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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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hinzu: »Miroul, du irrst völlig. Man braucht Luynes nur bei Ludwig zu sehen, um zu
     begreifen, was er für ihn ist: nicht etwa der Vater, sondern die Mutter, die er gerne gehabt hätte: sanft, geduldig und liebevoll.«
    Zur Stunde aber, da Maria kampflos das Knie vor den Prinzen beugte und ihnen den größten Teil ihrer Forderungen zugestand,
     baute Ludwig in Plessis-les-Tours eine Festung und arbeitete daran über zehn Tage mit unerbittlichem Eifer.
    Gewiß, es war eine Festung aus Erdklumpen, ihre Zinnen aus Lehm zerflossen im Regen, die kleinen Kanonen darauf wurden nicht
     von Pferden gezogen, sondern von Hunden, und ihre Geschosse richteten keinen Schaden an. Trotzdem war es ein gut durchdachtes
     Werk, und Ludwig war zugleich sein Architekt, Baumeister, Polier, Maurer und als es fertig war, auch noch sein Hauptmann und
     Soldat. Er war von früh bis spät am unablässigen Schaffen, ob es warm war, ob es regnete, denn dieser April wechselte von
     einer Stunde zur anderen zwischen Winter und Sommer. Als Héroard ihn eines Tages unter einem Hagelschauer weitermachen sah,
     lief er und legte ihm einen Mantel um die Schultern, aber Ludwig störte das Kleidungsstück bei der Arbeit, er warf es gleich
     wieder ab.
    Ein andermal wollte einer der Hunde, der eine kleine Kanone zog, nicht über ein Brett über dem Festungsgraben laufen. Ludwig
     schlug ihn, und nachdem er ihm Zeit zur Besinnung gelassen hatte, setzte er ihn wieder darauf: diesmal ging der Hund ohne
     langes Zögern über die Planke. Da wandte sich Ludwig zu den Anwesenden um und sagte tiefernst: »So muß man mit Starrköpfen
     und Übeltätern umgehen …« Dann streichelte er den Hund, gab ihm ein Biskuit und setzte hinzu: »Und die Guten belohnen, Menschen
     wie Hunde.«
    Bei diesen Worten wandten jene, die dabei waren, sich ab oder senkten den Blick, weil ihnen die Zunge auf einmal im Mund erstarrte.
     Denn jedermann wußte, daß in diesen erbärmlichen Zeiten in Frankreich großer Mangel an Guten war, die aber durchaus nicht
     belohnt wurden, und großer Überfluß an Übeltätern, die man belohnte, anstatt sie zu strafen.
    * * *
    |356| Ich will auf die protokollarischen Besuche zurückkommen, die der König der Königinmutter abstattete und von denen ich schon
     beiläufig sprach. Als Erster Kammerherr war ich dabei oft zugegen, und nach dem Gesicht zu urteilen, mit dem Ludwig sich diesen
     Pflichten unterzog, schien er sie schon im voraus zu fürchten, um nicht zu sagen, es war ihm angst. Wenn ich mich recht entsinne,
     verlangte die Etikette, daß er sich zweimal täglich dazu anschickte. Und das Erstaunliche an der Sache war, daß er seine Mutter
     manchmal am selben Tag noch ein drittes Mal besuchte, so daß man glauben sollte, wenigstens diesmal sei er nicht widerwillig
     hingegangen, sondern aus freiem Antrieb. Es blieb ein Rätsel. Was erwartete sich der Ärmste davon? Hoffte er immer noch, bei
     Maria jenes kleinste Zeichen von Liebe oder Interesse zu finden, das er sich immer ersehnt hatte und das sie ihm nie gab?
    Sicher, außer gegenüber der Concini und einer Handvoll Freundinnen betrug sich die Königin mit ihrer hoffährtigen Haltung,
     ihrer patzigen Miene, wie der spätere Richelieu sagte, »ungemein lieblos«. Aber sie machte mit Ludwig keine Ausnahme. Und
     wirklich, wie kurz, trübe, kalt und gezwungen mich diese Begegnungen zwischen Mutter und Sohn anmuteten! Sicher fehlte es
     nicht an Reverenzen, Formen und scheinbarem Respekt. Aber es gebrach am Eigentlichen: an ein klein wenig mütterlicher Liebe.
    Als Ludwig noch klein war und seine Mutter besuchte, kümmerte sie sich nicht um ihn und tat, als sähe sie ihn nicht: er spielte
     allein in einer Ecke. Großjährig nun und vermählt, blieb er vor ihr stehen, und alles, was er von ihr zu hören bekam, waren
     Fragen, was er am Vortag oder am Vormittag gemacht habe. Und Ludwig, der wohl verstand, daß sie nur die Berichte ihrer Spione
     überprüfen wollte, antwortete ihr kurz und knapp. Manchmal richtete er eine Bitte an sie. Meistens machte sie sich das Vergnügen,
     sie abzulehnen, vor allem, wenn es sich um Geld handelte. Sie, die für niedrige Abenteurer immer offene Hände hatte, hielt
     sie geschlossen für den König von Frankreich.
    Mit so respektvoller und unterwürfiger Miene er auch vor ihr stand, wußte er doch genau, was sie über ihn sagte: er sei unfähig,
     sich der Geschäfte des Reiches anzunehmen, er sei nicht klug genug, habe zu wenig Urteil, und seine

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