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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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meinem großen Leidwesen, wie man begreifen wird), und das einzig, um mit den Abtrünnigen zu verhandeln und sie
     mit Ecus und Pfründen zu überhäufen, war die Macht der Concini über ihre Herrin wieder unumschränkt.
    Der Hof geriet darüber sehr in Sorge. Denn man konnte wetten, daß die Marschälle von Ancre mit der Maßlosigkeit, der tolldreisten
     Unvorsicht und der geringen Scham, welche ihr Betragen seit ihrer Ankunft in Frankreich auszeichneten, ihre außerordentliche
     Gunst früher oder später mißbrauchen würden.
    Der Grund, weshalb die königliche Karawane in Tours Aufenthalt nahm, war der, daß man zum Verhandlungssitz mit den Prinzen
     die kleine Stadt Loudun gewählt hatte, die nur siebzehn Meilen von Tours entfernt lag, und daß die Straße, die von der einen
     zur anderen führte, in gutem Zustand war, was sie auch sein mußte, weil die königlichen Abgesandten dort oft hin und her eilten,
     mit den Angeboten der Prinzen hierhin und dorthin mit den königlichen Gegenangeboten.
    Nach ihren ungeheuerlichen Forderungen hätte man glauben können, die Prinzen hätten den königlichen Armeen schwer zu schaffen
     gemacht. Und nach all den Zugeständnissen der Königinmutter konnte man meinen, sie hätte keinen einzigen Soldaten mehr. Condé
     erhielt zum Tausch für das Gouvernement Guyenne das Gouvernement Berry, Stadt und Schloß Chinon, Stadt und Schloß Bourges
     und eine Million fünfhunderttausend Livres. Die übrigen Großen durften sich sechs Millionen teilen.
    Aus sehr begreiflicher Scham hatten die Prinzen verlangt, daß diese anrüchigen Klauseln geheimgehalten würden. Denn höchst
     besorgt, die öffentliche Meinung und das Parlament auf ihrer Seite zu haben, galt ihr ganzes Trachten, wenn man ihren Reden
     glaubte, nur dem Gemeinwohl und dem größten Ruhm |352| und Wohlergehen eines Reiches, dessen Schatz sie klammheimlich nun ein weiteres Mal angezapft hatten.
    Die Geheimhaltung ihrer Geldforderungen aber begleiteten sie mit gellendem Geschrei, und mit Pauken und Trompeten forderten
     sie, daß man endlich die Beschwerden des Parlaments prüfe, daß der König den ersten Artikel des Dritten Standes billige, daß
     man sich an die alten Bündnisse halte, daß man das Tridentinische Konzil ablehne und daß Prinz Condé Oberhaupt des königlichen
     Rates werde und alle Dekrete unterzeichne.
    Die verblüffendste dieser Forderungen aber nenne ich zum Schluß, weil sie, wurde sie genehmigt, schwerste Folgen zeitigen
     mußte: die Prinzen verlangten, daß dem Marschall von Ancre die Stadt Amiens weggenommen werde.
    Dies wäre eine vortreffliche Maßnahme gewesen, wäre sie vom Interesse der Nation diktiert worden, denn die allgemeine Meinung
     war, Maria müsse blind gewesen sein, als sie einem ehrlosen Glücksritter eine Festung von dieser unermeßlichen Bedeutung überantwortet
     hatte, denn sie deckte den Norden von Paris. Neunzehn Jahre zuvor hatte der Louvre gezittert, und Panik hatte das Volk ergriffen,
     als die Spanier sie überraschend eingenommen hatten, und es hatte unseren Henri – den größten Feldherrn seiner Zeit – sage
     und schreibe ein halbes Jahr erschöpfender Kämpfe gekostet, die Stadt zurückzuerobern.
    Tatsächlich aber handelten die Prinzen aus Verdruß und Eifersucht, weil sie neidisch waren auf die Ecus, die es in Form von
     Nadelgeldern, Schenkungen und Pfründen in die Truhen der Marschälle von Ancre regnete. Dennoch bleibt es erstaunlich, daß
     Condé sich zum Fürsprecher einer Maßnahme machte, die von so eindeutiger Feindseligkeit gegen die Concinis zeugte, obwohl
     die Concinis – im Unterschied zu ihren Anstrengungen gegen Bellegarde in der Affäre des Zauberspiegels – sich gegen ihn stets
     unendlich schonend verhalten hatten.
    Wäre Condé ein wenig überlegter gewesen, hätte er sich erinnert, daß die Königin dank ihrer Florentiner Günstlinge zweimal
     – in Sainte-Menehould und in Loudun – mit ihm verhandelt und ihn mit Gold gestopft hatte. Wenn schon keine Dankbarkeit – das
     Gefühl war ihm ebenso unbekannt wie die |353| Treue zu seinem König –, hätte er wenigstens einige Vorsicht beweisen können und nicht in dem Moment über Leute herfallen
     müssen, da sie wieder so große Macht über den Sinn der Königinmutter hatten.
    Obwohl Monsieur de Villeroy mir sagte, Ludwig habe im Rat ein undurchdringliches Gesicht gewahrt und nicht das leiseste Wort
     dazu gesagt, fiel es nicht schwer, zu vermuten, was er über die Verhandlungen von

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