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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Schweigen, und weil Luynes seinen Plan nicht gerade mit Macht verteidigte, wurde dieser, kaum erwogen,
     auch schon begraben. Ich wußte Monsieur Tronçon Dank, daß er ihm den Gnadenstoß versetzt hatte, denn ich fand die Idee sowohl
     aus den bereits genannten Gründen seltsam unangebracht, wie auch, weil es mich verdroß, daß der König von Frankreich den Louvre
     verlassen und vor einem elenden Glücksritter fliehen sollte.
    |438| Das Einschreiten Monsieur Tronçons lenkte meine Aufmerksamkeit auf ihn. Bei eingehender Musterung gefiel er mir. Er schien
     einer vom selben Schrot und Korn zu sein wie Déagéant.
    Als das Schweigen länger und peinlich für alle wurde, meinte jemand – ich glaube, es war Monsieur de Marsillac –, der König
     sollte sich an die Königinmutter wenden und ihr seinen dringlichen Wunsch bekunden, die Regierung in die eigenen Hände zu
     nehmen.
    »Das ist zwecklos«, sagte Ludwig. »Sobald ich meiner königlichen Mutter auch nur ein Wort davon sage, erbost sie sich.«
    »Wenn man«, sagte Monsieur de Modène, der ein großer Billardspieler war, »die Kugel nicht direkt stoßen kann, muß man sie
     von der Bande aus touchieren und Ihrer Majestät der Königin einen ehrenwerten Mann schicken, der ihr deutlich macht, daß die
     Ausweisung der Marschälle von Ancre die einzige Lösung unserer Übel ist.«
    »Einen solchen Mann«, sagte Monsieur de Luynes um so eifriger, als er den ›sanfteren Mitteln‹ zuneigte, »habe ich gerade bei
     der Hand. Es ist Monsieur de l’Estang, der Bischof von Carcassonne, der als Abgesandter der Landstände des Languedoc dieser
     Tage in Paris weilt. Bestimmt würde er sich bereit erklären, in dem genannten Sinne bei der Königin vorzusprechen.«
    Nach kurzem Schweigen bat der König jeden, sich dazu zu äußern. Monsieur de Marsillac fand die Idee gut, es war ja seine.
     Der liebenswürdige und konziliante Monsieur de Modène auch. Déagéant zog ein schiefes Gesicht, ich ebenso. Und als der König
     Tronçon um seine Ansicht bat, sagte er rundheraus: »Ich bezweifle, Sire, daß dieser Schritt die erwünschte Wirkung hat.«
    »Warum?«
    »Mag ja sein, daß man die Königinmutter und vielleicht sogar die Marschallin von Ancre zur Einsicht bringen könnte, aber keine
     von beiden wird Concini überzeugen. Er hat so viele Truppen aufgestellt und so viele Kanonen zusammengezogen, daß er sich
     für unbesiegbar hält. Und er ist von seiner Macht so berauscht, daß er die Partie niemals freiwillig aufgibt.«
    Tronçon war aber der einzige, der sich unumwunden gegen |439| Marsillacs Vorschlag aussprach, deshalb hielt der König daran fest. Und Déagéant bemerkte, dann müßte man die Königin aber
     quasi Tag für Tag durch ungezeichnete Botschaften bedrängen, sie möge ihre Günstlinge fortschicken, »wenn sie sich nicht unglücklich
     machen und das Reich mit sich in den Abgrund reißen wolle«.
    Später erfuhren wir, daß die Fürsprache von Monsieur de l’Estang und andere Unternehmungen gleicher Art, die der König und
     Luynes anregten, ebenso wie die steigende Zahl anonymer Warnungen bei der Concini schließlich Alarm auslösten. Durch Kurier
     benachrichtigte sie Concini, der sich derzeit in der Normandie befand. Und mit verhängten Zügeln kehrte er sofort zurück nach
     Paris.
    Am siebzehnten April 1617 traf er ein und spie sogleich Feuer und Flammen. Kaum hatte er den Fuß in den Louvre gesetzt, ließ
     er sich die Liste derer geben, die mit dem König umgingen, brüllte, er werde sechzig davon verbannen und die übrigen enthaupten
     lassen, und sollte das noch nicht genügen, werde er den König im Louvre festsetzen, ihm untersagen, sich aus Paris fortzubegeben,
     ihm verbieten, sich in Vincennes oder in Saint-Germain zu ergehen, so daß er nur noch die Tuilerien zum Luftschöpfen habe.
     Und sollte man es noch einmal wagen, sich seinen Vorhaben, seiner Führung und ihm selbst in die Quere zu stellen, dann könne
     er noch ganz anders …
    Am selben Abend blickten in Monsieur de Luynes’ Wohnung der König und die Verschworenen einander schweigend an, und als Ludwig
     endlich das Wort ergriff, sagte er klipp und klar, es müsse ohne Aufschub gehandelt werden. Und diesmal gab es unter der Handvoll
     der letzten Getreuen keinen, der nicht begriff, daß es mit den ›sanfteren Mitteln‹ ein für allemal vorbei war.
    * * *
    Allerdings versuchte Luynes, dem Fluchtplan noch einmal Kraft und Leben einzuhauchen. Armer Luynes! So liebenswert und

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