Königsjagd
unserer Meinung aufhalten. Er hat mir klipp und klar befohlen, die sofortige Entführung des Herzogs anzuordnen. «
»Dann setzen wir uns am besten so schnell wie möglich mit Schellenberg in Verbindung«, sagte Himmler.
Von Rippentrop war zornig und zugleich ziemlich besorgt. »Dieser verdammte Kerl hat seit seiner Ankunft in Portugal nichts von sich hören lassen. Kein einziges Wort.«
Er entfernte sich mit schnellen Schritten, und Himmler schaute ihm mit unbewegtem Gesicht nach, um dann selbst die Stufen der Reichskanzlei hinunterzugehen und sich von seinem Chauffeur ins Amt zurückfahren zu lassen.
Schellenberg stand am Fenster seines improvisierten Büros in der Gesandtschaft und trank Kaffee, als die Tür abrupt geöffnet wurde und Kleiber auf der Schwelle erschien. Sein Gesicht war wutentbrannt, und er wedelte mit einem Zettel herum. »Dies ist vor einer Stunde gekommen!«
Schellenberg nahm den Zettel und las. Es war ein Durchschlag von Ribbentrops Funkspruch.
»Meine Güte, Kleiber, Sie scheinen ein einflußreicher Mann zu sein. Ich gratuliere. Die Mitteilung war angeblich vertraulich und nur für mich bestimmt.«
»Es ist ein Befehl des Führers, den Herzog von Windsor zu entführen. Was wollen Sie jetzt unternehmen?«
»Das werde ich Ihnen sagen, wenn ich es für angebracht halte. Und noch etwas: Darf ich Sie bitten, diesmal nicht die Tür hinter sich zuzuschlagen, wenn Sie hinausgehen?«
Kleiber ging zurück ins Vorzimmer, wo Sindermann wartete. »Nichts!« zischte er. »Nichts!«
Er faßte einen Entschluß, drehte sich um und eilte zur Telefon- und Funkzentrale. Dort bat er den diensthabenden Beamten um ein Funkspruchformular und schrieb in krakeligen Buchstaben mit der linken Hand, da er die rechte noch nicht gebrauchen konnte:
Brigadeführer Schellenberg trifft keinerlei ernsthafte Anstalten, den Auftrag wie befohlen auszuführen. Bitte bestätigen Sie dem Gesandten, daß ich von nun an federführend bin. Kleiber.
Er gab es dem Beamten. »Verschlüsseln Sie das. Sehr eilig, streng geheim. Nur für Reichsführer Himmler.«
Himmler schrieb gerade, als einer seiner Adjutanten den Raum betrat. »Ein Funkspruch aus Lissabon, Reichsführer. Von Sturmbannführer Kleiber.«
Himmler las und sagte: »Lassen Sie sofort eine Antwort funken. Nicht an Kleiber, sondern an Geschäftsträger von Krotzingen-Boerne.«
Am Abend dieses Tages ging die Herzogin bei Anbruch der Dämmerung in den Garten, um ihren Mann zu suchen. Sie fand ihn am Brunnen, wo er seine Pfeife rauchte und nachdenklich in das Wasser starrte. »Da bist du ja«, sagte sie. »Ich habe dich überall gesucht. Es ist ein Brief für dich gekommen, von Sir Walford. Der Bote ist nicht geblieben. Er sagte, seine Anweisungen lauteten, eine Antwort sei nicht nötig.«
»Danke, Liebling.« Er öffnete den Umschlag und las. Als er ihr das Schreiben reichte, lächelte er. »Walter Monckton wird morgen im Lauf des Tages mit dem Flugzeug kommen.«
»Wie schön, ihn wiederzusehen«, sagte sie. »Aber was mag der Grund dieses überraschenden Besuchs sein?«
»Oh, Winston will bestimmt dafür sorgen, daß nicht noch im letzten Augenblick etwas schiefgeht. Walter war schließlich schon immer der Nothelfer der Regierung, wenn es um mich ging. Aber du hast recht. Es ist wirklich schön, ihn wiederzusehen. Ein freundliches Gesicht am Hafen, wenn wir zum Abschied winken, ehe wir in der Versenkung verschwinden. Gott steh mir bei, Wallis, aber ich fürchte, darauf läuft es hinaus. Anders kann ich es nicht sehen.«
»Sankt Helena neunzehnhundertvierzig«, sagte sie. »Jetzt weiß ich, wie Napoleon zumute war.«
»Ich wollte in diesem Krieg etwas tun, etwas Nützliches, aber sie lassen es einfach nicht zu, verstehst du?« Er lachte leise. »Was für eine Ironie, wenn man darüber nachdenkt. Ich meine, daß die einzigen Leute, denen wirklich etwas an mir zu liegen scheint, ausgerechnet die Nazis sind.« Und dann lächelte er plötzlich nicht mehr, und sein Gesicht wurde starr. »Mein Gott, wenn ich es bloß wüßte!«
»Was denn, David? Wovon redest du?«
»Wie weit sie gehen würden. Das heißt, ob sie mich unbedingt haben wollen.«
»David!« In ihrer Stimme war Entsetzen. »Das kannst du nicht tun!«
»Du hast mich nicht verstanden, Liebes. Ich rede von einer Möglichkeit, vielleicht nur von einer entfernten Möglichkeit, daß ich dieser Situation etwas
Weitere Kostenlose Bücher