Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
Vom Netzwerk:
Madame, habe auf dieser Welt nur eine Herrin: die Jungfrau Maria!« Man sieht hieran, auf welche Stufe der Gottesgeschöpfe
     meine liebe Patin, geborene Prinzessin von Bourbon, sich stellte.
    Die Leichtfertigkeit der Hofleute, sagte ich mir oft, muß daher kommen, daß ihr Sinn von den gegenwärtigen Ereignissen so
     eingenommen, so geschwollen ist, möchte ich fast sagen, daß sie sich keine Zeit nehmen, deren Bedeutung zu erkennen noch deren
     Folgen zu bedenken. In der Zauberspiegelaffäre bestand der schwierigste Teil meiner Aufgabe darin, Madame de Guise zu überzeugen,
     daß der Prozeß Moysset bei weitem nicht so lächerlich als vielmehr bedrohlich war. Denn wurde er gegen Moysset gewonnen und
     verlor Bellegarde sein Hab und Gut, sein Amt und Gouvernement, dann konnte Concini, einmal ermutigt, seine Hände sehr wohl
     auch nach Gut und Ehre anderer Großer ausstrecken.
    Die Herzogin von Guise stieß Entsetzensschreie aus, als sie endlich begriff, daß ihr ältester Sohn, der Herzog, Concinis nächstes
     Opfer werden könnte. Von dieser Gefahr überzeugte sie die Prinzessin Conti und durch einen Sonderkurier auch Madame de Montpensier.
     Die drei Prinzessinnen vereinten ihre Anstrengungen, jede gebrauchte ein anderes Mittel. Meine gute Patin schrie und tobte,
     die Prinzessin Conti (deren Schönheit und Charme selbst auf Frauen wirkten) übte sanften, aber unablässigen Druck. Und Madame
     de Montpensier schrieb einen naiven Brief an die Regentin, worin sie beklagte, daß der Herzog von Bellegarde, einer ihrer
     Freunde, derart große Gefahren lief. Die Erwähnung Mademoiselles de Montpensier, ihrer inzwischen achtjährigen Tochter, verlieh
     den nichtigen Worten den bekannten Nachdruck.
    |224| Zur Krönung des Werkes überzeugte Madame de Guise noch den Herzog von Guise und den Herzog von Épernon. Sie waren der Regentin
     teuer, einfach weil sie als einzige unter den Großen ihr nicht alle Augenblicke drohten, den Hof zu verlassen und ihre Provinzen
     aufzusuchen, um Truppen auszuheben und ihr die Macht streitig zu machen. Nicht, daß diese beiden uneigennütziger waren als
     die Rebellen: sie zielten nur höher, weil beide das Konnetabelamt anstrebten und es allein vom König, das heißt von seiner
     Mutter erhalten konnten. Bei dieser Gelegenheit nun erkannten sie, wie völlig nutzlos es wäre, ein zweitesmal auf Concini
     einzuwirken, damit er seine Klage zurückzöge. Habgier und Ehrgeiz machten den Marschall von Ancre blind für die Konsequenzen
     seiner Taten, und ich dachte, daß er selbst wohl einen Zauberspiegel nötig hätte, der ihn vor der eigenen Zukunft erschrecken
     und seine Schamlosigkeit mäßigen ließe. Wie dem auch sei, Guise und Épernon fanden es wirksamer, geradewegs zur Königin zu
     gehen und sie anzuflehen, sie möge den Prozeß Moysset niederschlagen.
    Kein Felsen hätte so vielen Hebebäumen widerstanden, und schließlich befahl die Königin, daß der Prozeß Moysset zurückgezogen
     und für null und nichtig erklärt werde. Moysset, der gleichsam die Flammen des Scheiterhaufens schon um sich hatte knistern
     hören, kam zu Atem und konnte sich wieder seiner nicht unbeträchtlichen Reichtümer freuen, die, wäre der Finanzier zu Asche
     zerfallen, Concini ebenfalls gemästet hätten.
    Bellegarde schwor mir ewige Freundschaft, und er hielt Wort. Gleichwohl gab er mir in der Folge weitere Gelegenheit, Schläge
     zu mildern, die seine Unbesonnenheit ihm eingetragen hatte. Als ich ihn Jahre später in der Verbannung besuchte (mit Erlaubnis
     Ludwigs XIII., der ihn dorthin geschickt hatte), meinte er, töricht und eitel wie je, was ihn an der Zauberspiegelaffäre am
     meisten entzückt habe, sei gewesen, daß er durch drei Damen gerettet wurde, übrigens die höchsten Fürstinnen des Reiches.
    * * *
    Für mein Gefühl hatte Ludwig seit seinem neunten Jahr, das heißt, seit Ravaillacs Messer ihm auf immer den Vater raubte, begriffen,
     daß Frankreich zwei Feinde hatte: im Äußern das Haus Habsburg, im Innern die Großen.
    |225| Von seiner Feindseligkeit gegen die Habsburger – ganz zu schweigen von den spanischen Hochzeiten, die er nur schwer geschluckt
     hatte –, habe ich manches Beispiel schon angeführt. Welches Mißtrauen aber auch die Großen ihm einflößten, begann ich an dem
     Tage zu gewärtigen, als sein Beichtvater ihm gegenüber bekräftigte, ja, Gnade sei die höchste Fürstentugend, und Ludwig sogleich
     dagegenhielt, trotzdem habe sein königlicher Vater dem

Weitere Kostenlose Bücher