Königsjagd
»Großer Gott, Ramajo, es ist wirklich ausgemachter Quatsch. Ich meine, in Lissabon ist der Secret Service im Moment gar nicht vertreten. Das heißt, nur durch einen harmlosen Verbindungsoffizier. Glauben Sie mir, ich weiß es.«
Der Buick wurde langsamer, als sie sich dem Mannschaftswagen der Polizei näherten, der am Straßenrand parkte. Hauptmann Mota kam ihnen entgegen und salutierte. »Ich bedaure den kleinen Zwischenfall, Königliche Hoheit. Eine harmlose Panne, die bald behoben ist. Wenn Sie bitte nach Rosario weiterfahren und dort auf uns warten würden?«
»Sehr gut«, sagte der Herzog und nickte dem Chauffeur zu. »Fahren Sie weiter.«
Kleiber und Sindermann erreichten das Cafe in Rosario um halb elf in einem Wagen, den sie in Lissabon gemietet hatten. Kleiber bezahlte den Fahrer, schickte ihn fort, und die beiden gingen in das Lokal. Ein trister Anblick: rohverputzte Wände, Steinfußboden, Holztische, keine Gäste außer ihnen.
Eine alte Frau trat aus einem Hinterzimmer, um sie zu bedienen. Sie bestellten Rotwein und eine Portion Oliven und setzten sich an einen Tisch am Fenster.
Kleiber blickte auf die Uhr. »Prüfen Sie Ihr Schießeisen.« Beide hatten sich in der Gesandtschaft eine Walther besorgt. Der Sturmbannführer ging beinahe liebevoll mit seiner Waffe um, öffnete sie, steckte ein Magazin hinein und schob den Sicherheitsbügel wieder vor, wobei er freilich Mühe hatte, weil er den Arm noch in der Schlinge trug. Die beiden Polizisten donnerten auf ihren Motorrädern vorbei und zogen eine dichte Staubwolke hinter sich her. »Jetzt kann es nicht mehr lange dauern. Ich möchte Schellenbergs Gesicht sehen, wenn er es erfährt.«
»Warum noch warten?« sagte Schellenberg und trat, gefolgt von da Cunha und einigen Polizisten mit Maschinenpistolen, aus der Küche. »Ich sehe, Sie wären uns fast zuvorgekommen, meine Herren«, sagte da Cunha. »Wir möchten den Herzog ebenfalls vorbeifahren sehen.«
»Oberst da Cunha ist der Leiter der Sicherheitspolizei«, erklärte Schellenberg. »Er hatte eben die traurige Pflicht, einen seiner eigenen Offiziere festzunehmen.«
»Eine dumme Sache«, sagte da Cunha. »Ein unglaublich korrupter junger Mann.«
In diesem Moment erschien der Buick und stoppte. Da Cunha strich seinen Uniformrock glatt und ging hinaus. Sie sahen, wie er salutierte und sich dann zum Fenster beugte. Er trat zurück, und der Buick fuhr weiter.
Er kam wieder in den Raum. »Ich werde ihnen persönlich nach Nina folgen, nur um dafür zu sorgen, daß der Rest des Tages ohne besondere Zwischenfälle verläuft. Ich nehme an, Sie kehren jetzt zurück nach Lissabon, Brigadeführer?«
»Ja, ich denke«, antwortete Schellenberg. »Ich danke Ihnen, Oberst.« Er ging durch die Küche hinaus, und Kleiber und Sindermann folgten ihm. Im Hof wartete der Buick von der Gesandtschaft, der Fahrer Zeidler stand daneben.
»Verdammt noch mal, wir hätten ihn jetzt haben können«, sagte Kleiber. »Begreifen Sie das nicht?«
»Interessant«, bemerkte Schellenberg. »Ich meine, daß der Herzog den gleichen Wagen fährt wie ich. Es beweist etwas, ich bin nur nicht sicher,
Ein portugiesischer Stierkampf ist ein Fest fürs Auge. Oliveira hatte eine eigene kleine Arena auf seiner Farm, und für die königliche Gesellschaft war eine glanzvolle Veranstaltung vorbereitet worden. Die ersten beiden Stiere wurden im traditionellen Stil von berittenen Männern angegriffen, zu denen auch der Gastgeber selbst gehörte - in portugiesischen Adelskreisen nichts Ungewöhnliches. Er trug ein goldbesticktes Wams, Breeches aus Satin und einen mit Straußenfedern geschmückten Dreispitz.
Der Herzog und seine Frau fanden das Schauspiel jedoch bald langweilig, trotz der unglaublichen Geschicklichkeit der Reiter. Der nächste Teil, a s pega, war ungleich faszinierender. Man öffnete den touril, und ein Stier schoß wie ein schwarzer Blitz ins Sonnenlicht, blieb stehen und stampfte den Boden auf. Eine Reihe von Männern in traditionellen Kostümen zog, angeführt von José Borges, in die Arena. Der Herzog fragte: »Was haben sie vor?«
Ramajo de Alvarez erwiderte: »Jetzt kommt etwas Hochinteressantes. Ihre Königliche Hoheit sind bestimmt in Griechenland gewesen. Auf kretischen Vasen finden Sie Abbildungen von Tänzen mit heiligen Stieren, bei denen junge Männer die Hörner packen, einen Handstand machen und nach hinten abspringen. Das berühmte
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