber wird er die Lage so sehen wie wir?«
»Der Führer will sich nicht mehr mit
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